An Grenzen der Papstmacht
- Details
- 30. Oktober 2017
Die in Rom versammelten Teilnehmer der Tagung „50 Jahre Enzyklika Humanae Vitae – ihre Bedeutung gestern und heute“ haben am Sonntag die Gründung der Akademie Johannes Paul II für das Leben bekannt gegeben. Gründungsmitglieder sind unter anderem mehrere Persönlichkeiten, die von Johannes Paul II als „Mitglieder auf Lebenszeit“ in die von ihm gegründete Päpstliche Akademie für das Leben berufen worden waren, diese Position jedoch mit der Entlassung sämtlicher Mitglieder durch Franziskus zum Ende des vergangenen Jahres verloren hatten. Inzwischen hat der Papst eine neue Akademie mit neuen Mitgliedern und einer deutlich veränderten Schwerpunktsetzung gegründet: gegründet. Ziele der neugeschaffenen und bewährten Gefolgsleuten des Papstes anvertrauten Einrichtung sind jetzt auch die „Geschlechter- und Generationenforschung sowie individuelle Schutzrechte, eine „Humanökologie“ und das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt.“ (Quelle). Erster Vorsitzender der Neugründung wird der österreichische Philosoph Joseph Seifert, der von Papst Paul II. bereits auf Lebenszeit zum Mitglied der Vorgängerakademie berufen worden war.
Der Vorgang hat weit über den Bereich des Lebensschutzes hinaus Bedeutung für die gesamte Kirche. Zunächst signalisiert er einen empfindlichen Machtverlust des Papstes. Mit erheblichem Kraftaufwand hatten die Bergoglianer versucht, eine ihnen wegen ihrer Grundsatztreue unbequeme Einrichtung zu beseitigen. Das ist ihnen nicht gelungen. Statt sich den im Namen des Papstes ergangenen Verfügungen zu beugen, haben Exponenten des ursprünglichen Auftrags von Papst Johannes Paul II. nun eine Plattform gegründet, von der aus sie ihre ursprüngliche Arbeit mit hohem Anspruch fortsetzen können.
Damit ist die alte Akademie de facto gespalten – und das bezeichnet den zweiten bedeutsamen Aspekt. Zum ersten Mal seit langem, vielleicht seit vielen Jahrhunderten und seit den Wirren der lutherschen „Reformation“, deren Jahrestag morgen begangen wird, ist eine vom Papst errichtete katholische Institution formal gespalten in eine Nachfolgeeinrichtung, die dem kirchenrevolutionären Zeitgeist folgt, und eine andere, die ihrem ursprünglichen katholischen Auftrag treu bleibt. Nur daß diesmal der revolutionäre Impuls von der Seite des päpstlichen Hofes ausgeht.
Widerpart und Verkörperung des beharrenden sensus fidelium sind in der neugegründeten Akademie nicht Angehörige der Kurie oder des Kardinalats, sondern Laien. Soweit bisher bekannt, wird der Vorstand der neuen Akademie – neben Prof. Seifert werden Prof. Robert de Mattei, Prof. Claudio Pierantoni, Judie Brown (Vorsitzende der American Life League), Thomas Ward (Gründer der Vereinigung katholischer Familie in Großbritannien), Mercedes Wilson (Vorsitzende von Family of the Americas) und Christine Vollmer (Vorsitzende der American Alliance für the Family) genannt – ausschließlich aus Laien bestehen. Sie sind für ihren Lebensunterhalt in keiner Weise von der Kurie abhängig und stehen auch in keinem besonderen Gehorsamsverhältnis zum Papst, sondern sehen sich alleine der überlieferten und unveränderlichen Lehre der Kirche verantwortlich. Sie verfügen über einflußreiche Positionen in nationalen und internationalen Organisationen des Lebensschutzes und haben somit die besten Voraussetzungen, in Zukunft als die Stimme der katholischen Position zur Heiligkeit des Lebens wahrgenommen zu werden. Darüber hinaus bieten sie ein Vorbild dafür, wie auf weiteren Gebieten Laien als zur Verteidigung der überlieferten Lehre kraftvoll agieren können, wo diese Lehre von den der Diktatur des Relativismus unterworfenen Institutionen in Frage gestellt wird.
Die führende Rolle von Laien in dieser und vielleicht weiteren künftigen Bewegungen dieser Art bedeutet keinesfalls eine antiklerikale Frontstellung. Sie ist Ausdruck einer pragmatischen Klugheit, die darauf verzichtet, Würdenträger in den Vordergrund zu stellen, die von den immer despotischer agierenden Bergoglianer unter Druck gesetzt werden können. In der Sache wird die wiedergegründete Akademie wo immer das möglich und notwendig, ist auf die Unterstützung, die Sachkenntnis und auch auf die geistliche Anleitung von glaubenstreuen Bischöfen und Kardinälen bauen können und zweifellos auch gerne darauf zurückgreifen.