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Landnahme in den Köpfen

In dem, was nun wohl das endgültige Kopftuchurteil darstellen wird, hat das Bundesverfassungsgericht gestern entschieden, daß es nicht zulässig war, der mohammedanischen Angestellten einer Kita das Tragen eines Kopftuchs zu untersagen. Auch dann nicht, wenn eine solche Untersagung sich auf bestehende Gesetze und Verordnungen gründet - diese waren davon ausgegangen, daß das Tragen des Kopftuchs eine besondere religiöse Bedeutung habe und von daher im staatlichen Raum die Neutralitätspflicht des Staates verletze. Solche Regelungen sind damit offenbar unwirksam.

Die Begründung, soweit sie in dem kurzen in der Tagespresse veröffentlichten Auszug kenntlich wird, verdient nähere Betrachtung.

Ein 'islamisches Kopftuch' ist in Deutschland nicht unüblich, sondern spiegelt sich im gesellschaftlichen Alltag vielfach wider“, schrieben die Richter in Karlsruhe zur Begründung. Es gebe keinen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, „von der Wahrnehmung anderer religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse verschont zu bleiben“, hieß es in dem Beschluss weiter. Die Klägerin habe lediglich ihr Bekenntnis sichtbar bekundet.

Damit ist wenigstens der übliche Flachsinn vom Tisch, das islamische Kopftuch sei „nur ein Stück Stoff“ und habe nichts mit nichts zu tun.

Allerdings: Von der Üblichkeit im Alltag auf die Zulässigkei zu schließen, erscheint dem juristisch unverbildeten Laien einigermaßen abenteuerlich. Nicht ohne Grund erweckt diese Argumentation den Argwohn, daß hier auch jedes Verbot der Vollverschleierung vorbeugend unmöglich gemacht werden soll - wenn es nur genug moslemischen Immigranten gelingt, ihre Frauen und Töchter dazu zu bewegen, sich entsprechenden Forderungen zu unterwerfen und den Anblick der wandelnden Finsternis üblich zu machen. Und wer weiß, wie die höchsten Richter demnächst urteilen, wenn in einigen längst zu No-Go-Areas gwordenen Stadtvierteln auch andere Verfahren der Bekenntnis-Bekundung üblich werden - falls etwa Ehebrecherinnen nicht mehr nur durch verstohlenen Ehrenmord, sondern durch die nach dem Gesetz Mohameds vorgeschriebene Steinigung bestraft werden sollten.

Aber dann ist da noch ein anderer Gedanke: Längst sind christliche Elemente und Zeichen, sieht man einmal von denkmalgeschützten Kirchtürmen ab, in der Öffentlichkeit so unsichtbar geworden, daß man sie getrost als „unüblich“ bezeichnen kann. Wer's nicht glaubt, wird beim Gang über den nächstgelegenen „Weihnachts“-markt leicht eines besseren belehrt. Längst halten es sogar ein Kardinal der römischen Kirche und ein Landesbischof evangelischen Bekenntnisses für angebracht, ihre moslemischen Mitmenschen nicht durch eine störende Bekenntnis-Bekundung zu irritieren - lieber legen sie halt das Kreuz ab.

Die Landnahme in den Köpfen ist schon weit fortgeschritten.

Berühmt ist der Satz des ehemaligen Verfassungsrichters Böckenförde: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Die Ergänzung müßte lauten: „Aber er ist sehr wohl imstande, diese  Voraussetzungen zu untergraben“. Der Blick auf neuere Urteile eines „Verfassungsgerichtes“, dessen Zusammensetzung längst in den gleichen Parteizirkeln ausgekungelt wird wie andere Machtpositionen in Staat und Medien auch, zeigt, daß es damit schon weit vorangegangen ist.


(Ergänzung 30. November.): Die zwei Tage nach diesem Urteil ergangene Karlsruher Entscheidung, das Bayrische Gesetz zum Schutz der Karfreitagsruhe sei aufzulockern, scheint der Logik des ersten Urteils zu folgen. Wie berichtet wird:

Die "Heidenspaß-Party" hätte aber erlaubt werden müssen, weil es den Veranstaltern nicht nur um Spaß oder kommerzielle Interessen ging.

Die Veranstaltung unter dem Motto "Religionsfreie Zone München 2007" mit einer "Atheistischen Filmnacht" und dem schließlich verbotenen "Freigeister-Tanz" habe die öffentliche Meinungsbildung und Weltanschauungen berührt.

Jeder kann also bekennen, was er will? Auf den ersten Blick schon. Auf den zweiten Blick werden Freiräume für den Islam und andere Gottlosigkeiten ausgeweitet, für das Christentum eingeschränkt. Das ist Ziel und Zweck der Übung.

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