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Kleine Zeitreise in Lyon

Screenshot aus dem genannten VideoGestern berichteten wir von der Erlaubnis für einige Apostolate der Petrusbruderschaft, die Karwochenliturgie nach der Liturgie vor dem Beginn der Reformen 1951 zu feiern. Gleichzeitig erfahren wir auf New Liturgical Movement, daß die Petrusbruderschaft in Lyon regelmäßig die hl. Messe im alten Ritus von Lyon zelebiert. Derzeit nur in der Form der stillen Messe, eine Ausweitung auf die Form des gesungenen Amtes ist geplant. Ein kurzes Video vom Ablauf um das Pater Noster - dem wir auch die Abbildung entnehmen - gibt einen Eindruck von einigen Besonderheiten dieses Ritus.

Bei der Stillen Messe und wohl auch beim gesungen Amt kommen die Besonderheiten der Liturgie von Lyon freilich nur in geringem Maße zum Ausdruck. Lyon war der Primatialsitz Galliens lange bevor es ein Frankenreich gab, seine Gründung geht bis ins 2. Jahrhundert zurück. Die Liturgie wurde dort außerordentlich aufwendig gefeiert und hat trotz weitgehender Angleichung des Missales an das römische in Einzelriten und -zeremonien viele Eigenarten bewahrt.

Den Einzug zum feierlichen Pontifikalamt beschreibt Archdale King so:

  • Zuerst sieben Akolythen in roter Soutane mit Schleppe und Albe als Kerzenträger,
  • Träger des Vortragekreuzes und die Dienste für Mitra und Bischofsstab in Rauchmänteln
  • Sieben Subdiakone in Tunika, von denen einer das erbischöfliche Kreuz trägt,
  • Sieben Diakone in Dalmatik, von denen einer den Bischofsstab trägt,
  • Sechs konzelebrierende Priester in Kasel,
  • Dann der erzbischöfliche Zelebrant selbst, begleitet von zwei Priestern im Rauchmantel als Dienste des Gremials (=reich geschmücktes Tuch, auf dem der Bischof während er auf dem Thron sitzt die Hände ablegt)
  • Der Schleppenträger des Erzbischofs und danach vier Träger der bischöflichen Insignien Buch, Mitra, Maniple und Bugia (=Leuchter)

Ein Artikel auf New Liturgical Movement von 2010 enthält Illustrationen, die einen Eindruck von der Choreographie geben, in der sich dieser Hofstaat im Altarraum bewegte. Alles in allem kann dieser Eindruck kaum weniger großartig gewesen sein als der eines päpstlichen Hochamtes - durchaus angemessen für das Selbstverständnis des Primas der "ältesten Tochter der Kirche". Ein Film aus dem Jahr 1954 zeigt einige wenige Momente aus einem nach diesem Ritus gefeierten Pontifikalamt.

Trotz dieser großen Unterschiede zur Form der Messfeier in Rom oder anderswo bleibt es zweifelhaft, ob es sich dabei wirklich um einen eigenen Ritus oder nur einen lokalen Usus handelt. Das Kernstück des römischen Ritus, der Canon Romanus, war bei all diesen Lokal- und Ordensriten stets der gleiche - von minimalen Varianten in der Wortstellung oder in den Heiligenlisten einmal abgesehen. Die Unterschiede betreffen die Gesten und teilweise auch den Zeitpunkt, zu dem bestimmte Aktionen (z.B. die Bereitung der Opfergaben) vorgenommen wurden, und dann, wie am Pontifikalamt von Lyon besonders deutlich, das äußere Zeremoniell, das offenbar in großer Freiheit gestaltet werden konnte - solange es sich dabei auf Traditionen aus unvordenklicher Zeit stützen konnte.

Jedenfalls ist es höchst erfreulich, daß die Petrusbruderschaft von Lyon diesen ehrwürdigen Usus vor der Vergessenheit bewahrt - auch wenn es schwer vorstellbar ist, daß auch wieder einmal ein Pontifikalamt in dieser Form zelebriert werden könnte.

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