Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Paderborn „Der Dom“ Ausgabe 2008, Nr. 9

Eine Bistumszeitung karikiert die „außerordentliche Form“ des römischen Ritus

Titelbild der aktuellen Dom-Ausgabe

Manchmal sind es die Nebensächlichkeiten, die mehr Aufschluß geben als viele Worte: Unter dem sachlichen Titelbild mit dem in der gleichen Richtung wie die Gemeinde betenden Priester wird auch das „Thema der Woche“ für diese Nummer des „Dom“ angezeigt, es heißt: „Die Freude am Fremden“. Dort schreibt jemand über den sehr ökumenischen Weltgebetstag der Frauen unter anderem: “Da gilt es sich auf Fremdes einzustellen, die eigene Tradition wertzuschätzen und sich auf ungewohnte Gebetsformen und Traditionen einzulassen.“

Ach hätte der Chef vom Dienst des „Dom“ und Dipl. Theol. Gerd Vieler diese Vorgabe auch bei seinem Ausflug ins fremde Land der außerordentlichen Form des lateinischen Ritus beherzigt. Aber so vergleicht er diesen Ritus in seinem Kommentar zur Internet-Ausgabe mit einer nach Bananen duftenden, doch ansonsten leeren Kiste aus einer Panama-Geschichte des praktizierenden Kirchenhassers Janosch und zeigt im Übrigen, daß er Motu Proprio sowie Begleitbrief des Papstes nicht gelesen oder zumindest nicht verstanden hat. Aber das hat Dipl. Theol. Vieler wohl auch gar nicht nötig, dann was er von einem nicht so ganz sein modernes Weltbild passenden Papst hält, liest sich so:

Zitat: Wer aber den ganzen sogenannten tridentinischen Ritus alleinig zurückhaben will, verkennt die gegenwärtigen pastoralen Gegebenheiten. Die Welt dreht sich eben weiter. Schließlich erleuchten wir auch im Dunkeln den Kirchenraum, obwohl ein Papst das verboten hatte, weil es gegen das Naturrecht verstieße. Wenn Gott es dunkel haben will, dürfe es der Mensch nicht hell machen, meinte der damalige Papst.“

Der (großzüg mit Bildern aufgemachte) zweiseitige Hauptartikel Vielers unter der Dachzeitle „Auch liturgische Feiern unterliegen der Mode und den zeitlichen Notwendigkeiten“ bringt nur wenig mehr an Substanz als die leere Panama-Kiste.

Vielers Hauptkritik an der alten Liturgie bezieht sich darauf, daß diese Liturgie – in der Praxis, nicht nach der Theorie – oft als Priesterliturgie mit anscheinend geringer Einbeziehung der Gemeinde gefeiert worden sei. Daß es dahingehende Tendenzen gab ist richtig, wurde auch schon lange vor dem 2. Vatikanum erkannt und weitgehend abgestellt. Schlichtweg falsch ist es aber, wenn Vieler diesen Mangel verabsolutierend schreibt: „Nur das, was der Priester am Altar betete, war wirklicher Vollzug der Liturgie. Alles andere, was in der Messe gesungen oder gebetet wurde, war für die gültige Zelebration unbedeutend.“

Als ob das heute anders wäre.

Vieler und andere, die sich vom hierzulande so beliebten Ausdruck „Gemeindemesse“ täuschen lassen, wird es vielleicht überraschen, aber für die Gültigkeit der Messe ist auch heute ausschließlich das entscheidend, was der Priester betet. Wie seit eh und je kennen die Vorschriften eine „Messfeier ohne Gemeinde“, und während nach den Rubriken des Missales vor 1970 eine Messfeier ohne jeden Anwesenden – also auch ohne Messdiener – zwar gültig, aber unerlaubt war, gesteht die aktuelle „Allgemeine Einführung“ in Abschnitt 211 zu: „Nur aus einem gerechten und vernünftigen Grund darf eine Messe ohne Altardiener oder wenigstens einen Gläubigen gefeiert werden.“

Die hl. Messe ist keine Veranstaltung in Vollmacht einer Gemeinde, sondern eine Handlung der ganzen Kirche. Die Versammelten nehmen auf unterschiedliche Weise daran teil, insbesondere auch im gemeinsamen Opfermahl - aber der eigentlich Handelnde ist immer Christus selbst, und seine Hände sind die Hände des Priesters. Wo die Liturgie in einer Weise gefeiert wird, die das verdunkelt oder verschweigt, wird die Lehre der Kirche nach allen Konzilien missachtet.

Im größten Teil des Artikels referiert Vieler dann ihm besonders wichtig erscheinende Passagen aus dem hier demnächst zu besprechenden Büchlein des Paderborner Liturgiewissenschaftlers Kunzler über „Die tridentinische Messe“. Dabei zeigt er allerdings auffallend wenig Geschick. Wenn er aus diesem Buch doch weiß und sogar zitiert, daß das zweiter Vatikanum es nicht vorgeschrieben hat, die Messe zur Gemeinde hin zu feiern – warum ist die Zelebrationsrichtung dann für die Behandlung der alten Messe im "Dom" so ein grßes Thema? Und was meint er mit den angeblich von Kunzler durch viele Beispiele belegten Abschreibfehlern, die die alte Liturgie entstellt und reformbedürftig gemacht hätten? Wir haben weder im Missale von 1962 noch in dem Buch Kunzlers irgend etwas von Abschreibfehlern gefunden, und über die von ihm behaupteten Fehlentwicklungen wird bei der Besprechung des Buches zu streiten sein. So bleibt die Frage an die Redaktion der Paderborner Bistumszeitung: Hat die Kirche weit über 1000 Jahre lang ein von Fehlern entstelltes Missale benutzt, und hat Papst Benedikt eine solche Ruine wieder zum Gebrauch freigegeben?

Prunkstück der Behandlung des Themas "Tridentinische Messe" ist allerdings die wohl von Vieler in Auftrag gegebene Reportage von Stefan Niggenaber, die dann auf einer weiteren Seite der Bistumszeitung abgedruckt ist - hier haben wir sie näher angeschaut.

Zum Schluß ist noch kurz auf zwei ziemlich problematische Aussagen am Ende des Artikels von Vieler einzugehen. Der Verfasser behauptet:

Zitat: In der Erzdiözese Paderborn dürfen öffentlich, d.h. sobald eine Gemeinde anwesend ist, nach dieser Form nur Priester zelebrieren, die innerlich den Reformen des 2. Vatikanischen Konzils zustimmen. Sobald eine Gemeinde anwesend ist, brauchen sie dazu die Zustimmung des Bischofs.“

Beide Bedingungen sind nicht durch das vom Papst in seinem Motu Proprio gesetzte Kirchenrecht abgedeckt – sollte Paderborn sie tatsächlich einführen wollen, werden die demnächst herauskommenden römischen Ausführungsbestimmungen zum Motu Proprio die Erzdiözese zur Ordnung rufen. Und was die innere Zustimmung zu den Reformen des 2. Vatikanums betrifft, so würde uns zunächst doch sehr interessieren, mit welchem Verfahren die Diözesanverwaltung diese feststellen will. Noch spannender allerdings finden wir die Frage, inwieweit es die Erzdiözese auch interessiert, ob ihre Priester in liturgischer Praxis und Katechese dem zustimmen, was das 21. Konzil nicht nur nicht in irgendeiner Form „reformiert“, sondern aus der Tradition der vorhergehenden 20 Konzilien ausdrücklich bestätigt und bekräftigt hat.