Hl. Caecilia, bitte für uns!
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- 06. März 2017
Vor 50 Jahren, am 5. März 1967, unterzeichnete Papst Paul VI. ein von der damaligen hl. Ritenkongregation ausgearbeitetes Dokument über die Bedeutung der traditionellen Kirchenmusik „Musicam sacram“. Die praktische Bedeutung des Textes war gleich Null – der zwei Jahre später vom gleichen Papst angeordnete „Novus Ordo“ nahm keinerlei Rücksicht auf die überlieferte musikalische Gestalt der hl. Messe. Tatsächlich erklärte der Papst des Zwiespalts die überlieferte Kirchenmusik und damit sein eigenes Dokument selbst implizit für obsolet, als er in einer Predigt zur Einführung der neuen Liturgie einräumte: „Wir werden einen großen Teil jenes großartigen und unvergleichlichen künstlerischen und spirituellen Gebildes, der Gregorianik, verlieren.“ (Hier die ganze Ansprache).
Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – hat eine international zusammengesetzte Gruppe von 200 Kirchenmusikern jetzt den unseligen Jahrestag zum Anlaß genommen, eine in starke Worte gekleidete Stellungnahme zur Wiederanmeignung des musikalischen Erbes der Kirche vorzulegen. Der unter der etwas mißverständlichen Überschrift Cantate Domino canticum novum veröffentlichte Text enthält an zentraler Stelle eine ebenso klarsichtige wie kritische Betrachtung zum Ist-Zustand der Kirchenmusik zu Beginn des 3. Jahrtausends, die wir im folgenden stark gekürzt wiedergeben. Der vollständige Text, der auch einige gutgemeinte, wenn auch wenig aussichtsreiche Anregungen zur Überwindung des traurigen Zustandes enthält, ist unter anderem auf kath.net nachzulesen. Hier unsere Auszüge:
Im Lichte des so oft ausgedrückten Sensus ecclesiae können wir nicht umhin, über den gegenwärtigen Zustand der Kirchenmusik besorgt zu sein, der nichts weniger als katastrophal ist und bei dem Missbräuche im Bereich der liturgischen Musik nun fast eher die Regel als die Ausnahme sind. (...)
Wir wollen hier einige der Faktoren zusammenfassen, die zur gegenwärtigen beklagenswerten Lage der Kirchenmusik wie auch der Liturgie beitragen:
1. Es ist der Sinn für die „musikalische Gestalt der Liturgie“ verloren gegangen, welche bedeutet, dass die Musik ein untrennbarer Bestandteil des eigentlichen Wesens der Liturgie als öffentliche, formale, feierliche Gottesverehrung darstellt. Wir singen nicht bloß in der Messe, sondern wir singen die Messe. Von daher sollten – wie Musicam sacram selbst anmahnt – die Teile des Priesters in denjenigen Tönen gesungen werden, die im Messbuch angegeben sind, und die Antworten des Kirchenvolkes darauf dem entsprechend erfolgen. (...)
2. Dieser Verlust des liturgischen und theologischen Verständnisses geht Hand in Hand mit einer breiten Akzeptanz des Säkularismus. Die weltliche Popmusik hat zu einer Entheiligung der Liturgie beigetragen, während der Säkularismus des gewinnorientierten Kommerzes den örtlichen Pfarreien vermehrt die Einführung von mittelmäßigen Liedsammlungen auferlegt hat. Dies hat einen Anthropozentrismus in der Liturgie befördert, der ihr eigentliches Wesen zu untergraben droht. (...)
3. Es gibt Gruppen in der Kirche, die eine „Erneuerung“ vorantreiben, die nicht die Lehre der Kirche widerspiegelt, sondern eher ihrer eigenen Agenda, ihrer Weltsicht und ihren Interessen dient. Diese Gruppen haben Mitglieder in führenden Schlüsselpositionen, von wo aus sie ihre Pläne, ihre Vorstellung von Kultur und die Art und Weise in die Praxis umsetzen, wie wir uns mit aktuellen Problemen auseinandersetzen sollen. In einigen Ländern haben mächtige Lobbys zum De-facto-Austausch des Bestands an Kirchenmusik, der den Richtlinien des Zweiten Vatikanischen Konzils entsprach, durch ein minderwertiges Musikrepertoire beigetragen. Und so sind wir am Ende bei unserem derzeitigen sowohl musikalisch als auch textlich niedrigen Niveau einer neuen liturgischen Musik angelangt. (...)
Wir können die Menschen nicht in unser Haus, die Kirche, einladen, um ihnen ein Nebenprodukt von Popmusik und moderner Kunst anzubieten, wenn sie solche viel besser außerhalb der Kirche finden können. Die Liturgie ist ein limen, eine Schwelle, die uns erlaubt, aus unserem Alltagsleben zur Anbetung der Engel zu schreiten. (...)
4. Die(se) Geringschätzung des gregorianischen Chorals wie des traditionellen Musikrepertoires verweist auf ein viel größeres Problem, nämlich das der Geringschätzung der Tradition überhaupt. Sacrosanctum concilium lehrt, dass das musikalische und künstlerische Erbe der Kirche geachtet und wertgeschätzt werden soll, weil es die Verkörperung von Jahrhunderten der Anbetung und des Gebets sowie des höchsten Ausdrucks menschlicher Kreativität und Spiritualität ist. Es hat einmal eine Zeit gegeben, als die Kirche nicht jeder letzten Mode hinterherlief, sondern selbst Schöpferin und Vermittlerin von Kultur war. Der Mangel an Einsatz für die Tradition hat die Kirche auf einen unsicheren und verschlungenen Abweg gebracht. Die versuchte Trennung der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils von früheren Lehren der Kirche ist eine Sackgasse, und der einzige Weg, der daraus führt, ist die Hermeneutik der Kontinuität, die Papst Emeritus Benedikt XVI. befürwortet hat. (...)
5. Eine weitere Ursache für den Verfall der Kirchenmusik ist der Klerikalismus, der Missbrauch von Amt und Stellung der Kleriker. Ein in der großen Tradition liturgischer Musik schlecht ausgebildeter Klerus trifft weiterhin Personalentscheidungen und bestimmt Richtlinien, die gegen den wahren Geist der Liturgie und die in unserer Zeit immer wieder geforderte Erneuerung der Kirchenmusik verstoßen. (...)
6. Wir sehen auch das Problem der unzureichenden (manchmal ungerechten) Vergütung von Laienmusikern. Die Bedeutung der Kirchenmusik in der katholischen Liturgie erfordert auch, dass zumindest einige Mitglieder der Kirche an jedem Ort gut ausgebildet und dementsprechend ausgerüstet sind, um dem Volk Gottes in dieser Eigenschaft hingebungsvoll zu dienen. (...)
Dieser Bestandsaufnahme ist wenig hinzuzufügen. Die Überwindung oder auch nur Besserung des darin beschriebenen Zustandes in gesamtkirchlichem Maßstab ist allerdings nur vorstellbar, wenn die der Korruption des Säkularismus verfallenen Machzentralen der Kirche das völlige Scheitern der Liturgiereform Paul VI. wahrnehmen und entschlossene Maßnahmen zur Rückgewinnung einer Liturgie, die diesen Namen verdient, einleiten. Bis dahin kann der Aufruf nicht mehr sein als eine Stimme, die die zum Festhalten an der überlieferten Lehre und Liturgie der Kirche entschlossenen Gruppierungen in ihrer Haltung bekräftigt.