Dominikaner-Liturgie II
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- 20. Januar 2017
Im Verlag der englischen Dominikaner in Oxford ist 1948 ein Ordinarium Missæ des Dominikanerordens herausgekommen, das seit längerem auch als PDF im Internet verfügbar ist. Es gibt den vollständigen Text für die überlieferte Ordensliturgie. Allerdings sind die Rubriken die für eine stille Messe und geben keine volle Auskunft für die über die Textunterschiede hinausgehenden Besonderheiten insbesondere beim feierlichen Hochamt.
Die Gebete an den Stufen des Altars, insbesondere das Confiteor, sind deutlich kürzer als im römischen Ritus. Dafür enthält das Confiteor eine Anrufung des Ordensvaters Dominicus und den Hinweis auf durch Unterlassung begangenen Sünden, wie er 1970 auch in die reformierte Liturgie übernommen worden ist.
Auch die Opferung ist deutlich kürzer; sie beginnt mit dem „Quid retribuam Domino pro omnibus quæ retribuit mihi“, das im Ritus Roms erst zur Vorbereitung der Kommunion des Priesters gebetet wird. Die Darbietung des Kelches und des auf der daraufliegenden Patene liegenden Brotes erfolgt in Einem. Die daran anschließende Händewaschung zitiert lediglich den Anfangsvers von Psalm 25, 6-12. Den Abschluß der Opferung bildet ein Orate Fratres, dem kein Suscipiat folgt. Es geht sofort weiter mit dem einleitenden Dialog zur Präfation.
Die Präfationen selbst – das Ordinarium von 1948 enthält 16 verschiedene – entsprechen dem römischen Grundmuster. Neben den üblichen Festpraefationen gibt es auch solche zum Fest des Hl. Dominikus, des hl. Thomas von Aquin und des hl. Franziskus. Die Canongebete selbst folgen – abgesehen von einigen durch besonderen Bezug auf das Tagesfest leicht modifizierten Sätzen – vollständig den römischen, auch die Heiligenliste des Comunicantes und ebenso die Wandlungsgebete selbst. Eine Abweichung gibt es erst beim Nobis quoque peccatoribus, in dessen Heiligenliste die Namen Lucia und Anastasia ausgelassen sind.
Pater Noster, Embolismus und Agnus Dei sind wieder genau so wie „bei den Römern“, allerdings erfolgt die Brotbrechung unter dem Gebet Haec Commixtio nicht vor, sondern nach dem Agnus Dei. Die anschließenden Gebete zur Kommunion des Priesters sind etwas gekürzt. Es gibt in diesem Ordinarium für die stille Messe keinen Friedensgruß – der war der Konventsmesse vorbehalten. Sehr wohl vorgesehen ist demgegenüber eine Kommunion von Gläubigen, die durch das (verkürzte) Konfiteor eingeleitet wird. Bei den Gebeten zur Purifkation des Kelches entfällt das abschließende Corpus tuum.
Der Abschluß der Messe entspricht wieder weitgehend dem römischen Gebrauch; bei Messen ohne Gloria erfolgt die Entlassung nicht mit Ite, missa est sondern mit Benedicamus Domino. Es folgt das Schlußevangelium und im sonntäglichen Hochamt – wir sind in England – ein besonderes Gebet für den König.
Der hier skizzierte Ordo ist ein typischer Vertreter der monastischen und überhaupt der vom römischen Gebrauch abweichenden lokalen Liturgien der lateinischen Ritenfamilie des hohen Mittelalters. Der Canon ist fast Wort für Wort mit dem römischen identisch. In den anderen Teilen der Messe gibt es größere oder kleinere Unterschiede. Bei den Ordensliturgien tendieren diese Unterschiede in der Regel zu Verkürzungen – schließlich stand die Privatmesse der Ordenspriester neben der feierlichen Konventsmesse und war darüber hinaus in das den gesamten Tagesablauf bestimmende Offizium einbezogen. Bei einigen Lokalliturgien – besonders deutlich im Pontifikalamt am traditionsreichen Bischofssitz von Lugdunum/Lyon – kommt es auch zu Erweiterungen, die hauptsächlich Ein- und Auszüge, Prozessionen und ähnliche Rahmenelemente betreffen. Der Text des Canons wird dadurch in der Regel gar nicht oder nur peripher (z.B. in den Heiligenlisten) betroffen.
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Das Bild oben entstammt einer Bildersammlung zur Zelebration eines feierlichen Hochamtes im dominikanischen Ritus 2011 in Oxford auf New Liturgical Movement. Ein gesungenes Amt in diesem Ritus findet, wie bereits mehrfach gemeldet, am morgigen Samstag in Berlin statt.