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Weihe Russlands und der Ukraine an das Herz Mariens

Bild: Dominico Ghirlandajo, 1448 - 1494; Zeno.orgIn einem überraschenden Schritt hat Papst Franziskus gestern angekündigt, am 25. 3. zusammen mit weiteren Bischöfen die in einen brudermörderischen Krieg verstrickten Länder Russland und Ukraine dem unbefleckten Herzen der Gottesmutter Maria zu weihen.

An diesem Schritt ist zunächst bemerkenswert, daß der Papst damit die auch in der Kirche virulente Tendenz überschreitet, diesen Krieg im Wesentlichen als als eine politische und innerweltliche Erscheinung zu betrachten, der hauptsächlich mit politischen Appellen und karitativen Aktionen zu begegnen wäre. Die Zahlen der von kirchlichen Würdenträgern und Institutionen abgegebenen Solidaritätserklärungen und die in den Kirchen abgehalten Gebetsnächte stehen, soweit wir das für unser Land überblicken, in einem bedauerlichen Mißverhältnis.

Zum zweiten ist bemerkenswert, daß die Ankündigung, beide kämpfenden Seiten in die Weihe einzuschließen – übrigens auf Anregung der ukrainischen Bischöfe – aus dem bislang dominierenden Schema ausbricht, der einen Seite alles Recht und der anderen Seite alle Schuld zuzuweisen. Es geht offensichtlich nicht um ein Gebet „für den Sieg der gerechten Sache“ oder das, was man dafür ausgibt.

Bemerkenswert – und in einem gewissen Umstand auch bedenklich – ist der Umstand, daß diese Weihe in gewisser Weise als Grenzüberschreitung wahrgenommen werden kann: In beiden Ländern sind die Katholiken in der Minderheit, und die orthodoxe Mehrheit  – sofern es überhaupt noch eine christliche Mehrheit gibt – ist nicht über den Verdacht erhaben, die von Rom angekündigte Aktion als übergriffig mißzuverstehen. Das ist freilich bei allen Friedensaktionen so zu befürchten, die sich nicht in einer schlichten Parteinahme erschöpfen.

Hier geht es weiterEinen über den politischen Raum hinausweisendenInhalt haben Bedenken, da, wo man sich die Frage stellt, was denn eigentlich eine "Weihe" von Ländern an das Herz Mariens bedeuten könne. Das Konzept selbst geht zurück auf den Bericht der Sehekinder von Fatima 1917, daß die Gottesmutter ihnen „die Weihe Russlands an ihr unbeflecktes Herz“ als Voraussetzung für die Bekehrung Russlands und die Sicherung des Weltfriedens genannt habe. Dabei blieb unklar, was genau unter dieser Bekehrung zu verstehen sei – die Abkehr von dem in der Oktoberrevolution dieses Jahres eingeschlagenen Weg oder die Überwindung des seit tausend Jahren andauernden Schismas zwischen Ost- und Westkirche.

Nun ist die „Weihe“ von Städten oder Ländern an das Herz Mariens nichts historisch Neues. Sie wurde wohl in der Tradition überwiegend so verstanden, daß die symbolische Übereignung etwa einer Stadt an die Gottesmutter diese zu besonderen Gnadenerweisen für ihr Eigentum bewegen werde. Voraussetzung dieses Denkens war natürlich die Einsicht, daß man „weihen“ nur das (oder den) kann, was man selbst besitzt oder was sich aus freien Stücken zur Weihe unterstellt hat und die mit einer solchen Weihe verbundenen Bedingungen einhält. In Psalm 8o (81) ist das Wirken eines solchen Bundes hinreichend deutlich beschrieben:

„Israel, wolltest du doch auf mich hören! Kein neuer Gott soll bei dir sein, und du sollst keinem fremden Gott anbeten. Ich bin der Herr, dein Gott, der dich heraufgeführt hat aus Ägypten. Öffne deinen Mund - und Ich will ihn dir füllen.“ Doch mein Volk hat nicht auf meine Stimme gehört; Israel hat mich nicht gewollt. Da überließ ich sie ihrem verstockten Herzen, und sie handelten nach ihren eigenen Plänen.

Was dabei herauskommt, ist seit dreitausend Jahren an unzähligen Beispielen zu sehen.

Die von vielen Gläubigen seit langem erbetene Weihe Russlands an das Herz Mariens ist kein magischer Akt, durch den von der päpstlichen Loggia aus der Lauf der Welt verändert werden könnte. Eine solche Weihe wäre der Abschluß oder zumindest der Anstoß eines Umdenkprozesses, der dazu führt, wieder auf die Stimme des Herrn zu hören. Die mächtige Fürsprache der Gottesmutter kann dazu eine große Hilfe sein – ersetzen kann (und will) sie die Bekehrung der Herzen nicht. „Was er euch sagt, das tut!“

Die bisherigen Entwicklungen sowohl im Kriegsgebiet selbst als auch in den umliegenden Ländern, gerade auch auf westlicher Seite, lassen davon wenig erkennen.

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Einen informativen Überblick über die historischen Hintergründe und theologischen Implikationen einer Weihe Russlands an das Herz Mariens fanden wir auf The Pillar.

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