Die 38. Woche
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- 22. September 2018
In gelöster Stimmung ließen sich am letzten Wochenende der Papst und seine us-amerikanischen Besucher ablichten – obwohl sie doch das eine oder andere nicht so vergnügliche Thema auf der Tagesordnung gehabt haben dürften. Unwillkürlich kommt einem Leo X di Medici (1513-1521) in den Sinn, der die in Deutschland einsetzende Kirchenspaltung nicht ernst nahm und lieber zur Jagd ausfuhr: „Genießen wir das Papsttum, da Gott es uns gegeben hat“. In den USA jedenfalls nimmt die Unruhe zu.
Tatsächlich dürfte auch dem Pontifex nicht gar so gelöst zu Mute gewesen sein: Insgesamt fünf mal hatte er in den letzten sieben Tagen gegen die „Verleumder und Ankläger“ gepredigt und jene mit dämonischen oder gar teuflischen Kräften, sich selbst aber mit dem schweigend leidenden Christus verglichen.
Zu beschweigen ist täglich mehr: Aus seiner argentinischen Amtszeit kommen hässliche Vertuschungsgeschichten ans Licht, und in Deutschland hat ausgerechnet der Spiegel laut verkündet, daß er nicht mehr glaubt, daß Bergoglio die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen kann.
Ob er das auf seiner Reise ins Baltikum schon mitbekommen hat, wo er „Frieden, Freiheit und Demokratie“ ins Zentrum seiner Verkündigung gestellt hat, wissen wir nicht. Auch nicht, ob er sich dort an seinen neu verkündeten liturgischen Grundsatz gehalten hat, daß die ganze Messe nicht länger als 40 Minuten dauern solle – Predigt inklusive. Und von der anscheinend besiegelten Abtretung päpstlichen Vollmachten in der Kiche an die Pekinger Kommunisten wollen wir lieber erst gar nicht reden.
Da ist so vieles, was uns verwirrt, und daß wir anscheinend zwei Päpste haben, macht die Sache nicht leichter. Zumal immer deutlicher erkennbar wird, wie verschieden das jeweilige Amtsverständnis ist: Der Neuere verweigert bei einem Jugendtreffen den apostolischen Segen, weil ja auch Nichtkatholiken unter den Anwesenden sein könnten, deren Sensibilitäten das beschädigen könne. Der Ältere beschließt einen – indiskreterweise an die Öffentlichkeit gebrachten – Brief mit dem apostolischen Segen, obwohl er doch vom apostolischen Stuhl herabgestiegen ist. Oder ist er nur halb?
Im 5. Jahr nach dieser verhängnisvollen Abdankung bietet die Kirche einen desolaten Anblick. Die Spaltung erscheint so unüberwindbar, wie das nach den diametral entgegengesetzten Ausgangspositionen und Zielsetzungen wohl auch nicht anders sein kann. Erzbischof Fernandez – einer der grauen Eminenzen im Hintergrund des Teams Bergoglio – erklärt den ebenfalls Erzbischof Viganò und andere Kritiker der Vertuschungsstrategie für „größenwahnsinnig“ – und im Internet, und durchaus nicht nur in dessen Randbereichen, fragen sich die Kritiker umgekehrt mit Blick auf den Jesuiten auf dem Stuhl Petri: „Ist der Mann wahnsinnig geworden und braucht Medikamente?“ (Beispiel)
Das klingt frivol – deutet aber auf einen möglichen Ausweg aus den ungeheuren Problemen, die dieses Pontifikat jedem Nachfolger hinterlassen wird. Wenn wieder einmal ein Papst gewählt werden wird, der die Kirche in Treue zu ihrer Tradition leiten will – vielleicht sogar schon in diesem Jahrhundert – könnte die Frage, ob der Bergoglio-Papst denn stets mente composito gewesen sei, eine Handhabe bieten, dieses Pontifikat und seinen toxischen fallout komplett zu entsorgen, ohne den bereits entstandenen ungeheuren Schaden für die Stellung des Amtes und die Verbindlichkeit des Lehramtes weiter zu vertiefen.