Wir müssen dem Papst folgen!
Ein Aufruf von Michael Matt, Chefredakteur des Remnant
29. 2. 2008
Der lange Artikel von Michael J. Matt enthält zunächst eine auf die besondere Situation seines der Piusbruderschaft verbundenen Blattes eingehende Darstellung des Problemhintergrundes, der wir eine stärker auf die hiesige bezogene Darstellung gegenüber gestellt haben. Ein zweiter Argumentationsstrang spricht die Piusbruderschaft direkt an und zeichnet nach, daß Erzbischof Lefebvre seinerzeit ganz in der Tradition der Kirche stehend bereitwillig die Vollmacht des Papstes anerkannt habe, nicht nur das Proprium (zu dem die Karfreitagsfürbitte gehört), sondern auch das Ordinarium zu ändern, soweit dabei die Lehre der Kirche gewahrt bleibt.
Ein weiterer Hauptteil stellt dann dar, daß die Kirche niemals eine offizielle und dogmatisch grundgelegte Judenmission propagiert habe, so daß der aus der neuen Formulierung (wie aber auch schon aus der früheren) herauslesbare Verzicht auf eine solche Missionstätigkeit keinen Grund zum Streit darstellen könne. Dem ist im Grundsatz voll zuzustimmen, wobei freilich nicht verschwiegen werden soll, daß es auf der praktischen Ebene zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten sehr wohl gewalttätige Kampagnen zur Zwangsbekehrung von Juden gegeben hat – auch ohne lehramtliche Absicherung oder gar Aufforderung. Wir übersetzen hier nur den letzten Teil, der die Schlußfolgerungen aus dem Vorgenannten eindrücklich zusammenfasst.
Bei dieser Kontroverse geht es ganz klar um weit mehr als um ein Gebet bei der Messe der vorverwandelten Gaben am Karfreitag. Benedikts Gegner (innerhalb und außerhalb der Kirche) wissen nur zu gut, daß die traditionelle Messe Tag für Tag und in der ganzen Welt stärker wird, und daß für den Fall, daß diese Entwicklung anhält, sogar eine Rückkehr des alten Glaubens möglich ist. Daß doch wir Traditionalisten die möglichen Weiterungen des Motu Proprio ebenso hoch zu schätzen wüßten! Man erinnere sich: Lex orandi – lex credendi. Hunderte von Priestern und Seminaristen, Tausende Familien, Zehntausende von Gläubigen fallen wieder auf die Knie vor dem Altar, auf dem das Opfer im Verständnis von Trient dargebracht wird.
Wer meint, daß das alles nichts zählt, der ist vielleicht noch nicht lange genug in diesem Kampf beteiligt, um wirklich zu verstehen, worum es hier geht. Es geht nicht und es ging nie nur um uns und unsere liturgischen Vorlieben. Vierzig Jahre lang haben wir traditonsorientierten Katholiken den Himmel mit Gebeten bestürmt, daß ein Papst eines Tages zugeben würde, daß die alte Messe niemals abgeschafft worden ist und dem Leben der Kirche zurückgegeben werden muß – eben um des Lebens der Kirche wegen, für die moralische und geistige Gesundung der Völker und der Seelen unserer Kinder. Nur dann könnten alle Katholiken wenigstens beginnen zu verstehen, daß diese Messe der erhabene Prüfstein des alten Glaubens ist und das Gegengift gegen die Irrtümer der modernen Welt, der Grundfelsen der Christenheit und der Schlüssel für die Wiederherstellung aller Dinge in Christus.
Ich bitte Sie, lassen Sie uns nicht so stumpfsinnig sein und dem heiligen Vater abverlangen, daß er uns alles vorbuchstabiert. Die hl. Messe ist das, worauf es ankommt, und er weiß es. Darum geht es beim Motu Proprio. Das ist es, was er Michael Davies vor zehn Jahren sagte und was er heute versucht, uns zu sagen. Msgr. Klaus Gamber war in seinem Buch „Die Reform der römischen Liturgie“ zu dem Schluß gekommen, die Neue Messe sei ein „Verhängnis“ gewesen. Lassen Sie uns nicht vergessen, wer das Vorwort zu diesem bedeutenden Buch geschrieben hatte: ein gewisser Joseph Cardinal Ratzinger.
Wir mögen hier und da nicht mit ihm übereinstimmen, wir mögen wünschen, daß er mehr sagte und täte, um den Novus Ordo rückgängig zu machen – aber bedenken Sie doch, welcher Aufruhr und welche Wut sich schon jetzt gegen ihn erheben, weil er eine Veränderung an einem Gebet vorgenommen hat, das bei einem Gottesdienst einmal im Jahr gebetet wird! Offensichtlich wird das alles seine Zeit brauchen. Benedikt weiß enorm viel über einen Gegenstand, von dem die meisten von uns überhaupt nichts wissen: Von der Bürokratie des Vatikans. Es bedurfte einer vierzigjährigen Revolution in der ewigen Stadt, um dorthin zu kommen, wo wir heute sind, und es mag gut 40 weitere Jahre für den Rückweg brauchen. Inzwischen kehr die traditionelle Messe mit Macht zurück, das ist eine dramatische Wende, und die unentbehrliche Voraussetzung dafür, daß der alte Glaube sich wieder erheben kann.
Ich kann nur den einen Rat geben: Betet für den Papst und akzeptiert das neuformulierte Gebet. Lasst nicht zu, daß das Motu Proprio sabotiert wird. Laßt nicht zu, daß die Kräfte der katholischen „Gegenrevolution“ sich verzetteln. In dem neuen Gebet ist nichts, was dem Glauben widerspräche. Im Gegenteil, der hl. Vater wird angegriffen, eben weil es durch und durch orthodox ist. Daher müssen wir nun auch selbst ein gewisses Risiko auf uns nehmen, selbst wenn es unseren „Status“ in der kleinen Welt des traditionellen Katholizismus betrifft. Wir müssen uns aufraffen und ihm auf halbem Wege entgegen kommen, und vielleicht auch zu seiner Verteidigung eilen, wenn es sonst keiner tut.