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Neue liturgische Entwicklungen

Bild: KNA, aus dem im Text zitierten Beitrag von katholisch.de

Liturgie war für die Abbrucharbeiter am Haus Gottes lange kein bedeutendes Thema – vielleicht haben sie das Zerstörungswerk 50 Jahre nach der gescheiterten Reform Pauls VI. als glücklich vollendet angesehen. Konnte doch fast jeder fast alles tun, was ihm beliebte. Doch jetzt, da rundum alles fließt, kommt wieder Bewegung in die Sache: Weiter-Reform der Reform ist angesagt.

In der letzten Woche brachte das Internet-Sprachrohr der neukatholischen Bischöfe einen etwas merkwürdigen Beitrag mit der fordernden Überschrift: „Das alte Testament gehört auch zur Osterzeit in die Messe“. Der Verfasser, ein derzeit anscheinend auf Stellensuche befindlicher Alttestamentler, nimmt Anstoß daran, daß die neue Leseordnung an den Sonntagen nach Ostern auf die sonst übliche Lesung aus dem AT verzichtet und statt dessen aus der Apostelgeschichte vorträgt. Was im Denkrahmen der neuen Leseordnung einleuchtet, da die Apostelgeschichte quasi die Urgeschichte der Kirche nach der Auferstehung behandelt. Ein ernsthaftes Argument, warum ihm das Fehlen der AT-Lesung als Mangel erscheint, bringt der Autor nicht, und erst recht kann oder will er keinen Vorschlag machen, welche Texte des AT ihm denn geeigneter erschiene als die derzeit vorgegebenen. Aber einen Joker hat er noch in der Tasche: „Heute – erst recht nach der Shoa – lesen wir das Alte Testament auch mit anderen Augen als noch die ersten Christen“. Wer wollte da der Forderung nach noch mehr AT in der Liturgie widersprechen. 

Ein anderer Vorstoß richtet sich auf die Messliturgie als Ganzes. Vor 6 Wochen hatten wir über einen Vortrag des Liturgiepolitikers B. Kranemann berichtet, der herausgefunden haben will, daß der aktuell für alle Übel in der Kirche verantwortlich gemachte „Klerikalismus“ seine Ursache nicht zuletzt in einer allzusehr auf den Priester ausgerichteten Liturgie habe. Nun stößt Kranemann, sekundiert von seinem Eichstätter Kollegen Bärsch, nach: Zu sehr hervorgehoben erscheint ihnen die Rolle, die der Priester bei der Eucharistieferier einnimmt, zu wenig komme zum Ausdruck, „dass ein Priester durchsichtig sein und in seinem Handeln auf einen anderen hinweisen soll.“ Bärsch nimmt ausdrücklich Anstoß an der häufigen Konzelebration: „Macht sie – so wie sie beabsichtigt ist – die priesterliche Gemeinschaft sichtbar, oder überhöht sie den Klerus?“ Hier geht es weiter

Nun könnte man ja einwenden, daß gerade die „Durchsichtigkeit“ des ad dominum zelebrierenden Priesters zu den Wesensmerkmalen der überlieferten Liturgie gegehört und auch die Konzelebration im wesentlichen eine Frucht modernen Reformbemühens darstellt – doch das würde vermutlich mit Hinweis auf das „höfische Gepränge“ eines Levitenamtes zurückgewiesen. Ein Bewußtsein dafür, daß es bei der Liturgie um sakrale Vollzüge jenseits des Alltags geht, ist längst nicht mehr vorhanden. Entsprechend auch die Vorschläge, die hier skizziert werden, „um die Gläubigen aktiver in die Liturgie einzubinden“ wie die längst etablierte Fehlübersetzung von „participatio actuosa“ es angeblich verlangt. Daher möchte Kranemann unbedingt die Laienpredigt legalisieren, denn damit würde „Deutungsmacht in der Kirche (...) geteilt, Kompetenz würde entscheiden.“

Darüberhinaus zielt er auf eine weitergehende Protestantisierung und Entsakralisierung der Riten. Besonders stört ihn das, was er als „räumliche Trennung“ zwischen „Volk“ und Priester empfindet: Er fragt: „Ist es eigentlich undenkbar, dass der Priester bei der Gemeinde sitzt und zu den Aufgaben, die er am Ambo, Altar und einem weiteren Sprechort übernimmt, an die entsprechende Stelle tritt?“ und die Redaktion referiert weiter „Diese Praxis ist etwa bei evangelischen Gottesdiensten üblich. Das würde klar machen, dass der Priester ein Teil der Gemeinde ist – nicht ihr gegenüber, betont Kranemann und moniert, dass immer wieder „Differenzierungsmarkierungen“ zwischen Klerus und Laien in der Liturgie gesetzt werden.“ Entdifferenzierung als Idealvorstellung – unsere Liturgolallalas setzen schon bemerkenswerte Orientierungsmarken.

Eine ins Einzelne gehende Befassung mit derlei ist hier nicht erforderlich, zumal der reformerische Furor der Kranemann, Bärsch & Co weit über die Liturgie hinausreicht. Für sie steht, wie der im Artikel ebenfalls angeführte Würzburger Fundamentaltheologe Remeny betont, im Zeichen des Kampfes gegen den Klerikalismus die gesamte „Amtstheologie, Ekklesologie, Kirchenrecht und Spiritualitätstheologie“ zur Disposition, und ihre Hoffnungen richten sich auf den angekündigten „synodalen Weg“ – er soll die Tore für den Weg in eine bessere Zukunft öffnen. Wieder einmal.

In dieser Zukunft wird es freilich schon bald, spätestens in 40 Jahren, nur noch halb so viele Kirchensteuerzahler geben wie heute – aber deshalb sind Bedford-Strohm und Marx ja auch so eifrig bei ihren Fusionsplänen. Und sollten dank der unermüdlichen Tätigkeit der Kranemänner die Zahlen noch schneller in den Keller gehen, nimmt man halt noch ein paar weitere „Abrahamiten“ dazu – Christus, Auferstehung und Erlösung sind doch von heute aus gesehen überbewertet.

Katholiken, die einfach katholisch bleiben wollen, können diese Entwicklung trotz allen Schmerzes auch mit einiger Gelassenheit betrachten. Die Kirchengebäude können Sie uns nehmen – den Glauben, die Sakramente und den vorbergoglianischen Katechismus nicht.

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