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Mehr als eine Gefahr - ein Angriff

Die Kollegen von ‚Messa in Latino', die nicht nur naher an der römischen Gerüchteküche sind als wir, sondern manchmal gerade als ein Teil davon erscheinen, haben zusammengetragen, was sie über die Hintergründe der Befragungsaktion zu Summorum Pontificum erfahren konnten – und das gibt kein schönes Bild. Der Vorgang ist zwar bei der Glaubenskongregation angesiedelt und die Dokumente tragen die Unterschrift ihres Präfekten Ladaria S.J. - aber die „Sektion IV" der Kongregation, die die Mitarbeiter und Kompetenzen der früheren Kommission Ecclesia Dei übernommen hat, war allem Anscheinend nach mit der Sache in keiner Weise befaßt und hat wohl erst nach deren Abschluß davon erfahren. Wer wirklich dahinter steckt bleibt vorerst unklar – wie so vieles in diesem Pontifikat.

Die in solchen Fällen gerne anonym zitierten „Beobachter" und „informierten Kreise" gehen allerdings davon aus, daß der Aufruf von Andrea Grillo zur Beendigung des liturgischen Ausnahmezustandes – als solchen betrachten er und seine Umgebung die Existenz zweier Formen des römischen Ritus – wesentlich dazu beigetragen haben dürfte. Jedenfalls hat Grillo auf seiner Facebook-Seite die Umfrage sogleich nach deren öffentlichem Bekanntwerden (bei Rorate Caeli in den USA!) begeistert begrüßt: „Bedeutet das das Ende der Ausnahmezustandes? Nun müssen Theologen und Liturgiker sich im Detail mit dessen üblen Erscheinungen befassen. Eine wirklich wertvolle Aufgabe." Die „informierten Kreise" rechnen zwar nicht direkt mit einer Aufhebung des Motu Proprio, sondern erwarten eher einen länger hingezogenen Prozeß zu dessen Unterminierung und schließlichen Überwindung. Das würde jedenfalls gut zu der „Zeit ist größer als Raum"-Strategie von Franziskus passen, der bisher stets davor zurückgeschreckt ist, Bestehendes mit lautem Lärm abzuschaffen oder umzustürzen und sich damit zufrieden gibt, die Grundlagen des Bestehenden zu untergraben und schutzlos den Attacken seiner Gegner auszusetzen.

Zusammen mit den Bestrebungen, den Ortsbischöfen mehr Entscheidungsvollmacht über die Liturgie in ihren Bistümern zuzusprechen, könnte diese Entwicklung bereits mittelfristig dazu führen, den Status der überlieferten Liturgie auf den des Motu Proprio „Ecclesia Dei afflicta" von 1988 – oder sogar noch weiter – zurückzuwerfen. Nicht, daß das für die Praxis in den meisten mitteleuropäischen Bistümern einen großen Unterschied machen würde. In den USA und anderen englischsprachigen Ländern schon eher, und zweifellos würden dadurch die Aktionsmöglichkeiten der traditionsorientierten Gemeinschaften wie der Petrusbruderschaft oder des Instituts Christus-König überall noch weiter eingeschränkt. Eine schlechte, wenn auch nicht gänzlich überraschende „Belohnung" dieser Gemeinschaften für ihr eher zurückhaltendes Auftreten in den letzten Jahrzehnten.

Warum dieser Angriff – denn ein solcher scheint tatsächlich bevorzustehen – gerade zum jetzigen Zeitpunkt erfolgt, ist schwer zu ergründen. Es ist ja nicht so, daß die „Amtskirchen" und Gemeinschaften die sich rückhaltlos der „erneuerten Liturgie" des vergangenen Jahrhunderts verschrieben haben, vor Kraft kaum stehen könnten. Ganz im Gegenteil. Die Gläubigen sind in Massen davon gelaufen, Staat und Gesellschaft verachten sie. Die Reaktion der meisten Bischöfe und vieler Priester auf die Unterbindung der sakramentalen Grundvollzüge im Zeichen eines alle anderen Werte bestreitenden Säkularismus zeigt, daß die Schwäche der neuen Lehre und Liturgie und die dadurch hervorgerufene Lähmung inzwischen die Zentren des geistigen Lebens der Konzilskirche erreicht hat. Aber vielleicht ist es gerade diese offenkundig vor aller Augen liegende Schwäche eines Apparates, der sich seine Aufgabe und Zukunft nur noch als staatlicher Dienstleister vorstellen kann, die seine Nutznießer dazu anstachelt, jede Alternative aus dem Blickfeld zu schaffen.

Wir hatten die hier aufgeworfenen Fragen schon einmal vor vier Wochen angesprochen und waren zu dem sehr unvollständigen Ergebnis gekommen, die zunehmenden Angriffe gegen die kleine Schar derer, die an der Tradition der Kirche festhalten, seien „wohl Ausdruck der Wut und Enttäuschung darüber, daß die überlieferte Liturgie eben nicht „in der historischen Vergangenheit abgeschlossen" ist, sondern weiterlebt und weiterleben soll."  Und wir befürchteten weiter, die darauf gerichteten Aktionen offenbarten „den Willen einer anscheinend immer stärker werdenden Fraktion der Modernisten und Säkularisten in der Kirche, die Spaltung voranzutreiben." So ist es wohl. Papst Benedikts Versuch, den Bruch zwischen Vor- und Nachkonziliaren zu heilen oder zumindest zu überdecken, ist ihnen verhaßt. Sie wollen das Schisma – und sie beginnen ein teuflisches „Schwarzer-Peter"-Spiel, das den kleinen Rest der Glaubenstreuen ins Unrecht setzen und ihm die Schuld für die mit Macht betriebene Spaltung zuweisen soll.

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