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Sind Gottesdienste „verboten“?

Bild: Von der zitierten Website zu Bischof NguyenDie Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Landesregierungen, wonach „Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften“ „zu verbieten sind“, wirft in dieser Pauschalität Fragen auf. Zumal für kommerzielle Einrichtungen wie Restaurants oder Hotels weniger einschneidende Maßnahmen angeordnet werden sollen. Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang die Länder, die für die Umsetzung zuständig sind, hier abweichende Regelungen erlassen – und wie weit sie letztlich praktisch umsetzbar sind.

Allerdings: Für denn Fall, daß die Vorgaben von der weltlichen Autorität in dieser überaus rigiden Form erlassen werden sollten, wäre ihre Verbindlichkeit kaum zu bestreiten: Sie sind rational begründbar und sollen offensichtlich ohne Ansehen der Person, der Herkunft oder der Religion gleichermaßen für alle gelten. Und letztlich bringen sie in der Einbeziehung der „Zusammenkünfte von Glaubensgemeinschaften“ nur einen Sachverhalt in besonders drastischer Form zum Ausdruck, der gerade für Christen keine Überraschung sein kann: Alles, was über den flachsten säkularen Horizont hinausreicht, ist für die maßgeblichen Kräfte dieser Gesellschaft ohne Belang beziehungsweise gilt als schädlich. Die zum Wahn gesteigerte Machbarkeitsideologie, die letztlich den Menschen selbst zum Schöpfer seiner Selbst und seiner Welt erklärt  und die nicht wenig dazu beigetragen hat, aus lokalen Seuchen globale Pandemien zu machen  duldet keine Abweichung.

Das sollte aber nicht dazu führen, diesen Totalitätsanspruch so zu verinnerlichen, wie offenbar die Redaktion von katholisch.de, wenn sie titelt: Regierung: Gottesdienste sollen vorerst verboten werden und das auch im Text selbst nur einmal einschränkt auf „öffentliche Gottesdienste“. Natürlich kann keine Regierung Gottesdienste „verbieten“, und auch deren Öffentlichkeit nur auf jene beschränkte Weise, wie sie dem beschränkten Weltbild des Säkularismus entspricht: Als Beschränkung des freien Zugangs. Und in Zeiten des Internet-Streamings ist selbst das nur für den körperlichen Zugang möglich. Niemand kann die Priester daran hindern, die Messe zu feiern, und die Gläubigen daran, im Geist oder per HighTech daran teilzunehmen.

Tatsächlich ist aber auch ohne jedes und vor allem Internet jede Messfeier und jede Hore des Stundengebetes in der Weise öffentlich, als diese Gottesdienste tatsächlich im Namen, im Auftrag und zu Nutz und Frommen der ganzen Kirche und aller Menschen stattfinden. Besonders deutlich ist das seit jeher bei der Feier der hl. Messe, die nie nur eine Feier der konkret versammelten Gemeinde war, sondern die Erneuerung des Erlösungsopfers Christi, die der geweihte Priester dem Vater im Namen der Kirche und für die ganze Kirche darbringt. Das gilt auch für die Messfeier im Novus Ordo, obwohl modernistische Theologen schon seit Jahrzehnten bemüht sind, die „Gemeindemesse“ zu einer Aktion der um den Altar versammelten Anwesenden umzudeuten, denen der Priester in eher unbestimmter Weise „vorsteht“. Tatsächlich stellen die Regularien für den Novus Ordo sogar noch geringere Anforderungen an die körperliche Anwensenheit von Mitfeiernden als die Tradition. Die „Allgemeine Einführung“ sieht in Abschnitt 211 ausdrücklich vor, daß die Messe „aus einem gerechten Grund“ auch „ohne Altardiener oder wenigstens einen Gläubigen gefeiert werden“ kann. Der jedem traditionellen Missale vorangestellte „Ritus Servandus“, der ansonsten sehr auf die Regelung auch der unwahrscheinlichsten Eventualitäten ausgerichtet ist, läßt diesen doch durchaus vorstellbaren Fall unerwähnt und scheint ihn damit auszuschließen – die Kirche hat jedoch nie die Gültigkeit der Messe eines Priesters in Frage gestellt, der sich gezwungen sah, alleine zu zelebrieren.

Bischof Nguyen Van Thuan von Nha Trang, der vom kommunistischen Regime Vietnams 9 Jahre in Einzelhaft gehalten wurde, feierte fast täglich die hl. Messe mit ein wenig Brot, etwas Wasser und ein paar Tropfen Wein, den ihm seine Angehörigen als „Medizin gegen Magenschmerzen“ ins Gefängnis schmuggeln konnten. So glücklich ist Kardinal George Pell von Sidney, der ebenfalls als Staatsverbrecher in Einzelhaft gehalten wird, nicht. Unter Hinweis auf die Hausordnung der Haftanstalt verweigert ihm die Gefängnisverwaltung im konsequent säkularisierten „Rechtsstaat“ Australien den Zugang auch zu der geringsten Menge Messwein.

Von alledem sind wir hier und heute weit entfernt. Und deshalb sollten wir uns von niemandem einreden lassen, der Staat könne „Gottesdienste verbieten“.

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