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Für die Aufhebung staatlicher „Gottesdienstverbote“

Bild: Gebetbuch für Angehörige des US-ArmyDie vom Priester in der „persona Christi“ gefeierte hl. Messe ist immer die Feier der ganzen Kirche, an der jedes Glied der Kirche Anteil haben und Anteil nehmen kann. Dazu bedarf es keines Live-Streams im Internet, keiner TV-Übertragung und auch nicht unbedingt der physischen Anwesenheit von weiteren Gläubigen. Es gibt immer Fälle, in denen diese physische Anwesenheit nicht möglich ist. In Gebetsbüchern für das amerikanische Militär gab es die Graphik einer „Mass-Clock“ mit der Weltzeituhr, auf der abzulesen war, wo auf der Welt gerade die hl. Messe gefeiert wurde. Dazu wurde das folgende Gebet empfohlen:

Ewiger Vater, im unbefleckten Herzen Mariens möchte ich mich mit Jesus vereinigen, der gegenwärtig in [hier passendes Land einfügen] sein kostbares Blut im heiligen Messopfer darbietet für das Wohl der Heiligen Kirche, die Bekehrung der Sünder, die Erlösung der armen Seelen und für die besonderen Gnaden, die ich von Dir erbitte.

Auch wenn die physische Anwesenheit von Gläubigen also keine Voraussetzung für die tatsächliche Feier der Eucharistie ist, heißt das doch keineswegs, daß sie unwichtig wäre oder keine Rolle spielen würde. Diese Anwesenheit bringt zeichenhaft zum Ausdruck, daß der Priester nie als „Privatperson“ zelebriert – und daß alle Glieder der Kirche, Klerus wie Laien, sich der gemeinsam geschuldeten Pflicht zur anbetenden Verehrung Gottes unterwerfen. Seit alters her lehrt die Kirche und wissen die Gläubigen, daß die rechte Teilnahme am heiligen Messopfer den Zugang zu besonderen Gnaden eröffnet. Mit ihrem Gebot der Sonntagspflicht unterstreicht die Kirche, welche große Bedeutung sie dieser gemeinsamen Teilnahme zumißt – so, wie es schon die Märtyrer von Abitene im Jahre 304 getan haben, als sie auch angesichts der drohenden Todesstrafe im Verhör beteuerten: „Ohne den Sonntag können wir nicht leben“. Tatsächlich bedeutet auch heute noch für viele Gläubige die Teilnahme an der Feier der hl. Messe gerade in Zeiten persönlicher oder gesellschaftlicher Not ein nachgerade lebenswichtiges Bedürfnis. Der Mensch hat mehr Bedürfnisse, als der Einzelhandel erfüllen kann.

Vor diesem Hintergrund wird zunehmend Kritik an der Bereitwilligkeit laut, mit der die Bischöfe sich widerspruchslos staatlichen Anordnungen unterworfen haben, die die Teilnahme am Sonntagsgottesdienst und den Empfang von Sakramenten unmöglich machen. Dabei kann diese Kritik nicht darauf abzielen, dem Staat prinzipiell das Recht abzusprechen, in Notstandsfällen mit einschneidende Maßnahmen auch das Leben und die Tätigkeit der Kirche zu beeinträchtigen. Doch diese Maßnahmen müssen entsprechend der von der Verfassung geschützten Religionsfreiheit die Verhältnismäßigkeit wahren und dürfen nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen.

Genau daran müssen jedoch Zweifel bestehen, wenn „gottesdienstliche Versammlungen“ pauschal verboten werden. Die meisten Gemeinden verfügen über Kirchen, die viel zu groß sind für die paar Dutzend Gläubigen, die gewöhnlich an Sonntagsmessen teilnehmen, und werktags erst recht. In den meisten Kirchen bestehen die räumlichen und organisatorischen Voraussetzungen, die gleichen Abstandsregeln einzuhalten, die etwa für den Lebensmittelhandel oder Bahnhofsbuchhandlungen vorgeschrieben sind – von den Verhältnissen im nach wie vor weiter betriebenen öffentlichen Nahverkehr ganz zu schweigen. Warum haben die Kirchen – hier wäre endlich einmal ein guter Anlaß für überkonfessionelles und sogar intrareligiöses Vorgehen gewesen – hier nicht rechtzeitig auf Politik und Verwaltung eingewirkt? Sie halten sich doch sonst soviel darauf zugute, wie gut ihr Beziehungen zu den Regierenden sind und wie wichtig ihnen auf vielerlei durchaus weltlichen Gebieten die Gemeinsamkeit von Staat und Kirche ist.

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Nun könnten die Behörden hier möglicherweise einwenden, Gottesdienste seien nicht „systemrelevant“ und trügen nicht zur „Grundversorgung“ der Bevölkerung bei. Doch damit begeben sie sich auf ein Feld, in dem man ihnen sehr wohl vorwerfen kann, die Religionsfreiheit nicht ernst zu nehmen. Außerdem entwerten sie alle in der Vergangenheit abgegebenen Erklärungen, hoch auch die staatliche Seite den „Beitrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften zum gesellschaftlichen Zusammenhalt“ zu schätzen wüsste. Wollen sie wirklich gerade in einer so umfassenden Krise auf diesen Beitrag verzichten? Oder war das nur leeres Gerede um den Bischöfen und dem von ihnen vertretenen Apparat eine gesellschaftliche Bedeutung vorzuspiegeln, die sie ihnen in Wirklichkeit keinesfalls zugestehen wollen?

Mit der Verhängung von faktischen Zugangsverboten zu Gottesdiensten und deren anscheinend klagloser Hinnahme durch die Bischöfe und die Bischofskonferenz tritt das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in ein neues Stadium. Die Kirchen haben es lange hingenommen, nur noch als systemstabilisierndes Element gesehen zu werden – in der Hoffnung, daß man sie dafür in ihrem „Kerngeschäft“ – und das ist die Verkündigung der Lehre und die Spendung der Sakramente – unbehelligt läßt. Was die Lehre betrifft, sind sie schon seit Jahren auf dem Rückzug; nicht nur im Religionsunterricht, sondern auch in der Predigt, die sich immer mehr säkularistischen Erwartungen anschmiegt. Gerade in Sachen Eheverständnis oder Geschlechterrollen sind sie immer weiter von ihrem Proprium: Göttliches Gebot, Tradition und Naturrecht, abgerückt. Mit den Zugangsverboten zu Gottesdiensten wird jetzt auch der sakramentale Raum bedroht: Die Amtsträger dürfen zwar weiterhin amtieren – doch unter Ausschluß der Gläubigen. Aus den USA werden bereits Fälle berichtet, daß lokale Notstandsregelungen Priestern den Zugang zu Krankenhäusern verwehren – auch zur Abnahme von Beichten oder Spendung der Krankensalbung.

Die hinter dieser Entwicklung stehende Vorstellung vom „höheren Gemeinwohl“ und der Ausblendung aller metaphysischen Lebensbereiche ist antichristlich und inhuman. Sie kann nicht als Leitschnur staatlichen Handelns akzeptiert werden – auch nicht um eines „alle gemeinsam gegen die Seuche“ willen. Inzwischen ist auf der Petitionsplattform openpetition.de ein Aufruf zur Zurücknahme der faktischen Gottesdienstverbote gestartet worden. Selbst wenn man Zweifel an der praktischen Wirksamkeit eines solchen Aufrufes haben kann, ist doch zu wünschen, daß er möglichst viele Unterstützer findet, um zu verdeutlichen, daß viele Gläubige sich den Gottesdienst nicht einfach so verbieten lassen wollen. Hier kann man unterschreiben.  

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Bild: ISPN

Nach der vom Berliner Senat zunächst verfügten Beschränkung der Teilnehmerzahl von Versammlungen auf 50 Personen wurden in der Berliner St. Afra-Kirche des Instituts St. Philipp-Neri die Plätze für die Einhaltung von Sicherheitsabständen markiert. Zusammen mit der ebenfalls vorgenommenen Markierung in den Seitenschiffen ergab das knapp 50 sichere Plätze, die bei kurzfristig eingerichteten drei Messfeiern (mit Voranmeldung zur Verteilung!) ausreichten, um den sonntäglichen Bedarf abzudecken.

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