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Sonntagsmesse in Zeit der Not

Bild: Aus dem genannten Artikelder 'Tagespost', Phpto: Jakob Alktenhofer

Am 1. Mai haben wir in der Randspalte kurz Stellung zum „Schuldbekenntnis“ der deutschen Bischöfe genommen, die zum Auftakt des Gedenkens an das Ende des 2. Weltkrieges in Europa vor 75 Jahren praktischerweise ihre damaligen Vorgänger beschuldigten, nicht genug gegen den Krieg getan zu haben – ein überaus komfortables Verfahren, sich 75 Jahre nach den Ereignissen auf der Seite der „Guten“ zu inszenieren. Inzwischen hat sich der gelernte und ein Leben lang auch praktizierende Geschichtswissenschaftler Walter Kardinal Brandmüller des Skandals angenommen und in der Tagespost eine glänzende Gegenrede zum Zeitgeistbekenntnis der Bischofskonferenz veröffentlicht. Sein Einwurf besteht aus zwei Hauptteilen:

Im ersten hält der Kardinal den Autoren des Papiers ein Seminar für Erstsemester, in dem er sie in die Grundbegriffe dessen einführt, was Geschichte ist und wie man darüber schreiben oder auch nicht schreiben kann. Der zweite Teil beginnt mit der Zwischenüberschrift: „Auch über uns könnte man irgendwann zu Gericht sitzen“ und zählt einige Punkte auf – Empfängnisverhütung, Abtreibung, Frauenweihe – in denen der deutsche Episkopat in seiner Sucht nach Zeitgeist-Kompatibilität vom ewigen Gesetz Gottes abgewichen ist, ohne im Geringsten zu bedenken, welche Folgen das für die Fehlgeleiteten, vor allem aber für die ungetreuen Hirten haben kann und wird. Die Lektüre des Textes ist sehr zu empfehlen.

Hier noch einige Gedanken zu dem oben wiedergegebenen Bild des Militärphotographen Jakob Altenhofer, mit dem die Redaktion den Text Brandmüllers illustriert hat. Es zeigt wie wenige andere die Unübersichtlichkeit der Verhältnisse nicht nur dieses schrecklichen Krieges – und die Unangemessenheit jedes Versuches, dem mit zeitgeistglatten Verlaubarungen gerecht zu werden.

Schauplatz ist ein Dorf in der besetzten Ukraine, die Scheune im Hintergrund ist wohl infolge der Kämpfe beschädigt. Viele Teilnehmer hat der Gottesdienst nicht, es mögen zwei Dutzend sein, hauptsächlich Mannschaften, einer anscheinend mit Kopfverband. Der Priester Theodor Lotz trägt als Militärgeistlicher nominell Offiziersrang – gehören er und der Bischof, der ihn in dieses Amt geschickt hat, zu den Mitschuldigen und Kriegsverbrechern? Und die Soldaten selbst, die ja nicht nur mitgereist sind, sondern auch mitgekämpft und mitgeschossen haben, um bis hierhin zu kommen?

Mindestens ebenso groß wie die Zahl der Soldaten erscheint die der im Hintergrund sichtbaren Dorfbewohner, nahezu ausschließlich Frauen. Die Männer sind zum Teil mit der damals fast besiegten Roten Armee auf dem Rückzug, andere wurden von den Soldaten der Wehrmacht bei deren Vormarsch getötet oder verwundet, wieder andere sind mit den Partisanen in den Wäldern und werden bei nächster Gelegenheit auf jeden Träger einer deutschen Uniform schießen – ohne zu fragen, ob er bei einem Einsatzkommando oder beim Feldgottesdienst war. Höchst wahrscheinlich ist auch die Teilnahme am Gottesdienst selbst gefährlich. Für die Soldaten, weil Militäransammlungen im modernen Krieg auch sonntags als legitime Ziele gelten, für die Zivilisten, weil man ihnen ihre Anwesenheit als „Kollaboration mit dem Feind“ auslegen könnte.

Was sie dennoch gemeinsam auf diesen Platz geführt hat und und in die Knie sinken läßt, das ist neben der Ehrfurcht vor dem überall und immer wieder gegenwärtigen und gekreuzigten Herrn das Bewußtsein: „Wir können ohne den Sonntag nicht leben“. Also exakt jenes Bewußtsein, das den sich nun so selbstherrlich als Ankläger aufspielenden Bischöfen offenbar abhanden gekommen ist.

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Einem Beitrag des Historikers Eduard Werner (Forum Deutscher Katholiken) in kath.net müssen wir entnehmen, daß die Deutschen Bischöfe bzw. ihre Ghostwriter und ihre Gallionsfiguren Bätzing und Willmer samt Ghostwritern nicht nur (siehe oben) keine Ahnung von historischer Methode haben, sondern auch des Lesens unkundig sind. Oder bei Abfassung ihrer Denkschrift zur Anschuldigung ihrer Vorgänger bewußt verlogen und böswillig vorgegangen sind. Passt alles.

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