Der Kampf um das Konzil
Der Papst verzichtet auf die Ernenung von Bischof Wagner
02. 3. 2002
Die Annahme des Verzichtes von Msgn. Wagner auf das Bischofsamt ist den Medien nur noch eine Kurzmeldung wert: Schon sind sie dabei, das nächste Opfer sturmreif zu schießen. Den Augsburger Bischof Mixa haben sie schon lange im Visier, und mit seinem überaus berechtigten Hinweis darauf, daß unsere in Sachen Auschwitz moralisch angeblich so überaus sensibilisierte Öffentlichkeit ihre Motive in Zweifel ziehen lassen muß, wenn ihr der millionenfache Kindermord nicht der Rede wert ist, hat er gleich zwei Tabus verletzt: Das der Unvergleichlichkeit des Judenmordes, und das des Beschweigens der Abtreibungskriminalität. Und er hat wieder einmal ins Bewußtsein gerufen, wie beides zusammenhängt: Schon aus demographischen Gründen müßte es die Gesellschaft zur Verzweiflung bringen, dem Gemetzel an ihrem Nachwuchs tatenlos zuzusehen – doch mit dem wohlfeilen und deshalb umso schonungsloseren Verbalwiderstand gegen die Morde von vor 60 Jahren erkauft sich das kollektive Gewissen noch einmal einen Freispruch zur Ablenkung von den fabrikmäßig organisierten Massenmorden der Gegenwart.
Erzbischof Zollitsch in HamburgBild: RP-online
Daß die in dieser Woche wieder einmal zu ihrer Konferenz versammelten deutschen Bischöfe – zumindest in der Person ihres unglückseligen Vorsitzenden Zollitsch – gar nicht schnell genug nachbeten können, was die Medien ihnen vorschreiben, ist keine Überraschung. Man wünschte sich, sie würden auch nur einmal den Glauben an die Heiligste Dreifaltigkeit so entschieden verteidigen wie das Säkulardogma von der „Unvergleichbarkeit“ des Judenmordes, sie würden nur einmal das erste Gebot so entschieden verkündigen wie die Formel: Du sollst den Dialogbetrieb lieben und ehren, mit deinem ganzen Herzen und Deiner ganzen Seele und keine anderen Götter neben ihm haben.
Die große Apostasie, die im 20. Jahrhundert von den Eliten Nazideutschlands, Sowjetrußlands und andernorts eingeleitet worden ist, wird jetzt im 21. Jahrhundert zur Massenerscheinung und erfreut sich der breiten Unterstützung durch demokratische Mehrheiten. Ein Bundestagspräsident muß sich zum Rücktritt auffordern lassen, weil er den Papst nicht genug kritisiert habe, weil der den Feind des Menschengeschlechtes Williamson nicht auf Zeit und Ewigkeit aus der Kirche ausgestoßen hat – so der Sekretär des jüdischen Zentralrates Kramer. Dialogpartner Zolltizsch ist sich darin ganz mit ihm einig: Wenn Williamson und die Piusbruderschaft nicht die unverzichtbare Klarstellung vornähmen – wie sollte die wohl aussehen? – müßte die Rücknahme der Exkommunikation wieder zurückgenommen werden. Kirchenausschluß wegen Auschwitzleugnung. Und mit der Folge der Aberkennung jeder Mitgliedschaft in der Kirche. Rücknahme der Taufe vielleicht? Und so etwas von einem Theologen.
Nun ja, wo sich nicht nur der (zufällig protestantische) Theologieprofessor Lüdemann als Gottesleugner bekannt hat, ist derlei letztlich zu erwarten.
Die Abgesandten des Kaisers gehen mit Weihrauchschalen und Götzenbildern durchs Land und fordern jedermann auf, den Staatsgöttern das schuldige Opfer darzubringen, ein Tross von Folterknechten und Scharfrichtern mit Videokameras verleiht dem Dialog den nötigen Nachdruck. Oberhirten gehen beim Kniefall voran – wenn das Julian Apostata noch hätte erleben dürfen. Ein Mann wie Nicht-Bischof Wagner hätte die Feierlichkeiten sicher noch öfter mit passenden und unpassenden Bemerkungen gestört – deshalb bleibt ihm das Hirtenamt versagt.
Die Entwicklung von der hirtenlosen Diözese zur priesterlosen Gemeinde, wie wir sie gegenwärtig erleben, folgt ihrer inneren Logik. Die konsequente Fortsetzung zur christusfreien Gemeindefeier ist vorgezeichnet, wenn der (episkopale) Bischof Robinson – das ist der mit dem ja auch in anderer Hinsicht vorbildhaften und zukunftsorientierten Lebenswandel – Recht behält: Er fand bei Vorbereitung eines Gebetes für die Amtseinführung des US-Präsidenten im ganzen Book of Common Prayer keinen geeigneten Text, tatsächlich war er „entsetzt darüber, wie ausdrücklich und aggressiv christlich“ sie waren.
Da ist die neue Religion des einen, einzigen und unvergleichlich erhabenen Holocaust sicher viel sanftmütiger.
Wenn die Kirche die weltliche Einrichtung wäre, für die sie die Endlosreformer, Opportunitäts-Dialogisierer, Gremienverweser und Rundfunkratsmitgliedsentsendungsberechtigten auf Bischofsstühlen halten, müßten wir an solchen Tagen mit Nachrichten aus dem Vorhof der Hölle schier verzweifeln. Aber die Kirche ist keine weltliche Einrichtung.
Der Dialog, den sich alle beteiligten Seiten offenbar nur als Ort der Entgegennahme von Kapitulationserklärungen der Kirche vorstellen können, mag vergehen. Die Kirchensteuer, jene höchste Gnade, vor deren Verlust die Funktionäre zittern wie vor dem Verlust keiner anderen, mag aufgekündigt werden. Sogar die Bischofskonferenzen mit Dienstwagen und Mittagessen mit der Hamburger Medien-Prominenz werden vergehen. Bischöfe zur Untermiete am Stadtrand sind für Deutschland genauso vorstellbar, wie es sie schon zu vielen Orten und Zeiten gegeben hat und heute nicht nur etwa in China gibt. Aber die Kirche Christi selbst hat Bestandsgarantie – als Zeichen des Widerspruchs.
Am 17. Februar stellten wir uns die Frage „Wer darf Bischof der Katholischen Kirche werden – und wer bestimmt das?“. Heute wissen wir jedenfalls: ein Mann wie Pfarrer Wagner soll, wenn es nach den Bischöfen und vielen Priestern in Österreich geht, jedenfalls nicht Bischof sein. Viel zu katholisch. Wir versuchen eine Einordnung in das größere Bild.