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Die Stunde der Laien

Der Versuch, das Verständnis von Sexualität, Ehe und Familie zu „modernisieren“, ist ein zentrales Anliegen des gegenwärtigen Pontifikats – und wird immer mehr zum Prüfstein zur Unterscheidung der Geister. Dabei ist eine paradoxe Entwicklung zu erkennen: Amoris Laetitia bzw. dessen umstrittenes 8. Kapitel erzeugte offenkundig gewollt Unklarheit in zentralen Punkten der Lehre von der Ehe, des Bußsakramentes und der Eucharistie – erkennbar nicht zuletzt an der bis zum heutigen Tag andauernden Weigerung des Papstes, die an ihn herangetragenen Fragen und Zweifel auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Doch die Rechnung, hinter Wolken von Unklarheit verdeckt eine schleichende Umformung der Lehre betreiben zu können, ist nicht aufgegangen. Die Entscheidungen im Vatikan zum Umbau der Akademie für das Leben von Johannes-Paul II. und die personellen Umbesetzungen im Umfeld haben mehr Klarheit gebracht, als manchen lieb sein dürfte. Zwar äußert sich der Papst in frommen Reden immer wieder auch einmal im Sinne der überlieferten Lehre – aber die Befürworter eines radikalen Modernisierungskurses haben verstanden, daß sie seitens des Papstes keinen Widerspruch befürchten müssen. Dementsprechend lesen und interpretieren sie alle Äußerungen von Franziskus im Sinne einer entschlossenen Hemeneutik des Bruchs. Auf der Website der katholischen Bischöfe in Deutschland liest sich das dann so: 

Die katholische Familientheologie muss sich nach Auffassung des Papstes zeitgenössischen Fragen stellen. Franziskus äußerte sich anlässlich der Eröffnung eines neuen Lehrstuhls am Päpstlichen Theologischen Institut für Ehe- und Familienforschung am Donnerstag in Rom. Dabei verwies er auf ein "grundlegend erneuertes Verständnis" von Familie, das mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) beginne und dessen jüngstes Dokument "Amoris laetitia" sei. In dem 2016 veröffentlichten Lehrschreiben legt Franziskus Eckpunkte für eine biblisch fundierte und zugleich offene Familientheologie dar. (…)

Der neue Lehrstuhl trägt den Namen "Gaudium et spes". Der Titel verweist auf das gleichnamige Konzilsdokument von 1965, das sich mit einem positiven Zugang der katholischen Kirche zur modernen Welt befasst. Der Lehrstuhl soll sich vor allem mit der Situation von Partnerschaften und Familien in der westlichen Welt befassen (...)“

„Biblisch fundiert und zugleich offen“ – ist das nicht schön? Der Bericht von katholisch.de hat genau verstanden, was damit gemeint ist, und schließt hoffnungsfroh:

Damit setzt der Papst die katholische Lehre auf ein neues Gleis, auf dem sich die Kirche einer breiteren Spanne von sozialen, kulturellen und wissenschaftlichen Herausforderungen stellen soll.“

In der Reaktion auf diesen offen propagierten Paradigmenwechsel gibt es nun auch immer mehr Klarheit auf der Seite derjenigen, die an dem, was wirklich „biblisch fundiert“ ist und zwei Jahrtausende lang die Lehre der Kirche war, festhalten wollen. In gewisser Weise ist die Entwicklung damit auch bereits über die Dubia hinausgegangen, die die damals noch vier Kardinäle vor anderthalb Jahren an den Papst richteten – der sie nie einer Antwort gewürdigt hat.

Darüber, was gemeint und gewollt ist, gibt es inzwischen kaum noch Zweifel – und diese Gewissheit gibt denen, die am überlieferten Glauben festhalten wollen, neue Stärke. Ein Zeichen dafür ist die Erklärung, mit der sich die Bischöfe Kasachstans Anfang des Jahres gegen die Tendenz in Amoris Latitae gewandt haben und der sich inzwischen acht weitere Bischöfe angeschlossen haben. Das Dokument ist für alle, die am Glauben festhalten wollen, eine wertvolle Hilfe.

Allerdings: Acht Bischöfe, dazu größtenteils emeritierte – das ist nicht gerade Ausdruck einer entschlossenen Haltung des Weltepiskopats. Auf die vorwiegend in säkularen Machtkategorien denkenden Umstürzler in Rom hat die Erklärung deshalb auch keinen Eindruck gemacht. Eher gestört haben dürfte sie die von Laien betriebene Neugründung einer Akademie für das Leben und die Familie, die wesentlich von der Säuberung zum Opfer gefallenen Mitgliedern der ursprünglich von Papst Johannes Paul II betrieben wird. Ihre Unterstützer gehen nun mit ersten Aktionen und Erklärungen an die Öffentlichkeit.

Wenn die Hierarchie ihr Hirtenamt nicht wahrnimmt, schlägt die Stunde der Laien und der Seelsorger „vor Ort“. Das war schon beim Kampf um die Erhaltung der überlieferten Liturgie so, das wiederholt sich jetzt beim Kampf für die Bewahrung der überlieferten Lehre zu Ehe und Familie.

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