Bereichsnavigation Meldungen:

Zweierlei Bischöfe

Bild: CNAIn der vergangenen Woche waren die deutschen Bischöfe zu ihrem ad-limina-Besuch in Rom. Gleichzeitig hielt die Bischofskonferenz der USA (USCCB) ihre jährliche Herbstversammlung und wählte ihren neuen Vorstand. Die Unterschiede, ja sogar der Kontrast zwischen den Botschaften, die von beiden Veranstaltungen ausgingen, könnten kaum größer sein. Die deutschen Bischöfe boten in Rom das übliche Schauspiel: Reformversessene Besserwisser aus dem Lande Luthers gegen den Vatikan. Einen eigenen Kommentar dazu ersparen wir uns und verweisen statt dessen auf eine von der Initiative „neuer Anfang“ veröffentlichte Stellungnahme, die soweit wir das sehen alle wichtigen Gesichtspunkte erfasst und in erfreulicher Klarheit ausspricht, was hier auszusprechen ist. Ebenfalls empfehlenswert ist der diesem Thema gewidmete Montagskick von Peter Winnenmöller auf Kath.net

Die amerikanischen Bischöfe haben bei ihrem Treffen für den Vorstand der USCCB ausnahmslos Männer gewählt, die innerkirchlich auf Ausgleich bedacht sind und an der überlieferten Lehre der Kirche (wenn auch nicht vielleicht an all ihren Traditionen) festhalten wollen. Man kann sie zu Recht als „Konservative“ bezeichnen. Neuer Vorsitzender wurde der Erzbischof der Militärdiözese Timothy Broglio, der in Sachen Lehre keine Kompromisse eingeht. Insbesondere in Fragen der Abtreibung und der Genderei hat er stets unzweideutige Position bezogen – auch gegenüber der Regierung.

Für ausführlichere Informationen zur Herbsttagung der USCCB verweisen wir auf die Berichte im National Catholic Register (etwa hier). Den Kontrast dazu bildet der antikatholische National Catholic Reporter (den Namensmißbrauch hat er mit katholisch.de gemein), der seinen Artikel zu den USCCB-Wahlen mit der Überschrift präsentierte: „Die Bischöfe wählen einen Anti-Franziskus-Erzbischof zum neuen Vorsitzenden“.

Das ist natürlich der Unfug, wie ihn die Linke immer von sich gibt, wenn es nicht nach ihrem Willen geht. Unter den amerikanischen Bischöfen gibt es keine „Anti-Franziskus“-Bischöfe, und wenn der „Reporter“ meint, das Festhalten an der Lehre sei „Anti-Franziskus“ – nun, das ist das sein und vielleicht auch Franziskus’ Problem. Aber Tatsache ist, daß kein einziger Vertreter der Progressiven, die sich für alle Posten zur Wahl gestellt hatten, eine Mehrheit bekam. Ausgesprochen Tradis hatten erst gar nicht kandidiert – damit war der Weg frei für die Repräsentanten einer „konservativen katholischen Mitte“ frei. Einer katholischen Mitte, wie es sie in Deutschland nur noch in von der linken Mehrheit erbarmungslos marginaliserten Restbeständen gibt. In der Bischofskonferenz oder auf dem Synodalen Weg hat sie praktisch keine Stimme mehr.

Angesichts dieses Befundes ist es angebracht, nach möglichen Ursachen für diese doch recht unterschiedliche Situation in USA und Deutschland zu fragen. Hier geht es weiter Als erste denkbare Ursache bietet sich der Unterschied in der Finanzierung der kirchlichen Arbeit in beiden Ländern an. In den USA gibt es keine Kirchensteuer, die Pfarreien finanzieren sich durch die Beiträgen der Gläubigen, die sich bei ihnen als „zahlende Gemeindemitglieder“ registriert haben. Die Gemeinden finanzieren dann die (in der Regel personell höchst sparsam ausgestatteten) Bistumsverwaltungen. Wenn es irgendwo „unten“ hakt – weil die Kirchenmusik zu jazzig (oder auch zu traditionell) ist, weil die Predigten zu läppisch (oder auch zu dogmatisch sind) wird das finanziell im Pfarrhaus fast sofort und auch „oben“ im Ordinariat sehr schnell spürbar. Das wirkt vielerorts extremen Tendenzen entgegen und fördert ein gut katholisches Mittelmaß.

Es kann aber auch anders herum ausschlagen. Besonders in urbanen Ballungsräumen, wo die nächste Pfarrei nur wenige Autominuten entfernt ist, kommt es zu Segregationserscheinungen: Die eher traditionell eingestellten Gläubigen fliehen aus der Pfarrei mit dem sehr jungen und sehr progressiven Pfarrer, dessen einziges Predigtthema „social Justice“ ist, und sammeln sich anderswo, vielleicht sogar bei Petrus oder bei Pius. Und umgekehrt kommen die eher woke Gestimmten genau dorthin und sorgen dafür, daß auch die progressive Pfarrei nicht an finanzieller Auszehrung eingeht. Da es aber nicht so viele Woke beim Kirchenvolk gibt, gibt es auch nur weniger woke Pfarreien.

Solange diese Separierungen in einem erträglichen Rahmen bleiben, ist dagegen wenig einzuwenden – und daß sie im Rahmen bleiben ist nicht zuletzt die Aufgabe der Bischöfe, denen das vielerorts auch recht gut zu gelingen scheint. Vielleicht ist das das Geheimnis hinter der Bereitschaft des amerikanischen Episkopats, eher auf Ausgleich zu setzen. Bischöfe, die nicht von einer die Ordinariate besetzt haltenden Funktionärskaste von der Basis getrennt sind, sondern aus der praktischen Hirtentätigkeit gelernt haben, daß es nicht nur eine progressive Agenda voranzutreiben gilt, sondern möglichst viele beisammen zu halten – und daß es unter diesen „Allen“ doch erfreulich wenig Extremisten gibt.

Ein weitere Ursache für die stärkere „Mitte“ im US-Episkopat mag darin liegen, daß auch die amerikanische Hochschultheologie nicht seit Jahrzehnten in der Hand von fachlich zumeist wenig beeindruckenden Modernisten liegt, wie das in Deutschland der Fall ist. Auch in dieser Hinsicht scheint die stärker privatwirtschaftliche und weniger vom Staat finanzierte Organisation des Lehrbetriebs positiv zu wirken. Ganz ähnlich wie bei den Pfarreien gibt es Differenzierungserscheinungen – und wer zu extrem agiert und dafür nicht genug Studenten interessieren kann, wird für die Fakultät zur finanziellen Belastung und kann sich nach einer anderen Wirkungsstätte umsehen. Inzüchtige akademische Schulenbildungen, in denen ein Progressist seinen Lehrstuhl an den nächsten unter seinen Lieblingsschülern (oder den Lieblingsschülern eines anderen Kartell-Mitgliedes, und so kreuzweise) weiterreicht, sind in den USA weitaus weniger deutlich ausgeprägt.

Unterschiede in Liturgie und Ritus, die auf der Gemeindeebene eine bedeutende Rolle spielen, scheinen für die Bereitschaft der Bischöfe zur Einnahme einer konservativen oder zumindest ausgleichenden Funktion weniger bedeutend zu sein. Wo das eher Toleranz oder eher Gleichgültigkeit ist, kann von außen nur schwer beurteilt werden. Der Stand der gottesdienstlichen Praxis ist auch bei konservativen Gemeinden oft nicht wirklich erfreulich, ohne daß das die Mehrheit der Bischöfe besonders zu beunruhigen scheint. Es gibt dort vielleicht keine zum Himmel schreienden Mißbräuche und Entstellungen, wie bei vielen Progressisten, aber auch im normalen Mainstream hat die im Grunde anti-sakrale Grundhaltung des Novus Ordo ihren Tribut gefordert. Nach Umfragen steht es um die Kenntnis von bzw. die Zustimmung zu Glaubenslehren, die eher mit der Liturgie verbunden sind, allgemein nicht gut. Nicht nur bei „progressiven“, sondern auch bei eher „konservativen“ Gemeinden. Auch dort kann eine Mehrheit nicht sagen, was beispielsweise unter „Realpräsenz“ zu verstehen ist, oder „ersetzt“ dieses Dogma sogar ausdrücklich durch eingängigere, aber verfehlte Konzepte. Solange man ihnen nicht sagt, daß es ein Dogma ist.

Auffällig sind dagegen die Unterschiede bei den Lehren, die Moral oder Kirchendisziplin betreffen – von der Homo-Ehe bis zur Sonntagspflicht. Insbesondere bei den Themen, in denen auch die Mehrheit der Bischöfe die katholischen Positionen in der Öffentlichkeit offensiv verteidigt, können sie sich auf die Zustimmung einer großen Mehrheit des „ganz gewöhnlichen“ Kirchenvolkes verlassen, während in woken Gemeinden oft aggressiv die Ansichten der gesellschaftlichen Linken propagiert werden - nicht nur vom Ambo aus, sondern auch von „Susan from the Parish Council“ und ihren Anhängern, die keinen Widerspruch dulden. Aber wie gesagt: das ist in USA nicht die Mehrheit. Nun kann man sich fragen, ob hier die Schafe den Hirten oder die Hirte den Schafen folgen. Vieles spricht für die erste Variante – soviel katholische Substanz ist noch vorhanden. Aber letztlich spielt das keine große Rolle, solange sie nicht gemeinsam allzuweit vom rechten Weg abirren. Und anders als ihre deutschen Kollegen scheinen viele Bischöfe in den USA sich genau darum ehrlich zu bemühen.

Zusätzliche Informationen