Bereichsnavigation Themen:

Wien: Eine Kirche für die FSSPX!

Bild: Wikimedia / Bwag - CC BY-SA 4.0Mit einem Update zur weiteren Präsenz der ital. Gemeinde in der Minoritenkirche.

Das ist – endlich wieder einmal – Anlaß zur Freude für alle, denen Erhalt und Pflege der überlieferten Liturgie wichtig sind: Seit wenigen Tagen ist die österreichische Piusbruderschaft im Grundbuch eingetragene Eigentümerin einer der ältesten, größten, bedeutendsten, und zentral gelegenen Kirchen von Wien: Der gotischen Minoritenkirche. Und das Ganze auch noch als Spätfolge einer Maßnahme von Kaiser Joseph II., dessen Regierung vom Kampf gegen die katholische Tradition geprägt war. Aber der Reihe nach:

Baubeginn der ältesten noch erhaltenen Teile der ursprünglich Herz einer Klosteranlage bildenden Kirche war 1276 unter dem ersten Habsburger Rudolf I.; ihre (ungefähr) heutige Gestalt erhielt sie nach zahlreichen Umbauten durch französische Kathedralen-Baumeister dann ab 1350. Die für die Kirche eines Franziskanerklosters in vielem ungewöhnlich prächtige Anlage mitsamt einem ursprünglich an die 80m hohen Turm verdankt sich der Lage nahe der alten kaiserlichen Hofburg.

Diese Lage und dieser Turm bestimmten auch jahrhundertelang die Bedeutung der Kirche in einer vielfältigen Kirchenlandschaft. Die Minoritenkirche erfreute sich besonderer Förderung durch das Kaiserhaus und den Hof, was teilweise heute noch an ihrer künstlerischen Ausstattung zu erkennen ist. Der Turm, einer der höchsten der Stadt und nicht weit entfernt von der südöstlichen Stadtmauer, wurde während der Belagerungen durch die Türken 1529 und 1683 als strategisch wertvoller Ausguck hinter die Frontlinien und Belagerungsanlagen des Feindes genutzt. In beiden Kriegen wurde die Turmspitze von der türkischen Artillerie heruntergeschossen und mehr oder weniger provisorisch wieder hergerichtet, und so ist der Turm heute mit 65 Metern eben ein gutes Stück kürzer als ursprünglich.

Die kaiserliche Hofburg samt ihren Palästen ist längst Museum, auch die Türken haben sich, wenn auch nur zeitweilig, zurückgezogen, aber die zentrale Stellung des Ortes im prestigeträchtigen 1. Gemeindebezirk innere Stadt hat sich erhalten. Unmittelbare Nachbarn der Kirche auf dem Minoritenplatz sind das Österreichische Staatsarchiv und das Innenministerium; das Bundeskanzleramt liegt um die Ecke. Jeder Tourist, der vom Stephansdom Richtung Hofburg gehen wollte, käme da vorbei, und U-Bahn-Anschluss hats gleich zweifach – eins rechts, eins links.

Und wie nun um alles in der Welt kommt ausgerechnet die Piusbruderschaft an eine solche Perle von unschätzbarem Wert?

Hier geht es weiter Hier kommt wieder der nicht ganz so gute Kaiser Joseph II, bekannt unter anderem als Erfinder des „Josephinismus“, ins Spiel. Der hat im Jahre des Herrn 1782 die Kirche quasi „verstaatlicht“ und die dort bisher ansässigen Minoriten in die weniger zentral gelegene barocke Alserkirche umgesiedelt – dort, im 8. Gemeindebezirk Josefstadt, haben sie noch heute eine Niederlassung. Die nun ehemalige Minoritenkirche übereignete der Kaiser wenige Jahre später der „Wiener Italienischen Kongregation Maria Schnee“, die diesen Besitz bis Juni diesen Jahres behielt und, wie an ihrer Website  zu sehen ist, auch mit Anstand lebendig gehalten hat. Die Mittel für den baulichen Unterhalt wurde anscheinend durch die Zusammenarbeit mit einer Konzertagentur  erwirtschaftet. Schon seit Jahren gab es auch eine Zusammenarbeit mit traditionsorientierten Gruppen, die unter anderem aus Anlaß des 230-jährigen Jubiläums der italienischen Gemeinde 2016 die Zelebration eines feierlichen „Fünf-Herren-Amtes“ nach Wiener Usus ermöglichte (hier im Video). Warum die Italiener dieses historische Projekt nun aufgegeben haben, ist nicht bekannt, können wir uns angesichts des verbreiteten Kirchensterbens aber denken.

Die Italienische Gemeinde hat nun ein Jahr Zeit, ihre Angelegenheiten – wozu auch eine mehrklassige Schule gehört – in der Minoritenkirche und deren Anbauten abzuwickeln; die FSSPX nutzt das gleiche Jahr, um ihre bisherigen Räume in einer umgebauten Autogarage in der Bernardgasse vertragsgemäß „zurückzubauen“ und den Umzug vorzubereiten. Ab dem 3. Juni kommenden Jahres wird die Bruderschaft dann ausschließliche Nutzerin der Kirche im Herzen der Hauptstadt sein. Die Mitteilung der Bruderschaft, die diese erfreuliche Entwicklung am 2. Juli offiziell machte, schließt mit den Worten:

Wir danken dem hl. Joseph für seine Sorge. Und wir empfehlen uns und das zukünftige Apostolat im Herzen der Stadt Wien seinem Schutz. Wir sind uns der gewachsenen Verantwortung für den Glauben und die Tradition bewusst. Es ist uns eine Ehre, Sorge zu tragen für dieses einzigartige Denkmal der Gottesmutter.  Zu Beginn dieser neuen Ära für die Tradition in Österreich möchte ich erinnern an das Versprechen, das Pater Schulz als Prior in Wien 2008 gegeben hat.

„Versprechen wir dem Nährvater Jesu und unserem Schutzpatron St. Joseph drei Gregorianische Messen (je 30 Heilige Messen an 30 Tagen hintereinander) zu seiner Ehre, in seinem Anliegen und nach seinen Wünschen – eine davon von Ihnen, liebe Gläubige, gestiftet, eine vom Priorat und eine vom Prior. ... Gerne will ich die Einlösung dieses Versprechens auf mich nehmen, und Sie einladen, mich dabei zu unterstützen. Beginnen wollen wir mit einem zweiten „geistlichen Angeld“ von jeweils drei Messen Anfang September, am Herz-Jesu-Freitag, Herz-Mariä-Sühnesamstag, und am darauffolgenden Sonntag, der äußeren Feier des Festes unseres Patrons des hl. Pius X. An diesen Tagen wollen wir uns alle versammeln und dem hl. Joseph die ersten drei Dankesmessen schenken.

Grund zu großer Dankbarkeit haben sie und alle Getreuen der überlieferten Liturgie und Lehre in der Tat – in Wien und weit darüberhinaus.

*

Update vom Nachmittag:

Einem Anruf aus Wien entnehmen wir, daß die italienische Gemeinde trotz der nun erfolgten Eigentumsübertragung auch nach dem Jahr 2021 in einigem Umfang die Räumlichkeiten der Minoritenkirche für Gottesdienste und andere Aktivitäten nutzen wird. Wir erwarten weitere Nachrichten zu dieser von mehreren Informationspannen begleiten Angelegenheit und werden dann entsprechend berichten.

Zusätzliche Informationen