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Mehr zu den „neuen Präfationen“

Bild: Irish News, Margaret McLaughlinDie durch Dekret der Glaubenskongregation neu zugelassenen Präfationen erweitern das bislang gültige Missale von 1962, ohne zu ihrer Verwendung zu verpflichten. Positiv zu werten ist dabei die Tatsache der Weiterentwicklung als solche – der überlieferte Ritus lebt, und allein diese Tatsache hat im Kreis derer, die die überlieferte Lehre und Liturgie abschaffen wollen, große Verärgerung ausgelöst. Auch die Optionalität der Neuregelungen ist prinzipiell positiv zu sehen – wenn auch eingeräumt werden muß, daß die übertriebene Einführung von Optionsmöglichkeiten im Novus Ordo dazu geführt hat, einerseits die Einheit des Ritus aufs Spiel zu setzen und andererseits die theologisch und liturgisch anspruchslosesten Varianten dominierend werden zu lassen. Das Optionsprinzip selbst ist jedoch auch der Tradition nicht fremd, wie etwa an der Möglichkeit von Votivmessen zu sehen ist.

Ebenfalls positiv zu werten ist die Tatsache, daß die „neuen“ Präfationen, auch wenn sie als Übernahmen aus dem neuen Missale von 1969 deklariert werden, (mit zwei Ausnahmen) keine Neuschöpfungen sind, sondern mit einer geringfügigen Textvariante so bereits im neo-gallikanischen Missale von Paris 1738 enthalten waren. Eine weitere (Zu den Festen der Engel) geht auf das altehrwürdige Sakramentar von Verona zurück. Lediglich die für die Märtyrerfeste fällt aus dem Rahmen. Sie besteht zwar aus „Textbausteinen“ aus der Überlieferung, ist als solche jedoch eine Neuschöpfung von 1969. Die vier Präfationen aus der neo-gallikanischen Tradition waren auch bisher schon im Rahmen eines Indults für französische und belgische Gemeinden zugelassen, drei davon wurden auch von Priestern der Piusbruderschaft verwandt. Von daher sind die „neuen“ Präfationen also auch tief in der Tradition verwurzelt und können zudem auf tatsächliche Verwendung im Kreis der traditionsorientierten Gemeinden verweisen. Insoweit sind also die wesentlichen Voraussetzungen für eine „organische Entwicklung“ zweifellos erfüllt.

Interessant ist weiterhin der Umstand, daß das Dekret der Glaubenskongregation sich (zunächst?) darauf beschränkt hat, neue Präfationen für Feste der Heiligen und zu besonderen Anlässen zuzulassen. Der vielfach erwartete und wohl auch erhoffte Eingriff in den Präfationsbestand des Temporalkreises ist ausgeblieben – obwohl dazu eine Präfation für den Advent zur Verfügung gestanden hätte, die ebenfalls bei frankophonen Gemeinden bereits im praktischen Gebrauch ist.

Die Präfationen des römischen Ritus bestehen traditionell aus zwei Teilen: Einem Basiselement, das im Wesentlichen mit der gewöhnlichen Präfation übereinstimmt, und einem Embolismus, also einem Einschub in das (fallweise leicht modifizierte) Basiselement, der mehr oder weniger ausführlich auf das Festgeheimnis eingeht. Diese Grundstruktur ist auch bei den Präfationen des NO erhalten geblieben, wobei allerdings der Schlussteil mit der feierlichen Doxologie „Per quem majestatem tuam laudant angeli...“ teilweise stark reduziert worden ist. Trotzdem läßt sich auch hier ein Embolismus eindeutig identifizieren – und nur dessen Übernahme ist nach dem neuen Dekret, wenn wir es richtig verstanden haben, zulässig. Im übrigen bleibt die traditionelle Grundstruktur erhalten.

Als Beispiel sei hier die „neugeschaffene“ Praefatio de sanctis martyribus angeführt - nicht zuletzt auch deshalb, weil sie ein gutes  Beispiel dafür bietet, daß neu nicht immer besser ist. Hier lautet der Embolismus und der doxologische Schluß vor dem Sanctus folgendermaßen:

Quoniam beati martyris N. pro confessione nominis tui,
ad imitationem Christi,
sanguis effusus tua mirabilia manifestat,
quibus perficis in fragilitate virtutem,
et vires infirmas ad testimonium roboras,
per Christum Dominum nostrum.
Et ideo, cum caelorum Virtutibus,
in terris te iugiter celebramus,
majestati tuæ sine fine clamantes:

Versuchsweise - der Gedankengang erscheint nicht wirklich klassisch schlicht - einmal übersetzt als: Denn das Blut des Seligen Märtyrers N, das für das Bekenntnis Deines Namens und in Nachahmung Christi vergossen worden ist, offenbart deine Wundertaten, durch die du zum Zeugnis für Dich die Tugend in ihrer Zerbrechlichkeit vollendest und die schwachen Kräfte stärkst durch Christus, unseren Herrn. Und so preisen wir auf Erden Dich gemeinsam mit den himmlischen Kräften und singen ohne Ende vor Deiner Herrlichkeit. 

Es ist wohl kaum anzunehmen, daß diese Präfation bei Priestern und Gemeinden der überlieferten Liturgie großen Anklang finden wird - obwohl der Verzicht auf eine eigene Präfation für Märtyrerfeste durchaus als schmerzliche Lücke empfunden werden kann.

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