Bereichsnavigation Themen:

Christliche Erziehung

Die „Option Benedikt“ - VIII

Es ist verdächtig ruhig geworden um Rod Drehers Option Benedict – nicht nur hier, sondern rundum. Daran, daß Gegenstand und Anliegen dieses Buches (Hier eine Zusamenstellung unserer entsprechenden Beiträge 2017) sich inzwischen erledigt hätten, kann es nicht liegen: Das vergangene Jahr brachte in allen „entwickelten westlichen Gesellschaften“ eine weitere Verstärkung des Säkularisierungsdrucks. Die herrschenden Ideologien von Relativismus, (scheinbarer) Individualisierung, Globalisierung und einer hirnzerreißenden Mischung von Hypersexualisierung und neuem Puritanismus erheben immer aggressiver den Anspruch auf Allgemeingültigkeit und verbinden sich in einer neuartigen Säkularreligion. Abweichler werden zu Ketzern erklärt und auf dem Scheiterhaufen der Medienhysterie verbrannt. Das geschieht längst nicht mehr nur symbolisch, was schlimm genug wäre, sondern ist immer öfter durch Angriffe auf Wohnungen und Autos, Konten- und Wohnungskündigungen sowie Publikations- und Berufsverbote darauf gerichtet, die schlichte bürgerliche Existenz der Dissidenten unmöglich zu machen. Und das Deprimierendste: In der Kirche gibt es nur schwachen Widerstand – wenn überhaupt. Die Spitzen der Hierarchie signalisieren in vielen Bereichen der Lehre Kapitulationsbereitschaft, sofern sie sich nicht in einigen politischen Punkten sogar zur aktiven Unterstützung der anscheinend unwiderstehlichen Zeitgeistforderungen andienen.

Die Konzeption einer christlichen Gegenkultur – man könnte auch von „Subkultur“ sprechen, wenn einem das „gegen“ zu negativ erscheint und man keine Angst vor der scheinbaren Herabstufung durch das „sub“ hat – wird zu einer immer dringlicheren Aufgabe. Die Rahmenbedingungen dafür sind in den USA und Westeuropa sehr verschieden, die Vorschläge Drehers können hierzulande nur den Anstoß zu eigenen Überlegungen bieten.

Einer der größten Unterschiede liegt in den Systemen von Bildung und Erziehung. In den USA herrscht dort verhältnismäßig große Liberalität – Schule gilt als Sache der Eltern und der Kommunen und der Staat beschränkt sich auf die Setzung von Rahmenbedingungen. Allerdings werden auch dort die Gleichschaltungsbemühungen stärker. In Deutschland wird Schule seit der Herausdrängung der Kirche aus dem Bildungswesen als primär staatliche Aufgabe verstanden, und die Einführung der Schulpflicht in Preußen erfolgte von Anfang an mit der Zielsetzung der Erziehung zu „guten Untertanen“. Daran hat sich bis heute nichts geändert, und in den letzten Jahren hat sich der Konformitätsdruck gegenüber Privatschulen verstärkt. Auch hier lassen sich einzelne kirchliche Einrichtungen an Unterwerfungslust nicht überbieten, wenn z.B. das von Jesuiten betriebene Berliner Canisius-Kolleg stolz mitteilt, es habe – im Gegensatz zu den Berliner Staatsschulen, an denen das Kopftuch im Dienst noch unzulässig ist – eine bekennende Kopftuchträgerin als Lehrerin eingestellt.

Die meisten Kindergärten und Schulen „in katholischer Trägerschaft“ sind heute bestenfalls dem Namen nach katholisch. Viele Leitungen sowie Lehrkräfte und Erzieher folgen mehr oder weniger der gleichen Säkularreligion, die auch im staatlichen Bereich Geltung beansprucht. Die Einrichtung von „echten“ Privatschulen unterliegt hierzulande strengen Restriktionen und erfordert hohen finanziellen Aufwand. Das in den USA beliebte Homeschooling ist seit der Schulgesetzgebung der Nazis kompromisslos verboten. Und auch da, wo vom Organisatorischen her der Aufbau echter Privatschulen gelingt, ist damit nicht gesichert, daß die Erziehung nahe genug an der gesellschaftlichen Wirklichkeit erfolgt, um den Schülern später das Leben in dieser Gesellschaft zu ermöglichen – und weit genug vom säkularistischen Ungeist entfernt ist, um wirksame Gegenkräfte zu entfalten. In der voll vernetzten und digitalisierten Gesellschaft stellen sich hier enorme Probleme.

In dieser Situation gewinnt die Vorschulzeit und die Familie noch stärkere Bedeutung für die christliche Erziehung als das bei Drehers amerikanischem Modell der Fall ist. Es geht darum, in den wenigen Lebensjahren bis zum Eintritt der Schulpflicht Grundlagen zu schaffen, auf denen dann auch in der Zeit des Besuchs mehr oder weniger säkularisierter öffentlicher Schulen und unter starkem Anpassungsdruck einer glaubensfeindlichen Umwelt der keimhaft angelegte Glaube bewahrt und ausgebaut werden kann.

Wir wollen in weiteren Beiträgen versuchen, dem im Anschluss an Drehers Überlegungen konkreter nachzugehen.

Zusätzliche Informationen