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Ausgerechnet an Peter und Paul...

Bild: Generiert mit Wordle Create von Jonathan Feinberg… haben die deutschen Bischöfe den Brief von Papst Franziskus „An das pilgernde Vok Gottes in Deutschland“ veröffentlicht – hier zum Download. Der Brief ist lang, 18 Textseiten, und er ist ein typischer Franziskus: Endlose Wortgirlanden mit „nicht so, aber auch nicht anders“, weltumspannender Zärtlichkeit besonders an den Rändern, und die ständige Aufforderung zur „Evangelisierung“ durch ein nicht näher beschriebenes vorbildliches Leben und Wirken in der Welt, aber stets mit den Armen und Kleinen vor Augen. Die vorgetragenen Gedanken werden an keiner Stelle konkret, kein einziges Mal kommen die aktuellen Stichworte der Diskussion vor, der Schreiber erscheint ganz ein- und abgeschlossen in seiner eigenen Gedanken- und Wörterwelt. Die 46 Anmerkungen zitieren 26 mal eigene Schriften, vor allem Evangelii Gaudium, 9 mal Texte des 2. Vatikanums, überwiegend Lumen Gentium, 6 mal seine unmittelbaren Vorgänger Paul VI., Johannes Paul II. und Benedikt XVI. – dazu 4 oder 5 neuzeitliche Denker, keine Heiligen (außer Johannes Paul), keine Kirchenväter. Vor 1965 war da nur noch die Bibel, die gelegentlich in Art der Steinbruchexegese zitiert wird, wenn‘s denn irgendwie passt.

Aus dem teilweise zusammenhanglos anmutenden Wortschwall lassen sich immerhin zwei Aussagen herausdestillieren. Die erste: Wir und die Kirche mit uns leben in einer Zeitenwende, die Antworten verlangt (1). Worin diese Zeitenwende besteht, was ihre Triebkräfte sind und welche Fragen im einzelnen und wie zu beantworten wären, wird nicht gesagt – außer, daß eine zunehmende Erosion des Glaubens zu beklagen sei (2) und daß esverfehlt wäre, sich bei den anstehenden Veränderungen alleine auf Strukturen zu beschränken.

Und der zweite Schwerpunkt: Zwar steht jeder „synodale Weg“ unter der Leitung des hl. Geístes (3), aber es bedarf zusätzlicher Anstrengung, dem Geist die nötigen Spielräume zu schaffen (6) und vor allem sicherzustellen, daß bei allem die Einheit der Kirche auf der Basis eines (nirgendwo näher bestimmten) Sensus Ecclesiae gewahrt bleibt (9ff).

Die Frage der Einheit und des Ausschlusses nationaler/regionaler Sonderwege ist Franziskus erkennbar wichtig. Das überrascht insofern, als die angekündigte Amazonas-Synode ja gerade das offizielle Ziel hat, einen solchen Sonderweg zu entwickeln. Es überrascht dann aber auch wieder nicht, wenn man bedenkt, daß Franziskus letztlich streng zentralistisch denkt und Synoden hauptsächlich als Mittel betrachtet, von ihm und seinem Umfeld vorstrukturierte Entscheidungen im größeren Maßstab durchzusetzen. „Es muß demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben!“ wie ein deutscher Politker der Nachkriegsjahre das auf den Begriff brachte. Zu alledem dann noch ein kräftiger Schuß „vorwärts immer – rückwärts nimmer“ und schon dürfte man das Wesentliche von dem, was im Brief in vielen Worten mehr verhüllt als ausgesprochen wird, zusammengefasst haben.

Obwohl das Schreiben somit ganz wesentlich das Ziel verfolgt, das deutsche Leitungspersonal der Kirche vor allzu großer Eigenwilligkeit abzuhalten, erlaubt der typisch unklare Franziskus-Stil es den Bischöfen, den Brief ganz nach ihrem Gusto auszudeuten. Das kann man ihnen auch kaum verdenken, da hinter all den vielen Worten weder Direktiven erkennbar sind noch Grenzen angedeutet werden, die nicht überschritten werden können. Letztlich erscheint alles verhandelbar, und was auch immer und von wem in Sachen Amazonien oder Rhenanien beschlossen wird: Ein frommes Wort zur Rechtfertigung und Begründung wird sich zu gegebener Zeit schon einstellen.

Die deutschen Bischöfe sehen sich somit nach erster Bekundung durch den Brief in ihrem bisherigen Kurs bestärkt - und es wird schwer fallen, ihnen nachzuweisen, daß er anders gemeint sein könnte. Doch wie die bergoglianische Kirche der Zeitenwende aussehen soll, wird gerade im Kontrast zwischen dem „Brief an die Deutschen“ und dem Instrumentum Laboris für den Amazonas immer unklarer. Ob die Apostel Petrus und Paulus diese Kirche einer „Zeitenwende“ wiedererkennen würden, auch. Ausgerechnet am Fest der Apostelfürsten. Wenn die Apostel so gepredigt hätten wie Bergoglio schreibt - kein heute lebender Mensch hätte jemals von ihnen gehört.

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