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Karfreitagspredigt mit Franz Kafka

Die Predigt zum Gottesdienst am Karfreitag in der Peterskirche zu Rom wurde traditionsgemäß vom „Prediger des Päpstlichen Haushalts“ P. Raniero Cantalamessa (O.F.M.Cap) gehalten. Die Website des Vatikans bietet den englischen Text und eine Videoaufzeichnung.

Einen wesentlichen Teil der Predigt nahm die Wiedergabe einer Parabel von Franz Kafka ein - „Die kaiserliche Botschaft“. Kafka schildert hier den aufreibenden Versuch eines Meldeläufers, die ihm vom König auf dem Totenbett anvertraute Nachricht durch das Labyrint eines riesigen Palastes und die Instanzen undurchdringlicher Hierarchien an den Empfänger, an die Untertanen, zu bringen - vergeblich. Er schafft es noch nicht einmal bis zum Ausgang.

Dann zieht der Prediger aus der deprimierenden Geschichte die Nutzanwendung:

Auch Christus hat seiner Kirche auf dem Totenbett eine Botschaft anvertraut: ‚geht hinaus in die Welt und predigt der ganzen Schöpfung die gute Nachricht.’ (...) Wir müssen alles daransetzen, daß die Kirche niemals so erscheint wie das unübersichtliche und verwinkelte Schloss, das Kafka beschrieben hat, und daß die Botschaft so unbeschwert und freudig aus ihr hervorgeht wie sie war, als der Bote seinen Lauf begann. Wir kennen die Hindernisse, die den Boten aufhalten können: Trennwände, vor allem die, welche die verschiedenen christlichen Kirchen voneinander trennen; das Übermaß an Bürokratie; die Restbestände vergangenen Zeremonials, von Gesetzen und Debatten, die jetzt nur noch Schutt sind.

In der Offenbarung sagt Jesus, daß er an der Tür steht und anklopft (Off. 3,20). Manchmal klopft er, wie unser Papst Franziskus feststellt, nicht an, um hereinzukommen, sondern von innen, um herauszugehen, um sich ‚den Vorstädten der Sünde, des Leidens, der Ungerechtigkeit, der religiösen Unwissenheit und Gleichgültigkeit und allen Formen von Unglück zuzuwenden’.

Wie das bei bestimmten alten Gebäuden vorkommt, so wurden sie im Lauf der Jahrhunderte als Reaktion auf Bedürfnisse des Augenblicks mit vielerlei Abteilungen, Treppenhäusern, Räumen und Kammern angefüllt. Es kommt die Zeit, in der wir erkennen, daß alle diese Umbauten den gegenwärtigen Erfordernissen nicht mehr entsprechen, sondern eher Hindernisse darstellen, daher müssen wir den Mut haben, sie abzureißen und das Gebäude wieder in die Einfachheit und die Geradlinigeit der Ursprünge zurückzuversetzen. Das war der Auftrag, den eines Tages ein Mann erhielt, als er vor dem Kruzifix von San Damiano betete: ‚Gehe, Franziskus, und stelle meine Kirche wieder her.’

‚Wer könnte dieser Aufgabe jemals gerecht werden’ fragte sich der Apostel angesichts des übermenschlichen Auftrags, ‚der Wohlgeruch Christi'’ in der Welt zu sein, und das ist seine Antwort, die auch heute noch zutrifft: ‚Wir sind dazu nicht von uns aus fähig, als ob wir uns selbst etwas zuschreiben könnten; unsere Befähigung stammt vielmehr von Gott. Er hat uns fähig gemacht, Diener des Neuen Bundes zu sein, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.’ (2. Cor. 3, 5-6)

Möge der Heilige Geist in diesem Augenblick, in dem für die Kirche eine neue Zeit voller Hoffnung anbricht, in den Menschen, die an den Fenstern die Ankunft der Botschaft erwarten, und in den Boten, die sie erreichen wollen, diese Absicht aufs neue erwecken, und koste es sie das Leben.“

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