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Pius XII auf der Suche nach der Mitte

Am 5. Juli brachten wir die Übersetzung des bedeutenden Beitrags von Dom Mark Kilby über die tiefgehenden Unterschiede des Liturgieverständnisses von Jesuiten und Benediktinern: Iesuita non cantat. In Vertiefung seiner Überlegungen hat Dom Kilby in einem weiteren Beitrag die Enzyklika Mediator Dei von Papst Pius XII. aus dem Jahr 1947 daraufhin untersucht, inwieweit sie von diesem Unterschied geprägt ist. Dabei kommt er, ohne das weiter zu kommentieren, zu dem gut dokumentierten Ergebnis, daß der Papst bewußt versuchte, einen Kompromiss zwischen beiden Ansätzen zu finden - ganz im Sinne des traditionell katholischen „et ... et“.

Dieser Kompromisscharakter des Denkens von Papst Pius XII. verleiht ja nicht nur Mediator Dei an mehreren Stellen einen etwas unentschiedenen Zug. Mehr als ein halbes Jahrhundert später drängt sich der Gedanke auf, daß dieser Papst mit der Einsetzung Bugninis als maßgeblicher Reformator der Liturgie und der Hinnahme auch zweifelhafter Elemente in der Neuordnung der heiligen Woche liturgische Strömungen zu vereinbaren suchte, die letztlich nicht vereinbar sind. So wurden in seiner Regierungszeit die Fenster und Türen für ein Liturgieverständnis geöffnet, das nicht nur dem liturgischen Minimalismus der Jesuiten Einlass bot, sondern Liturgiefeindschaft zur herrschenden Strömung werden ließ.

Der Kompromiss von Mediator Dei

Dom Mark Kirby auf Vultus Christi

Als Papst Pius XII 1947 die Enzyklika Mediator Dei verfasste, war ihm die Existenz zweier gegensätzlicher Strömungen im Verständnis der hl. Liturgie und des inneren Lebens voll und auch schmerzhaft bewußt. Auf die Gefahr hin, eine überaus komplexe Problematik unzulässig zu vereinfachen, möchte ich dagegen vermuten, daß Pius XII letztlich mit Mediator Dei versuchte, die langdauernde Kontroverse zwischen Benediktinern und Jesuiten zu schlichten. Verständlicherweise hatte sich eine Reihe von Dominikanern mit den belgischen, französischen und deutschen Benediktinern verbündet, während die Jesuiten ihrerseits das Gebetsapostolat, verschiedene Exerzitien-Bewegungen und eine große Einflussphäre im wissenschaftlichen Bereich und bei den Frauenorden hinter sich hatten.

Zwei Strömungen

Die theologische Strömung, die von der Abtei Maria Laach im Rheinland ausging und durch die Schriften und Vorträge von Dom Ildefons Herwegen, Odo Casel und Aemiliana Löhr bekannt gemacht worden war, vertrat einen objektiven Ansatz zum geistigen Leben, einen Ansatz, der sich ausschließlich auf das Handeln Christi in der Liturgie stützte und dieses ausdrückte. Einige Angehörige des „gegnerischen Lagers“ stellten die Bekräftigung des Primats der heiligen Liturgie über das persönliche Gebet als ein Verabsolutierung der Ersteren und Herabwürdigung des Zweiten dar.

Um die Sache noch komplizierter zu machen, gab es vor allem unter den deutschen benediktinischen Vertretern der objektiven liturgischen Spiritualität auch kritische Stimmen zur Anbetung des allerheiligsten Sakraments, von Sühneakten und gegenüber dem Eucharistischen Mystizismus, wie er von Mutter Mectilde de Bar und dem von ihr gegründeten Institut vertreten wurde. Diese von wenigen Stimmen artikulierte Kritik betraf sogar das Institut der Benediktinerinnen von der ewigen Anbetung. (...)

Den Bruch heilen

Eine ernsthafte Würdigung der Lehre von Mediator Dei könnte viel dazu beitragen, den Bruch zwischen Benediktinern und Jesuiten zu schlichten. Hier möchte ich einige der darauf bezüglichen Absätze der Enzyklika zitieren (deutsch nach der Fassung auf stjosef.at, dort auch die Anmerkungen)  und kommentieren (Kommentare kursiv).

25) Daher haben jene vom wahren Begriff und Sinn der heiligen Liturgie entschieden eine falsche Vorstellung, die unter ihr nur den äußeren und sinnfälligen Teil des Gottesdienstes oder etwa eine würdige Aufmachung von Zeremonien verstehen. Und ebenso gehen jene fehl, die sie nur für eine Sammlung von Gesetzen und Vorschriften halten, wonach die kirchliche Hierarchie die heiligen Riten regelt.

Hier korrigiert Papst Pius XII diejenigen im Lager der Jesuiten, die behaupteten, die Liturgie sei etwas äußerliches und daher ohne Bedeutung für die Pflege des inneren geistlichen Lebens – insbesondere für die Laien, für die regelmäßige Meditation und Gewissenserforschung im Grunde ausreichten und in vielen Fällen größeren Gewinn brächten.

26. Es muß allen eine Selbstverständlichkeit sein, daß Gott nicht würdig verehrt werden kann, wenn nicht Geist und Herz zur Vollkommenheit angeeifert werden, und daß der Kult, den die Kirche in Einheit mit ihrem göttlichen Haupt Gott darbringt, die höchste Wirkkraft zur Weckung wahrer Heiligkeit in sich birgt.

Damit fordert Papst Pius XII beide Seiten eindringlich zum Zuhören auf. Die „Objektivisten“ erinnert er daran, daß Herz und Geist sich bei der Suche nach dem richtigen Leben auf Gott ausrichten müssen, und den „Subjektivisten“ ruft er in Erinnerung, daß der Gottesdienst, den die Kirche in Einheit mit ihrem göttlichen Haupt Gott darbringt, das wirksamste Mittel zur Erreichung der Heiligkeit darstellt. Hier also eine Ermahnung nach beiden Seiten.

27. Diese Wirkkraft kommt, wo es sich um das eucharistische Opfer und die Sakramente handelt, vor allem und an erster Stelle ex opere operato (aus der heiligen Handlung selbst). Wenn wir hingegen die Funktionen der unversehrten Braut Jesu Christi ins Auge fassen, wodurch sie mit Gebeten und heiligen Zeremonien das eucharistische Opfer und die Sakramente umrankt, oder wenn die Rede ist von den Sakramentalien und den übrigen Riten, die von der kirchlichen Hierarchie angeordnet sind, so kommt die Wirkkraft vor allem ex opere operantis Ecclesiae (aus der Handlung als einer Handlung der Kirche), insofern sie heilig ist und in engster Verbindung mit ihrem Haupte wirkt.

28. In diesem Zusammenhang möchten Wir, ehrwürdige Brüder, eure Aufmerksamkeit auf jene neue Theorie der christlichen Frömmigkeit hinlenken, die man „objektive“ (sachliche) Frömmigkeit nennt; während diese Theorie das Geheimnis des Mystischen Leibes, die wahrhaft heiligende Wirkkraft der Gnade sowie die göttliche Wirkung der Sakramente und des eucharistischen Opfers klar herausstellt, scheint sie dahin zu zielen, die „subjektive" oder „persönliche" Andacht herabzumindern oder ganz zu übersehen.

Damit geht Papst Pius XII. daran, auseinanderzusetzen, was an der „objektivistischen“ Position richtig ist und was daran korrigiert werden müsste.

29. In den liturgischen Feiern und besonders im hochheiligen Opfer des Altares wird das Werk unserer Erlösung weitergeführt und seine Frucht uns zugewendet. Christus wirkt in den Sakramenten und in seinem Opfer tagtäglich unser Heil; durch sie entsühnt er jederzeit die Menschheit und weiht sie Gott. Sie besitzen also eine „objektive“ (in ihnen selbst liegende) Kraft, die unseren Seelen das göttliche Leben Jesu Christi tatsächlich mitteilt. Also nicht aus unserer, sondern aus Gottes Kraft wohnt ihnen jene Wirksamkeit inne, welche die gläubige Gesinnung der Glieder mit jener des Hauptes verbindet und sie gewissermaßen zur Haltung der ganzen Gemeinschaft macht. Aus diesen scharfsinnigen Gedankengängen schließen manche, die ganze christliche Frömmigkeit müsse im Geheimnis des Mystischen Leibes Christi ihren Bestand haben ohne „persönliche“ oder „subjektive“ Beziehung; und sie sind sogar der Meinung, die übrigen religiösen Übungen, die nicht eng mit der heiligen Liturgie verbunden sind und sich außerhalb des öffentlichen Kultes vollziehen, seien hintanzusetzen.

30. So richtig nun die oben dargelegten Grundsätze sind, die Schlußfolgerungen bezüglich der beiden Arten von Frömmigkeit erkennt jedermann als irreführend, verfänglich und sehr verderblich.

„Die beiden Arten von Frömmigkeit“ – Papst Pius XII. bezieht sich hier auf die „objektive" Frömmigkeit, wie sie von den Benediktinern propagiert wurde, und die „subjektive“ der Jesuiten. Er zeigt, daß es hier nicht um ein „entweder - oder" geht, sondern darum, beide zu vereinen. Die objektive Form verlangt nach der Antwort des Subjekts, und die subjektive Antwort setzt einen erst in Stand, die Fülle dessen, was objektiv gegeben ist, zu empfangen.

31. Gewiß ist daran festzuhalten, daß die Sakramente und das Meßopfer eine durchaus innere Kraft in sich bergen, weil sie eben Handlungen Christi sind, welche die Gnade des göttlichen Hauptes den Gliedern des Mystischen Leibes zuleiten und zuteilen; damit sie aber die entsprechende Wirksamkeit haben, muß notwendig von unserer Seite die richtige seelische Verfassung dazukommen. Deshalb mahnt der Apostel Paulus bezüglich der Eucharistie : So prüfe sich denn der Mensch, und dann esse er von dem Brot und trinke aus dem Kelch[30]. Deshalb nennt die Kirche alle Übungen, durch die besonders während der Fastenzeit unser Inneres geläutert wird, „Wachtpostendienst des christlichen Kampflebens“[31], sind sie doch tatkräftige Bemühungen der Glieder, die auf Anregung und mit Hilfe der Gnade ihrem göttlichen Haupt anhangen wollen, damit, wie Augustinus sagt, „uns in unserem Haupte die Quelle der Gnade selbst erscheine“[32]. Aber wohlgemerkt, diese Glieder leben und sind mit eigenem Verstand und freiem Willen begabt; deshalb müssen sie unbedingt selber die Lippen an die Quelle legen, die lebenspendende Nahrung aufnehmen und in sich umwandeln sowie alles ausstoßen, was der Wirksamkeit dieser Nahrung hinderlich sein könnte. Es gilt also: das Erlösungswerk, das in sich etwas von unserem Willen Unabhängiges ist, verlangt unser inneres Mittun, damit wir das ewige Heil erlangen können.

Den Jesuiten konzediert Papst Pius XII. hier die Bedeutung der Beteiligung des Intellekts und des Willens in ernsthafter Anstrengung – zweifellos Musik in den Ohren der Jesuiten.

32. Wenn die private und persönliche Frömmigkeit der einzelnen das heilige Meßopfer und die Sakramente vernachlässigt und sich der heilbringenden Kraft entzieht, die vom Haupt in die Glieder strömt, so wird sie zweifelsohne eine verwerfliche und unfruchtbare Sache sein. Wenn aber alle mit der Liturgie nicht eng verbundenen Weisungen und Übungen der Frömmigkeit sich gerade deshalb mit den menschlichen Handlungen befassen, um sie auf den himmlischen Vater hinzurichten, die Menschen heilsam zur Buße und heiligen Gottesfurcht anzueifern, sie von den Verlockungen der Welt und Sünde hinweg und auf steilem Pfade glücklich zum Gipfel der Heiligkeit zu führen, so sind sie wahrlich nicht nur höchsten Lobes würdig, sondern einfachhin notwendig, weil sie nämlich die Gefahren des geistlichen Lebens aufdecken, uns zur Tugendhaftigkeit erziehen und jenes lebendige Streben in uns stärken, wodurch wir uns und all das Unsrige dem Dienste Jesu Christi weihen sollen.

Die echte und wahre Frömmigkeit, die der engelgleiche Lehrer „devotio, Hingabe“ nennt und die der hauptsächlichste Akt ist, - durch den wie von selbst im Menschenleben Ordnung und zwar Hinordnung auf Gott geschaffen wird, und durch den die Menschen sich bereitwillig all dem hingeben, was die Gottesverehrung in sich begreift[33] - diese echte Frömmigkeit also bedarf der Betrachtung der übernatürlichen Welt sowie der geistlichen Übungen, damit sie genährt und lebendig erhalten werde, damit sie kräftig sei und uns zu höherer Vollkommenheit ansporne. Die christliche Religion verlangt nämlich, richtig gepflegt, daß vor allem der Wille Gott geweiht werde und mit seiner Kraft auf die übrigen Seelenfähigkeiten einwirke. Nun aber setzt jeder Willensakt Verstandestätigkeit voraus; und bevor das Verlangen und der Vorsatz zustande kommen, sich dem ewigen Gott durch das Opfer zu weihen, ist die Erkenntnis der Tatsachen und Wahrheiten, welche die Gottesverehrung zur Pflicht machen, unbedingt erfordert; dazu gehören z. B. das letzte Ziel des Menschen und die Erhabenheit der göttlichen Majestät, die Pflicht der Unterwerfung unter den Schöpfer, sodann die unergründlichen Schätze der Liebe, mit denen Gott uns zu bereichern wünscht, die Notwendigkeit des übernatürlichen Lebens zur Erreichung des uns gesteckten Zieles und jener besondere, von der göttlichen Vorsehung uns gewiesene Weg, insofern wir ja alle als Glieder des Leibes mit Christus dem Haupte verbunden sind. Weil aber die Beweggründe der Liebe nicht immer über unseren bisweilen von verkehrten Regungen verwirrten Geist Gewalt haben, ist es sehr angebracht, daß die Betrachtung der göttlichen Gerechtigkeit uns in heilsamer Weise erschüttere und uns zu christlicher Demut, Buße und Besserung des Lebens führe.

Papst Pius XII setzt damit seine Empfehlung von Elementen des jesuitischen Programms mit seiner engen Verbindung zu „Gebetsformen und Frömmigkeitsübungen, die nicht direkt mit der heiligen Liturgie verbunden sind" fort. Weiterhin betont er die Bedeutung des Willens, von dem er sagt, er müsse Gott geweiht sein und seinen Einfluss auf alle anderen geistigen Fähigkeiten ausüben.“ Der Wille wird durch einen „Akt der Erkenntnis“ erleuchtet und bewegt. Dieser Akt der Erkenntnis hängt unbedingt davon ab, wie weit man die Tatsachen und Wahrheiten erkennt, welche die Gottesverehrung zur Pflicht machen. Auch dies Musik in jesuitischen Ohren.

33. Das alles darf aber nicht in bloßer Erinnerung und in unfruchtbaren Erwägungen versanden, sondern es muß wirksam dahin zielen, unsere Sinne mit ihren Fähigkeiten der von der katholischen Wahrheit erleuchteten Vernunft unterzuordnen, unser Inneres zu entsühnen und zu reinigen, damit es täglich enger mit Christus verbunden, damit es mehr und mehr ihm gleichgestaltet werde und den göttlichen Geist und die göttliche Kraft, deren es bedarf aus ihm schöpfe; alles soll die Menschen immer wirksamer anspornen und entflammen zum Guten, zu treuer Pflichterfüllung, zu religiösem Eifer und zur Tugendübung: Ihr gehört Christus, Christus aber Gott[34]. Alles geschehe deshalb in gehöriger, organischer Ordnung und, um den Ausdruck zu gebrauchen, „theozentrisch“, sofern wir wirklich wollen, daß alles zur Ehre Gottes gereiche durch das Leben, das aus dem göttlichen Haupt in uns einströmt: So haben wir denn, Brüder, kraft des Blutes Jesu die zuversichtliche Hoffnung auf den Eintritt in das Allerheiligste. Das ist der neue Lebensweg, den er uns durch den Vorhang hindurch, nämlich durch sein Fleisch, erschlossen hat. Auch haben wir einen erhabenen Hohenpriester, der über dem Hause Gottes waltet. Laßt uns darum aufrichtigen Sinnes voll Glaubenszuvericht hinzutreten, das Herz gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser. Laßt uns unerschütterlich festhalten am Bekenntnis unserer Hoffnung. . . Seien wir auch darauf bedacht, einander zur Liebe und zu guten Werken anzuspornen[35].

Praktische Ergebnisse – genau darin liegt das Ziel der ignatianischen Methode. Und gegenüber den Vertretern des Benediktinischen Ansatzes hält Pius XII. fest: Alles geschehe deshalb in gehöriger, organischer Ordnung und, um den Ausdruck zu gebrauchen, „theozentrisch“, sofern wir wirklich wollen, daß alles zur Ehre Gottes gereiche durch das Leben, das aus dem göttlichen Haupt in uns einströmt.

34. Daraus ergibt sich ein harmonisches Gleichgewicht der Glieder im Mystischen Leibe Jesu Christi. Indem die Kirche uns im katholischen Glauben unterrichtet und zum Gehorsam gegen die christlichen Gebote ermahnt, bereitet sie den Weg zu ihrer eigentlich priesterlichen, unsere Heiligung bewirkenden Aufgabe; ebenso leitet sie uns zu einer eingehenderen Betrachtung des Lebens unseres göttlichen Erlösers an und führt uns zu einer tieferen Erkenntnis der Glaubensgeheimnisse. So spendet sie uns überirdische Nahrung, damit wir durch sie gestärkt und mit der Hilfe Christi sicheren Fortschritt in der Vollkommenheit machen können. Nicht allein durch ihre Diener, sondern auch durch die einzelnen Gläubigen, die so den Geist Jesu Christi in sich aufgenommen haben, bemüht sich die Kirche, das private, eheliche, soziale, ja selbst das wirtschaftliche und politische Leben und Handeln der Menschen zu durchdringen, damit alle, die Kinder Gottes heißen, das ihnen gesteckte Ziel leichter erreichen können.

Eine „eingehendere Betrachtung des Lebens unseres göttlichen Erlösers“ - das ist eine kaum verhüllte Anspielung auf die Geistlichen Exerzitien des hl. Ignatius.

35. Derlei private Übungen der Gläubigen und der religiöse Eifer, der sie zur inneren Läuterung treibt, wecken daher in ihnen gerade jene Kräfte, die es ihnen ermöglichen, besser am hochheiligen Opfer des Altares teilzunehmen, die Sakramente fruchtbringender zu empfangen und die gottesdienstlichen Handlungen so mitzufeiern, daß sie noch entschlossener und befähigter werden zum Gebet und zur christlichen Entsagung, zur bereitwilligen Aufnahme der Anregungen der göttlichen Gnade und zur täglich vollkommeneren Nachahmung des Tugendlebens unseres Erlösers; und das nicht nur zum eigenen Nutzen, sondern ebenso zu dem der ganzen Kirche: denn alles Gute, das in ihr gewirkt wird, ist ein Kraftstrom, der ausgeht von ihrem Haupte und sich heilsfördernd auf alle Glieder auswirkt.

Und hier wieder eine kleine Verbeugung vor der benediktinischen Seite der Debatte mit der Bekräftigung des Zieles, „besser am hochheiligen Opfer des Altares teilzunehmen“ und dem Schluss „denn alles Gute, das in ihr gewirkt wird, ist ein Kraftstrom, der ausgeht von ihrem Haupte und sich heilsfördernd auf alle Glieder auswirkt.“

36. Im geistlichen Leben kann es also keinen Widerstreit geben zwischen dem göttlichen Wirken, das zur ununterbrochenen Fortführung unserer Erlösung den Seelen die Gnade zuleitet, und dem willigen Mitwirken der Menschen, die Gottes Geschenk nicht vergeblich empfangen dürfen[36]; keinen Widerspruch zwischen der Wirksamkeit des äußeren Zeichens der Sakramente, die ex opere operato, d. h. aus dem Sakrament selber kommt, und dem verdienstlichen Werk derer, welche die Sakramente spenden oder empfangen, was wir opus operantis, d.h. das Werk des Handelnden nennen; keinen Widerspruch zwischen öffentlichem und privatem Gebet, zwischen Sittenlehre und Mystik, zwischen Aszese und liturgischer Frömmigkeit; keinen Widerspruch schließlich zwischen der Rechts- und Lehrgewalt der kirchlichen Hierarchie und ihrer priesterlichen Gewalt im eigentlichen Sinne, die sich im heiligen Amt betätigt.

Hier trifft Papst Pius XII. eine bedeutende Aussage: Es gibt „keinen Widerspruch zwischen öffentlichem und privatem Gebet, zwischen Sittenlehre und Mystik, zwischen Aszese und liturgischer Frömmigkeit“.Das ist sein Versuch, den jesuitischen und den benediktinischen Ansatz miteinander zu versöhnen – öffentliches Gebet, Kontemplation und Hingabe an die Liturgie auf Seiten der Benediktiner und privates Gebet, Sittenlehre und Askese auf Seiten der Jesuiten.

242. Aus schwerwiegenden Gründen besteht die Kirche darauf, daß die amtlichen Diener des Altares und die Ordensleute zur festgesetzten Zeit der Betrachtung, der eifrigen Gewissenserforschung und Gewissensreinigung, sowie den übrigen geistlichen Übungen obliegen[37], gerade weil sie in besonderer Weise zu den liturgischen Funktionen des heiligen Opfers und des Lobes Gottes bestimmt sind. Zweifellos hat das liturgische Gebet als öffentliches Gebet der erhabenen Braut Jesu Christi eine höhere Würde als das private. Allein diese höhere Würde besagt keinen Gegensatz oder Widerspruch zwischen diesen beiden Gebetsarten. Da sie von ein- und demselben Geiste beseelt sind, fließen sie zu harmonischer Einheit zusammen nach dem Worte alles und in allem Christus[38]und streben demselben Ziele zu, bis Christus in uns Gestalt gewinnt[39].

Damit stellt sich Papst Pius XII zunächst eindeutig auf die Seite der Jesuiten: „Aus schwerwiegenden Gründen besteht die Kirche darauf, daß die amtlichen Diener des Altares und die Ordensleute zur festgesetzten Zeit der Betrachtung, der eifrigen Gewissenserforschung und Gewissensreinigung, sowie den übrigen geistlichen Übungen obliegen.“ Gleichzeitig bekräftigt er jedoch auch die benediktinische Haltung: „Zweifellos hat das liturgische Gebet als öffentliches Gebet der erhabenen Braut Jesu Christi eine höhere Würde als das private.“ Er schließt dann mit der Synthese: „ Allein diese höhere Würde besagt keinen Gegensatz oder Widerspruch zwischen diesen beiden Gebetsarten. Da sie von ein- und demselben Geiste beseelt sind, fließen sie zu harmonischer Einheit zusammen nach dem Worte alles und in allem Christus[38]und streben demselben Ziele zu, bis Christus in uns Gestalt gewinnt[39].“

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