Es geht um die Zukunft der Tradition
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- 16. Januar 2023
Wenn wir annehmen, daß die aus Rom gerüchteweise bekannt gewordenen neuen Vorschriften zum (Nicht-)Gebrauch des überlieferten Messbuchs tatsächlich Gesetz werden – und das erscheint uns sehr wahrscheinlich, weil sie eine logische Fortsetzung der bisherigen Linie des Roche-Grillo-Bergoglio Kurses darstellen – versucht Franziskus, die Uhr auf das Jahr 1969 zurückzustellen. Anders als bei Humanae Vitae sieht er sich hier als treuen Testamentsvollstrecker von Paul VI. Ja, sogar noch strenger als dieser, der sich immerhin das Agatha-Christie-Indult abringen ließ. Damit soll jetzt Schluss sein. Alle Erleichterungen, Dispense und Indulte zur überlieferten Liturgie sollen aufgehoben werden. Künftig soll nur noch die reformierte Liturgie erlaubt sein; Ausnahmen davon gäbe es nur für gelegentliche Messfeiern, die strengsten zeitlich und örtlichen Beschränkungen unterworfen würden. Zeitliche Beschränkung heißt, daß nicht nur die kontinuierliche Zelebration an aufeinanderfolgenden Sonntagen untersagt würde, sondern selbst diese höchst eingeschränkte Möglichkeit nur für eine Übergangszeit von vielleicht 3 oder 5 Jahren legal sein soll. Danach, so die Hoffnung der Bergoglianer, soll die überlieferte Liturgie (und mit ihr ein entscheidender Anker für das Festhalten an der überlieferte Lehre) in der reformierten Synodalkirche keinen Platz mehr haben.
Der böse Wille, die Brutalität und auch die Anmaßung hinter diesen Plänen sind nicht zu übersehen. Auch dann nicht, wenn die Crew von der liturgischen Zwangsverwaltung Liturgie und Gottesdienst noch davor zurückschreckt, das zu unternehmen, was selbst in ihren Augen kaum möglich ist: Die Liturgie der Kirche von 1500 Jahren rundum zu verbieten und für abgeschafft zu erklären.
Vorerst versuchen sie es damit, sie aus dem praktischen Leben der Kirche zu eliminieren. Stellt sich die Frage nach den Erfolgsaussichten – und das ganz unabhängig davon, wie lange noch Bergoglio und sein Kreis in Rom regieren und wen das in absehbarer Zeit zu erwartende Konklave zum Nachfolger des Despoten bestimmen wird. Die überlieferte Lehre und Liturgie der Kirche hat auch außerhalb Roms viele Feinde, wie Papst Benedikt zu seinem Leidwesen erfahren mußte.
Die Chancen dafür, daß sie die Uhr tatsächlich auf die 60er Jahre zurückstellen können, stehen dennoch nicht gut, und das hauptsächlich aus zwei Gründen.
1) Die Voraussetzungen und Ideen, von denen Papst Paul VI. seinerzeit beim Oktroi des nicht „erneuerten“, sondern revolutionierten Missales ausgehen zu können glaubte, sind in den vergangenen 55 Jahren fast ausnahmslos entfallen, gescheitert und widerlegt worden. Außerdem ist immer offensichtlicher geworden, daß dieses Missale eben nicht die „Messe des Konzils“ ist, sondern die Messe des Consiliums von Hannibal 'dem Zerstörer' Bugnini. Wollte man die in „Sacrosanctum Concilium“ in Abschnitt 23 klar ausgesprochene Bedingung, daß die liturgischen Reformen einen „wirklichen und sicher zu erhoffenden Nutzen“ für die Kirche bringen müßten, aus der Rückschau zum Maßstab einer Revision machen, wären die Bugnini-Reformen auf der Stelle zu 90% oder mehr zurücknehmen.
2) Die glaubens- sowie papsttreuen Katholiken der 20er Jahre dieses Jahrhunderts sind nicht mehr die frommen Schafe der Mitte des 20. Jahrhunderts (denen hier nichts Böses nachgesagt werden soll) sondern zunehmend Menschen, die unter Schmerzen ihre Lektion gelernt haben: Glaubens- und papsttreu gehen nicht mehr automatisch zusammen, sondern wo Theologen und Priester, Bischöfe und sogar der Papst selbst schwere Zweifel daran aufkommen lassen, daß sie den apostolischen Glauben, den die Kirche immer und überall gelehrt hat, weitergeben wollen, müssen die Gläubigen selbst für die Bewahrung und Weitergabe dieses Glaubens eintreten. Und wenn sie damit in einen Gegensatz zu Priestern, Bischöfen und dem Papst getrieben werden, dann müssen – und können – die Christusgläubigen des 21. Jh. das aushalten und ausfechten.
Wo schon der gebildete und ernsthafte Paul VI. damit gescheitert ist, das von Bugnini vorgelegte „platte Produkt des Augenblicks“ (Joseph Kardinal Ratzinger 1989 in der Gedenkschrift für den verstorbenen Liturgiewissenschaftler Klaus Gamber) als alleinige Form des Gottesdienstes in der Kirche des Herrn durchzusetzen, hat sein theologisch unbedarfter und charakterlich desaströser Nachfolger Franziskus nicht die geringste Chance. Auch nicht mit der Androhung, Widersetzliche durch Exkommunikation oder Laiisierung aus der Kirche hinauszudrängen: Die Kirche Christi ist nicht da, wo zeitgenössische Modernisten das Szepter schwingen, sondern da, wo die Gläubigen ihre Liebe zu Christus damit zum Ausdruck bringen, daß sie seine Gebote halten (vergl. Johannes 14, 21). Und falls die Jesuiten und ihr Bergoglio die Peterskirche zum Tempel aller Götter aller Völker machen (Pachamama markiert nicht den einzigen Schritt auf diesem Wege), wird das Gedächtnis und der wahre Nachfolger des hl. Petrus in einer anderen Kirche Roms seinen würdigen Platz finden. Und in vielen anderen Kirchen urbe et orbe auch.
Für die Gläubigen, die an der überlieferten Lehre und Liturgie der Kirche festhalten wollen, stellt sich damit für die nächste Zeit vor allem die höchst praktische Aufgabe, die Voraussetzungen zu schaffen, daß dazu bereite Priester die Messe auch gegen offenkundig unrechtmäßige Anordnungen von Papst oder Bischof feiern und daß möglichst viele Katholiken an diesen Feiern teilnehmen können. Natürlich geht das auch mit Notlösungen wie bereits in den 70er Jahren – sofern die Anmietung von Sälen nicht durch Antifa, Jusos und andere auf Vernichtung jeder Vergangenheit ausgerichtete Gruppen mit behördlicher Duldung behindert werden kann. Auch von dieser Front ist verstärkter Gegenwind zu erwarten, wer nicht in jeder Hinsicht mit den Wölfen heult, muß mit schweren Zeiten rechnen. Das war in der Frühzeit der Kirche nicht anders, das war unter dem Marxismus-Leninismus nicht anders, das ist unter dessen heutigen Nachfahren und unter islamischer Vorherrschaft ebenso (hier aktuelle Fakten).
Demgegenüber haben wir in Europa noch relativ viel Luft, um uns für die Erhaltung der überlieferten Lehre und Liturgie einzusetzen. Nicht nur in vor sich hinstaubenden Büchern, sondern in Glaubens- und Lebenspraxis wachstumsstarker Gemeinden. Längerfristig wird das nur mit eigenen Liegenschaften erfolgreich sein, und zwar nicht mit irgendwelchen vielleicht ererbten und notdürftig umgebauten Wohnhäusern oder Werkstatt-Hallen, sondern mit Kirchengebäuden, deren Stil und Ausstattung der Würde dessen, was darin stattfinden soll, angemessen ist. Das ist nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der Verbreitung des wahren Glaubens von großer Bedeutung: Der Mensch ist nun mal ein Augenwesen, und wenn auch die Geheimnisse des Mess- und Erlösungsopfers nie voll auszuschöpfen sind, so erleichtert die äußere Form von Liturgie und Kirchenraum doch den Zugang zu der Erkenntnis, daß hier Geheimnisse zelebriert werden, denen sich anzunähern lohnend ist.
Noch versuchen die Diözesen – die nach den einschneidenden Gemeindereduzierungen über einen Berg unbenutzter Gotteshäuser verfügen – mit allen Kräften zu verhindern, daß solche Kirchen in die Hände der katholischen Tradition fallen. Dieses Embargo wird sich nicht nur aus finanziellen Gründen auf Dauer nicht aufrecht erhalten lassen – auch der Denkmalschutz und Bürgerproteste stehen einer an Maximalprofiten orientierten Umnutzung von Kirchen oder kirchlichen Immobilien im Wege. Selbst in den in dieser Hinsicht sagen wir mal flexibleren USA hat es beträchtliches Aufsehen erregt, daß die Diözese Buffalo unter Bischof Michael Fisher die unweit des Stadtzentrums (2 km) gelegene historische St. Ann-Church im vergangenen Jahr an die „Halbmond von Buffalo Holding“ veräußerte, die darin ein islamisches Gemeindezentrum samt Moschee einrichten will. Schnäppchenpreis für Kirche, Schule, früheres Pfarrhaus und ehemaligen Nonnenkonvent: 250 000 $. Dazu kommt nach Angaben des Käufers ein Instandsetzungsbedarf von 2,5 Millionen.(Quelle). Wollen deutsche Bistumsverwalter wirklich auf Dauer demonstrieren, daß ihnen die christenverfolgende Staats- und Lebenslehre Mohammeds inzwischen näher steht als der eigene Weg in der Tradition?
Ein ebenso hochrangiger Bereich praktischer Aufgaben besteht darin, den Zusammenhalt von Gemeinden, den Katechismus- und Kommunionunterricht, sowie die angemessene Katechese zur Spendung der Sakramente sicherzustellen. Genau diesen Bereich versucht bereits Traditionis Custodes zu zerstören – die zu erwartenden Verschärfungen werden das intensivieren. Gemeindebildung in jeder Form – von der sonntäglichen Fahrgemeinschaft bis zur Organisation von privatem Religionsunterricht für die Kinder außerhalb der zunehmend ideologisierten Staatsschulen, von Feriengestaltung in katholischem Umfeld oder materieller Unterstützung „gecancelter“ Priester oder Gemeindemitglieder – all das gewinnt höchste Priorität, sogar noch vor dem Erwerb „richtiger“ Kirchen.
Die von Rod Dreher vor fünf Jahren mit seiner Benedikt-Option angefachte Diskussion über die Errichtung dafür geeigneter Strukturen ist in Deutschland nach kurzem Aufflackern wieder eingeschlafen – vermutlich, weil Drehers Überlegungen naturgemäß stark auf die nordamerikanischen Rahmenbedingen abgestellt waren, die sich von den mitteleuropäischen doch stärker unterscheiden, als vielen bewusst ist.
Ein weiteres Aufgabenfeld betrifft weniger die praktischen als die spirituellen und psychischen Voraussetzungen des Lebens als Katholik in Deutschland 2023. Gehorsam bis hin zur Unterwerfung gegenüber Papst und Bischöfen ist für glaubenstreue Katholiken quasi im Erbgut verankert. Dieser „Gehorsam“ wird seit Paul VI. systematisch von den Katholiken eingefordert, die sich der Entchristlichung der Kirche widersetzen, während die Kräfte, die diese Entchristlichung betreiben, freie Hand hatten und haben. Gerade in den Jahren anschwellender Dissidenz bei Gemeindepfarrern und „Hauptamtlichen“ sowie im Episkopat wurde dieser Gehorsam in traditionsorientierten Kreisen vielfach als ein wesentliches Merkmal der katholischen Identität empfunden und gelebt – ähnlich wie „Freitags Fisch“.
Hier - und nicht beim Fisch - ist, so schmerzlich das für viele sein mag, ein Um- und Weiterdenken angesagt. Die selbstverständliche (und daher selten ausgesprochene) Voraussetzung dieser Pflicht zur Treue und Gehorsam gegenüber der heiligen Herrschaft der Hierarchie ist natürlich kein Selbstzweck, sondern beruht auf der Gewissheit, in dieser Hierarchie den Abglanz Christi sehen und die Stimme der Apostel hören zu können. Diese Gewissheit wurde in den vergangenen Jahrzehnten von der in Mitteleuropa tonangebenden Spielart moderner Theologie systematisch unterhöhlt und von den dementsprechend ausgebildeten und agierenden Hierarchien dementiert. Das Pontifikat von Franziskus bildet seit nunmehr fast einem Jahrzehnt einen gewissen Abschluß dieser verhängnisvollen Entwicklung: Ein Papst, der selbst der überlieferten Lehre an vielen Stellen in Worten oder Gesten den Gehorsam verweigert, wird zur komischen Figur, wenn er für seine lehr- und rechtswidrigen Befehle Gehorsam verlangt
Bei den Beisetzungsfeierlichkeiten für Papst Benedikt in Rom war eindrucksvoll zu sehen, daß es zahlreiche größtenteils jüngere bis sehr junge Priester und viele Gläubige aller Altersgruppen gibt, die dieses blasphemische Spiel nicht mehr mitspielen wollen. Die Zukunft der Kirche ist gesichert – und sie liegt nicht im Palast von Santa Martha.
Hl. Athanasius, bitte für uns.