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Eine Kirche ohne Sakramente?

Bild: Wikimedia CommonsIn diesem und im kommenden Jahr wird es für die Diözese Münster keine Priesterweihe geben. Zum erstenmal in seiner 1200 jährigen Geschichte hat das westfälische Bistum keine eigenen Berufungen hervorgebracht. Ob und inwieweit sich das in den kommenden Jahren zum Besseren verändert, ist ungewiss: das Priesterseminar ist ausgetrocknet, nicht nur den Zahlen nach, noch mehr nach dem Geist. Sicher ist nur, daß der Klerus der Diözese bereits heute stark überaltert ist und die Zahl der aktiven Priester in den nächsten Jahren stark zurückgehen wird – bis ins Jahr 2030 auf bestenfalls 300 unter 75-jährige, von denen nur ein kleinerer Teil unter 60 Jahre alt ist. 

Das einst als eine der Säulen der Kirche in Deutschland geltende Bistum Münster wurde 805 vom hl. Liudger gegründet, dessen Gedenktag in der Stadt auch heute noch alljährlich mit mehr Rummel als Frömmigkeit gefeiert wird. Liudger selbst hatte als Kind seinerzeit noch den großen Apostel der Deutschen, den heiligen Bonifatius, kennengelernt, kurz bevor dieser bei seiner letzten Missionsreise zu den Friesen 754 erschlagen wurde. So nahe den Anfängen sind in Deutschland nur wenige Orte.

Bonifatius kam bekanntlich aus Irland, wo das Christentum seit spätrömischen Zeiten Fuß gefaßt und die „Grüne Insel“ zu einem der leuchtendsten Sterne der frühmittelalterlichen Glaubenswelt gemacht hatte. Heute sieht es dort ebenso finster aus wie in Münster – 2020 wurde auf der ganzen Insel mit 22 Diözesen nur noch 1 Priester geweiht; für das vergangene Jahr gibt es merkwürdigerweise noch keine Zahl. Dafür gibt es eine andere Angabe: Seit 2019 hat sich die Zahl der Priester durch „natürlichen Abgang“ bereits um 20% verringert, und die Prognosen sind schlecht: Etwa die Hälfte der noch amtierenden Priester ist über 70 Jahre alt…

In Frankreich hat zum Jahresende die Abtei von Charles des Foucauld (1858 – Martyrium in Nordafrika 1916), dessen Heiligsprechungfür diesen Mai geplant ist, ihre Auflösung bekannt gegeben – die letzten Mönche gehen ins Altersheim.

Man könnte die Auflistung des Verfalls seitenlang fortsetzen, und allmählich dämmert es auch den Bischöfen: Was sie vor einigen Jahren oder Jahrzehnten als zumindest dem äußeren Anschein nach imposantes Gebäude übernommen haben - man werfe nur einen Blick auf das Gehäuse des münsteraner Priesterseminars Borromaeum -  ist rundum vom Zusamenbruch bedroht. Hier geht es weiter Münsters Nachbar Overbeck von Essen, der im vergangenen Jahr immerhin 1 Priester für sein Bistum neu weihen konnte, hat es in seinem Wort zum neuen Jahr deutlich genug ausgesprochen: Die sakramentale Struktur der Kirche steht vor der Auflösung. Umso wichtiger, so seine Folgerung, sei es, neue Strukturen aufzubauen, die verhindern, daß das was vom einst so imposanten Gebäude noch steht (und von dessen Bewirtschaftung eine Reihe Leute nicht schlecht leben) auch noch zusammenbricht.

Mit den „neuen Strukturen“ ist jedoch ganz offensichtlich nicht gemeint, die Bemühungen um Priesterberufungen zu verstärken und die vielfach zu Student*innen-Wohnheimen umfunktionierten Priesterseminare neu zu beleben. Davon zeugt die auf dem „Synodalen Weg“ angestoßene Debatte, ob es noch Priester braucht (); davon zeugt auch die immer offener selbst von Theologen vorgetragenen Überlegungen, auf Priester ganz zu verzichten – wie etwa kürzlich von Holger Adler SJ getwittert: „Christentum kann auch ohne Priester weiterleben – vielleicht sogar besser, als gedacht“. Davon zeugt nicht zuletzt das von Papst und Kurie erlassene Verbot zu Spendung von Sakramenten im überlieferten Ritus, mit dem die wenigen noch verbliebenen katholischen Gläubigen gezwungen werden sollen, die in ihrer Gültigkeit nicht in jedem Fall über Zweifel erhabenen Praxis der Sakramentenspendung im neuen Ritus zu akzeptieren. Wie es aussieht, sind auch Papst und Kurie eher bereit, den Verlust der Sakramente in Kauf zu nehmen, als von ihren überzogenen und durch nichts zu rechtfertigenden Machtansprüchen abzulassen.

Hier Widerstand zu leisten ist Gewissenspflicht. Selbst eine unter Beachtung aller in den Büchern Pauls VI. festgelegten Vorgaben – und damit gültig – durchgeführte Spendung von Sakramenten nach dem Novus Ordo durch Priester der Ex-Ecclesia-Dei-Gemeinschaften kann im gläubigen Volk die irrige Ansicht stärken und verbreiten, diese „neue Form“ der Sakramente sei unbedenklich – was sie wegen der in ihrer Struktur und der konzilsgeistigen Pseudo-Ekklesiologie angelegten Möglichkeit zu Mißbräuchen und fehlerhaften Implementierungen ganz und gar nicht ist. Die Gläubigen haben daher das Recht, darauf zu bestehen, die Sakramente in der überlieferten Form zu empfangen, und die Priester von Ex-ED sind verpflichtet, diesem Verlangen nachzukommen.

Sie müssen das ja nicht in jedem Fall demonstrativ an die große Glocke hängen und damit ohne Not einen Konflikt mit dem zuständigen Bischof auslösen. Beichte und letzte Ölung sind ohnehin durch ihren exklusiv privaten und persönlichen Charakter geschützt; Taufe und Eheschließung müssen nicht so in aller Öffentlichkeit erfolgen, wie das bisher aus mehr oder weniger guten Gründen üblich war. Trotzdem wird es sich gerade hier wohl auf Dauer kaum vermeiden lassen, daß Bischöfe, die der überlieferten Liturgie offen feindlich gesinnt sind, das Verbot der Administration von Taufen und Eheschließungen nach dem überlieferten Ritus durchsetzen wollen und die „ungehorsamen“ Priester oder Gemeinschaften sanktionieren – bis hin zur Austreibung aus der Diözese oder der Untersagung aller priesterlichen Funktionen.

Solche Maßnahmen müssen trotz aller Unterstützung durch Rom als rechtswidrig und unwirksam gelten; sie können keinen Priester und auch keinen Gläubigen im Gewissen binden. Die bischöfliche und päpstliche Amtsgewalt und Leitungsvollmacht ist kein Geschenk an die Amtsträger zur Befriedigung persönlicher liturgischer Vorlieben oder ganz gewöhnlicher Machtgelüste. Sie dienen allein dem Ziel, das Heil der Seelen durch Verkündigung der Lehre und Spendung der Sakramente, die der Herr seiner Kirche anvertraut hat, zu fördern. Heute verbieten zu wollen, was bis gestern das Höchste und Heiligste war, ist damit unvereinbar. Der drohende Zusammenruch der „sakramentalen Struktur“ und der Amtsautorität von Papst und Bischöfen sind unübersehrbare Signal dafü, daß der hier seit Jahrzehnten beschrittene Weg ein Irrweg ist.

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