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Ab in den Untergrund!

Bild: Daniel Ibañez/EWTNMit Wirkung vom 22. März an sind in St. Peter zu Rom „Einzelmessen“ verboten. Die 45 Nebenaltäre der Basilika werden stillgelegt. Priester, die in St. Peter zelebrieren wollen, sind auf die Konzelebration an einem der beiden Hauptaltäre (Altar der Kathedra und Choraltar) verwiesen. Dort hat die Liturgie jeweils in Art einer Gemeindemesse mit Lektoren und Kantoren stattzufinden – mit einer lateinischen Ausnahme stets in italienischer Sprache. Pilgergruppen mit „eigenem“ Priester können unter noch nicht näher bestimmten Bedingungen auf einen Altar in den „grotti“ unter der Basilika ausweichen; nur im Untergrund und nur an einem einzigen Altar (in der sehr kleinen Capella Clementina) darf auch im überlieferten Ritus zelebriert werden – im strengen Zeitplan von 7:00; 7:30, 8:00 und 9:00 und nur von „autorisierten“ Priestern, was immer das heißen möge. (Quelle mit Faksimile des Erlasses und zahlreichen Reaktionen)

Die Bedeutung und auch die ganze Absurdität dieser Neuregelung erschließt sich erst im Blick auf die bis jetzt gültige Praxis. Danach haben viele römische Priester – zeitweilige Besucher ebenso wie ständige Mitarbeiter des Vatikans – mehr oder weniger regelmäßig an einem der Nebenaltäre zelebriert – praktisch nie alleine, weil sich immer Besucher der Kirche fanden, die sich ihrer Zelebration anschlossen. An anderen Altären feierten Pilgergruppen die Messen mit „ihrem“ Priester in jeweils ihrer Sprache – sicher eine zweitbeste Lösung nach Abschaffung des Lateinischen als universaler Liturgiesprache. Auch dort schlossen sich oft Rombesucher aus dem jeweiligen Sprachraum an. Die Messfeiern solcher Gruppen fanden vielfach auch in anderen Riten der Kirche statt, etwa griechisch-katholisch oder syro-malabarisch. Ebenso wurde dort vielfach im überlieferten Ritus zelebriert; die Priester mußten nur selbst dafür sorgen, daß Kanontafeln und das korrekte Messbuch bereitstanden. Auch Priester der Piusbruderschaft, die ein von ihrem Bischof ausgestelltes Zelebret vorlegten, konnten in der Basilika, der faktischen Hauptkirche aller Katholiken, die Messe lesen. Außerdem stranden auch immer schon, da die Nachfrage nach Zelebrationsplätzen regelmäßig die Zahl der Nebenaltäre überstieg, die Altäre in den Grotti der Unterkirche zur Verfügung.

Hier geht es weiterMit dieser im wahren Sinne katholischen Vielfalt soll also nun Schluss sein. „Pastorale Erwägungen“ spielen für die in den kollektivistischen Ideen des vergangenen Jahrhunderts befangenen Novus-Ordo-Ideologen nur dann eine Rolle, wenn sie ihnen ins Konzept passen. Jetzt heißt es: Entweder Konzelebration in Italienisch – oder ab in den Untergrund. Falls die Administration dort einen freien Altar bereitstellen kann und will. Für die Katholiken des überlieferten Ritus bedeutet die Beschränkung auf einen einzigen Altar nach striktem Zeitplan übrigens die Rückverweisung in die Verhältnisse der Zeit vor Summorum-Pontificum: Auch damals durfte die überlieferte Liturgie nur an einem einzigen Altar im Untergrund zelebriert werden. Ob und inwieweit das ein Vorzeichen dafür ist, daß die Uhr auch in anderer Hinsicht auf die Zeit vor Papst Benedikt zurückgedreht werden sollen, ist offen.

Fr. Zuhlsdorf stellt auf seinem Blog noch einige Hintergrundinformationen zu der aktuellen Entwicklung bereit. Danach ist die neue Anordnung buchstäblich die erste Amtshandlung des neuen „Erzpriesters“ der Basilika, des Franziskaners (und seit letztem November Kardinal) Mauro Gambetti, der sein Amt vor noch nicht einmal drei Wochen (am 21. Februar) angetreten hat. Zuhlsdorf schreibt dazu: „Man kann mit einigem Recht annehmen, daß dieser Kardinal einige der seinem Orden eigentümlichen liturgischen Neigungen mitgebracht hat – etwa die in ihren Häusern geübte Praxis der täglichen Konzelebration an Stelle von Einzelmessen. Für ihn ist das wohl normal, und deshalb ist es, welche Überraschung, auch das „neue Normal“ für die Basilika.“

Außerdem teilt Zuhlsdorf mit, daß das Schreiben mit der neuen Anordnung aufgrund mehrer rechtlicher und formaler „Ungewöhnlichkeiten“ zunächst von einigen Beobachtern als Fälschung eingestuft worden war. Edward Pentin, der Rom-Korrespondent des National Catholic Register, hat jedoch inzwischen mitgeteilt, daß von ihm angesprochene Mitarbeiter der Kurie die Echtheit bestätigt haben. Rechtliche und formale „Ungewöhnlichkeiten“ gehören eben mit zum „neuen Normal“ des Vatikans.

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Das verschiedentlich auftauchende Argument, die Neuregelung sei deshalb rechtswidrig, weil nach Can 902 kein Priester zur Konzelebration gezwungen werden kann, erscheint aus zwei Gründen wenig überzeugend. Zum einen schränkt der Paragraph ein, daß solche „Einzelmessen“ nur zulässig sind, wenn nicht gleichzeitig in derselben Kirche auch eine Konzelebration stattfindet. Genau dafür scheint aber die neue Regelung zu sorgen. Zum zweiten wird ja niemand „gezwungen“, in St. Peter zu zelebrieren. Er kann das ja auch mit einem Reisealtar auf dem Nachttisch in seinem Hotel erledigen – alles seine freie Entscheidung, oder?

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