Sandkastenspiel mit der Jugend
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- 01. Dezember 2018
Der Catholic World Report ist ein unter dem Dach von IgnatiusPress erscheinendes Onlinemagazin, das die Entwicklungen in Welt und Kirche aus einer glaubenstreuen Position heraus dokumentiert und kommentiert. Es gehört keinesfalls zum entschieden traditionalistischen Flügel und bemüht sich, das Gespräch zwischen den immer weiter auseinanderstrebenden Positionen in der Kirche möglich zu halten. Umso bedeutsamer erscheint uns ein soeben erschienener Artikel des Juristen Thomas A. Ascik – vor seiner Pensionierung in der US-Bundesanwaltschaft tätig – über den Stellenwert des Abschlußdokuments der „Jugendsynode“ für den von Franziskus beabsichtigten Umbau der Kirche.
Einleitend kritisiert der Jurist, daß dieses Dokument auch einen Monat nach Abschluß der Synode immer noch nur in italienischer Sprache und in keinerlei autoritativen Übersetzungen vorliegt. Dennoch sei klar erkennbar, daß das Hauptthema dieses Dokuments nicht das Thema Jugend, sonder die Synodale Verfassung der Kirche sei – und das, obwohl diese Thematik auf der Synode selbst nur am Rande zur Sprache gekommen sei. Im folgenden beschreibt er den wesentlichen Inhalt des Dokuments in sechs Punkten, von denen wir hier die beiden ersten und grundsätzlichsten übersetzt haben.
Eine Neue Verfassung der Kirche“:
Die katholische Kirche, so bestimmt es das Abschlußdokument, ist nun eine Synode, denn „Synodalität“ ist „ein wesensmäßiges Element“ der Kirche (121). Mit einem Zitat aus Franziskus‘ Apostolischer Exhortation (Amoris Laetitia) hält das Abschlußdokument fest, „die Errichtung einer synodalen Kirche ist unverzichtbare Voraussetzung“ für die Reform der Kirche (118). Die Synodenteilnehmer seien selbst „der Bedeutung einer synodalen Form für die Kirche bewußt“ geworden und die Synode habe einen „synodalen Stil“ hervorgebracht, zu dem sich die Kirche „bekehren“ (121) müsse. Die Kirche sei aufgerufen, „Synodalität als eine Weg ihres Seins und ihres Handelns zu praktizieren“ und „Synodalität auf allen Ebenen“ (119) umzusetzen. Als Zitat von Papst Franziskus: „Kirche und Synode sind Synonyme“ (121)
Was nun ist eine synodale Kirche? Das ist eine „zuhörende Kirche“ - wieder mit einem Franziskus-Zitat (122), es „ist eine Kirche der Teilhabe und der gegenseitigen Verantwortlichkeit“. Synodalität setzt die Kirche instand, „die Gaben aller ihrer Glieder, beginnend bei den Jungen, zu sammeln und in Dialog zu bringen“. Tatsächlich läßt Synodalität die Kirche selbst „deutlicher als die Jugend der Welt“ hervortreten (118). „Offenheit, Schutz, Förderung und Integration“ sind „synodale Ausdrücke“ (147).
In einem bemerkenswerten Gegensatz zum Schlußdokument erscheinen weder das Wort „Synodalität“ noch der Ausdruck „synodale Kirche“ im Instrumentum Laboris, das der Synode seit Mai als Vorbereitungsdokument vorlag. Auch das Abschlußdokument der Familiensynode enthält nichts zu Synodalität. Und in seiner apostolischen Konstitution Episcopalis Communio, die er unmittelbar vor dem Beginn der Jugendsynode erließ, zitiert Franziskus sich selbst – das ist eine Gewohnheit in all seinen Dokumenten – um festzustellen, eine Synode sei „ein bevorzugtes Instrument, um auf das Volk Gottes zu hören“ (6) (Hervorhebung im Original). In diesem Dokument sagt er, daß das Abschlußdokument einer Synode, wenn ihm der Papst „ausdrücklich zustimmt“, „Anteil hat am ordentlichen Lehramt des nachfolgers Petri“ (Art. 18). In seiner Ansprache zum Abschluß der Synode sagte Franziskus „wir“ - damit meinte er sich selbst und die Synodenväter – haben dem Abschlußbericht „zugestimmt“ und „der Heilige Geist schenkt uns allen dieses Dokument“.
Synodal und begleitend
Bestandteil von Synodalität ist „Begleitung“ - ein Konzept, das Franziskus in seinen Ansprachen und Schriften (z.B. Evangelii Gaudium) nachdrücklich propagiert. „Begleitung“ und deresn Beziehung zur Synodalität ist auch durchgängiges Thema des Abschlußdokuments der Jugendsynode. In seiner apostolischen Exhortation Evangelii Gaudium hatte der Papst ausgeführt, daß „Begleitung“ etwas Neues sei, neu „für Alle , und Priester, Ordensleute und Laien“ in der Kirche müßten, wie er dort sagt, „in die Kunst der Begleitung“ „eingeweiht“ werden.
Das Abschlußdokument von vor einem Monat stellt fest, „Die Synode anerkennt die Notwendigkeit einer einheitlichen Begleitung, in der spirituelle Gesichtspunkte vorteilhaft mit humanen und sozialen verbunden sind.“ (99) In der Nachfolge Jesu sei „Begleitung“ eine andauernde und herzliche Gegenwart, eine hingebungs- und liebevolle Nähe und grenzenlose Zärtlichkeit (91). Eine Person, die begleitet wisse gut, „wie man offen ist gegenüber den jungen Leuten, die man begleitet – ohne zu moralisieren und ohne falsche Nachsicht. Erforderlichenfalls wisse sie auch ein Wort der brüderlichen Ermahnung anzubieten“. (101) „Daher ist es dringlich, den Ansatz der Katechese und die Verbindung zwischen der familiären und der gemeindlichen Weitergabe des Glaubens auf der Grundlage persönlicher Begleitungsprozesse grundlegend neu zu denken. (19)
Im Zusammenhang mit den Begriffen der Synadalisierung und der Begleitung hat das Dokument so gut wie nichts über Lehre und Verkündigung zu sagen – weder für die Jugend, noch durch sie. Die „Lehre der Kirche“ wird an einigen wenigen Stellen, so z.B. in (39) als „reiche Tradition“ erwähnt, doch die gleiche Stelle enthält auch eine Kritik dahingehend, daß sie „oft“ Mißverständnisse und Entfremdung hervorbringe. Auf die Verkündigung wird lediglich zweimal eingegangen, in beiden Fällen allein als eine von mehreren Aktivitäten der Kirche und nicht in besonderer Ausrichtung auf die Jugend. Zweimal ist von Jugendpädagogik die Rede, einmal mit der Ermahnung, „Regelwerke“ zu vermeiden (70), das andere Mal als „Suche nach angemesseneren Methoden“ zur Vermittlung von Sexualmoral (149). Generell gelte für junge Menschen, sie „wollten die Protagonisten ihres eigenen Lebens sein“ und nicht nur die Schüler von anderen. (52) Daher geht es nicht darum, etwas ‚für sie‘ zu tun, sondern in Gemeinschaft ‚mit ihnen‘ zu leben. (116)“
Soweit also Thomas Ascik.
Zum Abschluß seiner noch vier weitere Unterpunkte behandelnden Ausführungen zieht der Autor das Fazit, das Papier biete einen ausgedehnten und weitgehend kritiklosen Überblick der gesellschaftlichen, politischen, spirituellen und auch psychlologischen aktuellen Situation nicht nur der Jugen, sondern der Kirche insgesamt , lasse jedoch keine inhaltlich oder strategische Vorstellung zur Weitergabe des Glaubens an die Jugend erkennen.
Die Folgen dieses Versäumnisses werden sich wohl schneller erweisen, als vielen bewußt ist: Insebsondere in den westlichen Industriestaaten nimmt der Anteil der Jungen, die in die Kirche hineinwachsen, rapide ab. Länger dürfte es dauern, die un-katholischen Weichenstellungen in Sachen Kirchenverfassung zu korrigieren, die quasi als Konterbande in das Abschlußdokument der Jugendsynode eingebracht worden sind.