Nachrichten aus der Streitenden Kirche
Martinis Angriff gegen die Kirche
9. 11. 2008
Von Fr. Tim Finigan
Wir entnehmen diesen Text dem Blog von Fr. Finnegan, The Hermeneutic of Continuity. Wir haben den Text komplett übersetzt und lediglich einige weitere Links sowie die Bilder und Bildunterschriften hinzugefügt.

Cardinal Carlo Maria Martini, emeritierter Erzbischof von Mailand, war unter liberalen Theologen lange sehr angesehen. Er hat sich normalerweise in Andeutungen geäußert, die zwar auf größere Probleme hinwiesen, aber die Lehre der Kirche nicht offen in Frage stellten. Um einige Beispiele zu nennen: Seine Forderung nach mehr Kollegialität in der Kirche, vertieften Studien zur Frage der Sexualität oder nach einer allgemeinverständlicheren Ausdrucksweise der Kirchekönnen samt und sonders völlig korrekt verstanden werden. Allerdings enthalten sie für die eingeweihten eine Art von Code, die Widerspruch gegenüber Papst Benedikt und verschiedenen Lehren der Kirche andeutet.
Ich erinnere mich noch, wie ich damals, als ich noch in Rom studierte und er der Großkanzler der Gregoriana war, unter der überbordende Begeisterung vieler für ihn zu leiden hatte. Sein Ruf als gelehrter Bibelkenner mit Spezialgebiet der Evangelien war so enorm, daß niemand seine Autorität in Frage stellen konnte. Das ist immer noch so, wie Diogenes bemerkt:
Martinis in der Tat außerordentliche Beherrschtheit und würdevolle Haltung haben ihn in einer Weise gegen Widerspruch immun gemacht, wie das bei kaum einem anderen Würdenträger der Fall ist."

S.E. Kardinal Carlo Maria Martini mit Purpur
Diese Beherrschung scheint er jetzt aufgegeben zu haben. Kürzlich hat er zusamen mit Fr. George Sporschill SJ unter dem Titel „Jerusalemer Nachtgespräche“ein Buch verfaßt, in dem er die Kirche dazu auffordert, über die Priesterweihe verheirateter Männer und Frauen nachzudenken.
Im Jahr 1994 schrieb Papst Johannes Pqaul II. in Ordinatio Sacerdotalis
Ich erkläre, daß die Kirche nicht über die Vollmacht verfügt, Frauen zu Priestern zu weihen, und daß diese Etnscheidung von allen Gläubigen der Kirche strikt einzuhalten ist."
Im darauffolgenden Jahr erließ die Kongragation für die Glaubenswerte ein „Responsum ad Dubium“:
Dubium: Ist die die Aussage, daß die Kirche keine Vollmacht hat, Frauen zu Priestern zu weihen, wie sie im Apostolischen Rundschreiben als endgültig dargestellt wird, als Bestandteil des depositum fidei (Gesamtheit des Glaubensgutes)zu verstehen.
Responsum: So ist es."

Der Kardinal im Fernsehinterview
Ein gewöhnlicher Theologe, der diese Lehre öffentlich in Zweifel ziehen würde, liefe Gefahr, seine Zulassung zu verlieren.
Martini attackiert auch Papst Paul VI. und Humanae Vitae. Er beschuldigt Papst Paul VI die Wahrheit zu entstellen und ruft die Kirche dazu auf, asls Zeichen ihrer „geistigen Größe“ ihre Fehler auf diesem Gebiet einzugestehen. Damit widerspricht er geradewegs Papst Benedikt, der in diesem Jahr in Bezug auf Humanae Vitae gesagt hat:
...vierzig Jahre nach der Veröffentlichung drückt diese Lehre nicht nur ihre unveränderte Wahrheit aus, sondern zeugt auch von der Weitsicht, mit der das Problem dort behandelt wird."
Es gibt einen Bericht über ein kürzlich stattgefundenes Interview mit Martini bei Sandro Magisters Chiesa, und den Text eines weiteren Interviews findet man auf Catholics for Ministry – einer australischen Website, die die Priesterweihe verheirateter Männer und Frauen unterstützt.
Was mich noch mehr irritiert als Martinis nun offenbar gewordener Widerspruch zur Lehre der Kirche sind die offensiven Komponenten seiner blumigen Ausdrucksweise: Sie haben oben vielleicht bemerkt, daß er die Tatsache, daß der Papst unverändert die Lehre der Kirche vorträgt, auf einen Mangel an "Größe des Geistes" zurückführt. Zum Abschluß seines Interviews führt er aus:
Es gab einmal eine Zeit, in der ich von einer Kirche in Armut und Demut geträumt habe, von einer Kirche, die sich nicht auf die Mächte dieser Welt stützt; von einer Kirche, die auch den Menschen Raum bietet, die außerhalb der üblichen Gleise denken; von einer Kirche, die insbesondere denen Mut und Wert zuspricht, die sich zurückgesetzt oder als Sünder fühlen. Von einer jungen Kirche. Diese Träume sind mir vergangen. Nach 75 Jahren habe ich mich dazu entschlossen, für die Kirche zu beten."

Der Kardinal als Ehrendoktor
Das also ist das Bild Martinis von der heutigen Kirche: Feige, verfettet, reich, unfähig zur Hilfe für Sünder, alt und konservativ.
Meine eigene Erfahrung bestätigt Papst Benedikts liebevolles und positives Lob, das so völlig im gegensatz zu Martini steht: "Die Kirche ist lebendig..., die Kirche ist jung." Aus dem Blickwinkel eines Pfarrers in einem Land, das gerade die Schaffung von Mensch-Tier-Embryonen erlaubt hat, Gesetze erlassen hat, die katholischen Einrichtungen die Vermittlung von Adoptionen verbietet und daran geht, Sexualerziehung für Fünfjährige einzuführen und die Kirchen zu zwingen, dabei mitzumachen, kann ich auch nichts von Martinis Kirche erkennen, „die sich auf die Mächte dieser Welt stützt“.
Was den Zuspruch von Mut und Würde betrifft und die Fähigkeit, außerhalb der üblichen Gleise zu denken, könnten die Teilnehmer der soeben beendeten Faith and Family Conferencedem ehrwürdigen Kardinal erklären, daß die Lehre der Katholischen Kirche über Liebe, Heirat und Familie mutig und entgegen der herrschenden Kultur ist, daß sie der Familie wahrhaft Wert zuspricht, während sie von genau den säkularen Werten herabgesetzt und verächtlich gemacht wird, die nachzuäffen Martini der Kirche empfiehlt.