Bereichsnavigation Themen:

Theologie, Liturgie, Glaube

Bild: Domradio / © Harald Oppitz (KNA)Liturgische Unfälle wie die falsche und unwirksame Taufformel „Wir taufen dich...“ sind keine Zufälle. Sie haben ihre Ursache in schweren Fehlentwicklungen einer theologischen Lehre und einer liturgischen Praxis, die persönliche Befindlichkeiten über das Wesen des Gottesdienstes und die Achtung vor dem Recht der Kirche stellt.. Viele Jahre lang hat die Theologenzunft darauf hin gewirkt hat, die metaphysischen und transzendentalen Bezüge des Glaubens zu verdünnen und durch säkulare und soziale Aspekte zu verdrängen. Gleichzeitig haben die Liturgie-Ingeniere das erfolgreich in die Form oder besser gesagt die Formlosigkeit des modernen Gottesdienstes übersetzt: Wir sind es, die tun und handeln, auf uns und unsere Gemeinschaft kommt es an. Beide zusammen haben die vertikale Dimension des Glaubenslebens durch eine horizontale Sichtweise ersetzt.

Sucht man im deutschsprachigen Internet nach Erklärungen für den Inhalt des Sakramentes der Taufe, wird man mit großer Wahrscheinlichkeit Formulierungen wie diese Finden: „Durch die Taufe wird ein Mensch in die Glaubensgemeinschaft der Christen aufgenommen“ (katholisch.de) oder ausführlicher und noch mehr in die Irre führend als Zitat aus einem weit verbreiteten Text von Pfarrer Ulrich Zurkuhlen (z.B. hier), der sich bei seiner Erklärung zunächst von einem vermeintlich überwundenen „vorkonziliaren“ Bewußtsein der Taufe absetzt:

Die Taufe wurde vor allem als Akt individueller Erlösung angesehen: bis zur Taufe unerlöst, von der Taufe an erlöst und damit gesichert gegen die Schicksalsschläge des Lebens, vor allem gegen solche, die das Kind "auf ewig" von Gott trennten. Auch wenn dahinter sicher eine gute Absicht steckte, so war das Gottesbild doch ziemlich seltsam: Schützt Gott denn nur getaufte Kinder und überlässt die ebenso ungetauften wie unschuldigen Kindern einem blinden Schicksal? Unvorstellbar! Vor allem aber fehlte dabei der Bezug zur Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden; bei diesem Verständnis des Tauf-Sakramentes war es eigentlich ganz unwichtig, ob auch die Gemeinde, zu der das Kind von der Taufe an gehören würde, irgendwie anwesend war...“

Derlei steht zwar in direktem Widerspruch zum Katechismus der Kirche, auch dem von 1992, der zum Beginn der Abhandlung des Sakraments die Dinge in aller wünschenswerten Klarheit ausspricht:

Durch die Taufe werden wir von der Sünde befreit und als Söhne Gottes wiedergeboren; wir werden Glieder Christi, in die Kirche eingefügt und an ihrer Sendung beteiligt.“

Hier geht es weiter Aber wer wird schon von „Sünde“ sprechen, von „Erbsünde“ gar, wenn er so wohlig warme Begriffe wie „Gemeinde“ und „Gemeinschaft“ zur Hand hat. Und daher wird das, was im Katechismus steht, schlichtweg auf den Kopf gestellt: Dort sind Befreieung von der Sünde und Wiedergeburt in Christus gleichsam die Voraussetzung dafür, in Christus und die Kirche eingefügt zu werden und von daher auch Teil an ihrer Sendung (d.h. Ihrem gemeinschaftlichen Handeln) zu haben. Im Fortgang des oben zitierten Zurkuhlen-Textes kommt diese Umkehr sehr schön zum Ausdruck:

Deshalb betonen wir heute zu recht, dass die Taufe, weil sie ein Sakrament ist, zunächst die feierliche Aufnahme in die Gemeinschaft der Glaubenden ist. Das kleine Kind wird in die Reihe derer aufgenommen, bei denen Jesus Christus gegenwärtig ist; denn "wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen", sagt Jesus. Und so, wie Jesus in dieser Welt zum Zeichen der greifbaren Liebe Gottes geworden war, setzt die Kirche als sichtbares Zeichen einer unsichtbaren vom Geiste Jesu geführten Gemeinschaft sein Werk in dieser Welt fort. Kirche als sichtbare Gegenwart des unsichtbaren Gottesgeistes!“.

Von der (Erb-)Sünde und all dem Unangenehmen, von dem hier zu sprechen werde, ist dann gar nicht mehr oder höchstens ganz am Rande die Rede.

Wenn aber die Taufe zunächst „die feierliche Aufnahme in die Gemeinschaft der Glaubenden“ sein soll, liegt auch der nächste Irrtum nur noch einen kleinen Schritt entfernt: Die konkrete Gemeinschaft erscheint als der eigentlich Handelnde – und wo von keiner Sünde zu befreien und keines Erlösungswerkes zu gedenken ist, bleibt für Jesus bestenfalls die Rolle als unsichtbarer Gemeinschaftsführer nach dem Motto „wo zwei oder drei...“. Die nun verurteilte Formel „Wir taufen dich...“ ist der exakte Ausdruck dieser auf den Kopf gestellten Tauf-Theologie – und weil das so ist, hat die Glaubenskongregation die falsche Formulierung auch nicht nur als Verstoß gegen die Disziplin der Kirche, sondern als gewollte oder der Unbildung geschuldete Entstellung des Glaubens und damit als unwirksam zum Vollzug des Sakramentes be- und verurteilt.

In diesem Zusammenhang sind schwere Vorwürfe zunächst an diejenigen zu richten, die von Amts wegen zur Aufsicht (episkope) über die Lehre in der Priesterausbildung und das Geschehen in den Gemeinden verpflichtet sind. Die Verkehrung der Tauftheologie in Lehre und Praxis kann ihnen unmöglich verborgen geblieben sein – trotzdem sind sie nicht wirksam dagegen eingeschritten. Der Vorwurf trifft aber auch die „Aufseher der Aufseher“, die erst durch eine ganz konkrete Anfrage aus den USA dazu bewegt wurden, den zweifellos auch in Rom bekannten Sachverhalt näher zu beleuchten. Und letztlich trifft der Vorwurf auch die – wie man so schön sagt - „höchste Autorität“ in der Kirche, die seit Jahrzehnten vielfach Personen als Bischöfen eingesetzt hat, die ausweislich ihrer veröffentlichten Schriften und Reden gänzlich ungeeignet waren und sind, dieser Aufgabe im Sinne der Kirche wahrzunehmen.

Zusätzliche Informationen