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Interrituelle Konzelebration in Presov

Bild: Screenshot aus dem verlinkten VideoWährend seiner Reise in die Slowakei zu Anfang der Woche amtierte Papst Franziskus am Dienstag in Presov als „Vorsteher“ bei einem feierlichen Hochamt in der Liturgie des hl. Chrysostomus nach dem byzantinischen Ritus. Auf die Anführungszeichen bei „Vorsteher“ wird noch zurückzukommen sein. An der Feier auf einer Sportanlage nahmen über 30 000 Angehörige der in Gemeinschaft mit dem römischen Stuhl stehenden griechisch-katholischen Kirche teil, die in der Slowakei etwa 200 000 Mitglieder hat – gegenüber an die 3,5 Millionen römische Katholiken. Eine immerhin über anderthalbstündige Videaufzeichnung der Zeremonien ist auf Youtube abrufbar. Ein größtenteils allerdings nur in Italienisch abgefasstes Missalette für die Messfeiern in Budapest (Novus Ordo) und in Presov (byzantinisch) steht bei Vatican News als PDF zum Download.

Eine Besonderheit an dieser Messfeier – zumindest für Westler mit liturgischen Interessen – liegt darin, daß die Liturgie auf einer für solche Großveranstaltung üblichen Freiluftbühne stattfand und daher ohne die in fast allen Kirchen der Byzantiner obligatorische Ikonostase auskommen mußte: Man konnte also auch einen Blick auf die Riten werfen, die sonst hinter den goldenen Toren verborgen sind – soweit die wenig liturgisch engagierte Bildregie und die Kürzungsschnitte das erlauben. Der Verzicht auf die Ikonostase war übrigens nicht vollständig: Die an den entsprechenden Stellen hoch über den Köpfen der Zelebranten aufgehängten Ikonen des Erlösers und der Gottesmutter und eine gewaltige Kreuzesdarstellung in der Mitte markierten die zentralen ikonographischen Elemente der Bilderwand bzw. Ihre Tore und gaben der Zeremonie zumindest eine Andeutung ihrer räumlichen Struktur.

Der Einzug der Zelebranten bot einen eindrucksvollen optischen Kontrast zwischen den mitzelebrierenden „römischen“ Bischöfen und den traditionell farbenfreudig gehaltenen Gewändern des „griechischen“ Klerus, der übrigens – relativ zur bescheidenen Größe seine Kirche – eine beeindruckende Zahl von Bischöfen und Kronenmitra tragenden Prälaten aufzubieten hatte. Nach dem Einzug nahmen Franziskus und seine Assistenten dann Platz auf einem hinter dem Altar erhöht aufgestellten Thron, während sich um den großen quadratischen Altar dann das heilige Schauspiel der göttlichen Liturgie entfaltete. Zelebrationsrichtung war der liturgische Osten, die Zelebranten standen also, wenn sie am Altar amtierten, „mit dem Rücken zum Volk“ aber Angesicht zu Angesicht nicht nur mit der Kreuzesdarstellung, sondern auch mit dem darunter platzierten Bischof von Rom.

Und hier ist auf die in der Einleitung platzierten Anführungszeichen um den „Vorstand“ bei der Liturgie zurückzukommen.<permalink>

Hier geht es weiter Die vatikanischen Pressemeldungen und sämtlich darauf gestützten Medienberichte sprachen davon, der Papst habe dieser Liturgie „vorgestanden“, und erweckten nach dem Wortgebrauch der reformierten Liturgie damit den Eindruck, der Papst sei der Zelebrant dieser Messe gewesen. Das war jedoch hier nicht der Fall, Hauptzelebrant war definitiv Metropolit Babjak. Andererseits war Franziskus auch nicht bloßer Mitfeiernder, sondern tatsächlich auch Mitzelebrant, der durch die Übernahme einiger laut in lateinischer Sprache vorgetragenen Gebetsformeln, durch mehrere Segenshandlungen und vor allem durch das stille Mitbeten der Anaphora in die Liturgie einbezogen war. Und daß er zumindest den „Ehrenvorsitz“ innehatte, war schon durch die Platzierung seines Thrones nicht zu übersehen. Die auf der Altarbühne anwesenden konzelebrierenden Würdenträger des byzantinischen (links) und des lateinischen Ritus (rechts) beteten ebenfalls die Anaphora still mit, den Lateinern stand dazu mit dem oben verlinkten Missalette eine Vorlage in italienischer Sprache zur Verfügung.

Einem unserer Leser, der sich mit den Riten des Ostens auskennt, verdanken wir den Hinweis, daß der Ablauf dieser ungewöhnlichen Liturgie im byzantinischen Ritus in Anwesenheit des lateinischen Bischofs von Rom keine für diesen speziellen Fall vorgenommene eigene Entwicklung war. Die Zelebration konnte sich auf eine Reihe genau für diesen Fall vorgesehenen Regelungen des kanonischen Rechtes für die Ostkirchen von 1990 (canon 700 und folgende) bzw. einer aus den 50er Jahren stammenden Sammlung liturgischer Vorschriften (Hieratikon) stützen, die seinerzeit in Rom in Zusammenarbeit mit den östlichen Patriarchaten erarbeitet worden war. Das kanonische Recht gibt den rechtlichen Rahmen: Interituelle Konzelebration ist möglich, bedarf aber der Erlaubnis des Bischofs. Vermischung der Riten ist zu vermeiden, die Ordnung der Liturgie folgt dem Ritus des Hauptzelebranten, aber alle Konzelebranten tragen die für ihren Ritus vorgesehenen Paramente. Das Hieratikon regelt dann die rubrizistischen Einzelheiten zumindest für den quasi den Ehrenvorsitz innehabenden Gast-Bischof: Wann sitzt oder steht er am Thron, wann begibt er sich vor den Altar, welche Gebetsformeln spricht er laut, welche Haltung nimmt er bei Wandlung und Epiklese ein...

In einigen Elementen erinnert diese Ordnung an die traditionellen Regeln für die „Heilige Messe in Anwesenheit eines Bischofs“, die im überlieferten Ritus breit ausgearbeitet waren und von denen heute noch die die Form mit dem Bischof „in choro“ des öfteren zusehen ist (oder zumindest bis zum Erlaß von Traditionis Custodes zu sehen war), wenn ein der alten Liturgie unkundiger Bischof offiziell an einer alten Messe teilnehmen möchte, ohne sie selbst zu zelebrieren. In der römischen Tradition war der „assistierende Bischof“, wie er auch genannt wurde, allerdings nie Mitzelebrant. Bekanntlich kennt die überlieferte Liturgie seit über tausend Jahren – vom Sonderfall der Priesterweihe abgesehen - keine Konzelebration. In den Ostriten war sie immer möglich, war im allgemeinen aber auf die um den Altar versammelten Amtsbrüder und Mitarbeiter des zelebrierenden Bischofs beschränkt. In Presov waren das in jedem Fall die auf der Altarbühne versammelten Prälaten – ob und wieweit auch die in byzantinsche Messgewänder gekleideten Priester im Block vor der Altarbühne konzelebrierten, war nicht auszumachen.

Abschließend noch zwei Bemerkungen, die eher am Rande mit dem Thema der inter-rituellen Papstmesse zusammenhängen: Der Melodienvorrat der Zelebration in Presov erschien unseren wenig kompetenten Ohren stark eingeschränkt gegenüber dem, was man in anderen Ostliturgien zu hören bekommen kann. Wir können freilich nicht beurteilen, ob da die Auswirkungen einer „Reform“ hörbar wurden, oder ob man die Liturgie mit Rücksicht auf den hochbetagten Ehrenteilnehmer gestrafft hatte.

Die zweite betrifft die Berichterstattung über den Tag von Presov im bischöflichen Internetportal katholisch.de. Im Zentrum standen dort die Besuche des Papstes in einer Siedlung mit 4000 Angehörigender Roma Minderheit. Für den Gottesdienst im ostkitchlichen Ritus“ gab es gerade mal 5 Zeilen, ergänzt um 9 weitere inhaltsarme Zeilen mit Stichworten aus der Papstpredigt. 

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