Kardinal Burke abgesetzt
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- 09. November 2014
Nun ist also offiziell, was zuvor nur als unbestätigte „Mitteilung aus informierten Kreisen“ gehandelt worden war: Raimond Kardinal Burke verliert auch sein letztes Amt in der Kurie, die Präfektur des Gerichtshofes der Signatura, und wird in den Vorruhestand entlassen. Neuer oberster Richter des heiligen Stuhls wird der bisher nicht als Jurist hervorgetretene Chefdiplomat Dominique Lamberti.
Die Kardinal Burke übertragene Position als Kardinalprotektor des Malteserordens ist kein Amt, sondern ein bloßer Titel, zumal die Führung des Malteserordens selbst wenig Begeisterung über die Ernennung an den Tag legt. Die Führungsspitze ließ durchsickern, der Kardinalprotektor sei eine Art Ehrenbotschafter des Vatikans beim Souveränen Ritterorden der Malteser, er dürfe zweimal im Jahr ein Pontifikalamt feiern, im Novus Ordo, vestehe sich, mit weitergehenden Aufgaben oder Wünschen werde die Ritterschaft den Kardinal nicht behelligen.
Der Entfernung Burkes aus dem Amt vorausgegangen war ein Schauspiel, das die an der Kurie seit Jahrhunderten geübte „Romanitá“ von ihrer abstoßendsten Seite zeigt. Bisher war das Kardinalprotektorat der Malteser ein Ehrentitel, der im hohen Alter an entpflichtete Würdenträger verliehen wurde und ihnen bis zum Lebensende zum Schmuck diente - ein Verfahren, über dessen Zeitgemäßheit man durchaus streiten kann. Mit Rescriptum vom 5. November machte der Papst auch das Kardinalprotektorat zu einer der Positionen, deren Inhaber mit dem 75. Geburtstag ihren Rücktritt einreichen müssen. Der hochbetagte bisherige Kardinalprotektor verstand den Wink und bat sogleich um seine Entlassung, die von der höchsten Autorität huldvoll schon am nächsten Tage gewährt wurde und den Weg für den Transfer des unbotmäßigen Amerikaners am übernächsten Tag freimachte. So schnell kann der päpstliche Apparat handeln, wenn das Wohl der ecclesia semper reformanda es gebietet.
Mit der gleichzeitig erfolgenden Entlasung der Sekretäre der Gottesdienstkongregation dürfte damit die Entratzingerisierung der Kurie weitgehend abgeschlossen sein.
Bei Katholiken, die dem Lehr- und Kirchenverständnis des zurückgetretenen Papstes Benedikt nahestehen, hat das verständliche Unruhe ausgelöst. Von einem „unbarmherzigen“ Vorgehen des sonst doch unentwegt Barmherzigkeit predigenden Papstes ist die Rede, „Solidarität“ wird eingeklagt, und natürlich gibt es auch eine Unterschriftensammlung, die zur Unterstützung des abgesetzten Prälaten aufrufen. Wir geben die Adresse gerne weiter, können uns dem in solchen Aktionen zum Ausdruck kommenden Amts- und Kirchenverständnis jedoch nur sehr begrenzt anschließen.
Mit solchen Wendungen und Aktionen begibt man sich bereits ein paar Schritte zu weit auf den Boden der Kräfte, die die Kirche ganz wesentlich als weltlichen Machtapparat begreifen, der nach den Regeln weltlicher Machtausübung funktioniert. Es ist kein Zufall, daß im Erscheinungsbild der Kirche seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts die Figur des monarchischen Regenten verblasst und - bei den einzelnen Amtsträgern in unterschiedlichem Ausmaß - von der Figur des Politikers abgelöst wird, der sich um seine Popularität sorgt. Unter Franziskus, der von der ersten öffentlichen Minute seines Pontifikats an wie ein Parteiführer im Wahlkampf um seine Wiederwahl wirkt, ist das nur besonders ausgeprägt, aber keinesfalls völlig neu. Auch Papst Benedikt, der sich in seiner Amtsführung von diesen Tendenzen weitestgehend frei zu halten verstand, hat ihnen durch seine unerhörte Abdankung Auftrieb verliehen.
Katholiken, die der Tradition und damit der Kirche selbst treu bleiben wollen, haben sicher Grund, darüber nachzudenken, inwieweit die aus monarchischen Zeiten überkommenen Zeichen und Symbole heute noch das vermitteln können, was sie einst vermitteln sollten und konnten. Den Gedanken des Gottesgnadentums, in dessen Namen die weltlichen und geistlichen Fürsten einst regierten, sollten sie sich jedoch keinesfalls entwinden lassen. Für den Vicarius Christi auf Erden und für die Nachfolger der Apostel trifft er auch heute noch mehr zu, als jemals auf regierende Häupter, und wo in der Kirche diese Gnade entzogen oder gar nicht erst gesucht, verachtet oder abgestritten wird, ist jede Solidaritätsbekundung vergebens.