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Zweifelhafte Jubelfeier

Zu einem ergänzenden Update vom 6. März

Am kommenden Samstag wird in Rom mit einem für das aktuelle Pontifikat ungewöhnlichen Aufwand des 50 Jahrestages der - wie es in der offiziellen Ankündigung heißt - "ersten auf Italienisch gefeierten Messe" - die Papst Paul VI. am 7. März 1965 in der römischen Pfarrei Ognissanti gefeiert habe. Papst Franziskus wird in der gleichen Kirche eine Jubiläumsmesse feiern, und die liturgischen Institutionen des Vatikans und der Diözese Rom veranstalten einen Pastoralliturgischen Kongress in einem nahegelegenen Revuetheater unter dem Motto: „Heute feiern wir die damals eingeführte neue Form der Liturgie in allen Pfarreien und Kirchen der Welt, so daß das Volk ihnen folgen kann. Die Messe vor 50 Jahren war ein großes Ereignis. Wir erinnern daran als den Beginn eines blühenden geistigen Leben und eine neue Kraftanstrengung zur Teilnahme an dem großen Dialog zwischen Gott und Mensch.“

Das Jubiläum ist doppelt zweifelhaft: Einmal, weil es äußerst umstritten ist, ob der inzwischen eingetretene vollständige Übergang zur Volkssprache in der Liturgie die seinerzeit erhofften und heute wie auch in der Kongressankündigung immer wieder in den höchsten Töne besungenen Früchte gebracht hat. Zum zweiten aber, und auf diesen Aspekt wollen wir uns für heute beschränken, weil es mehr als zweifelhaft ist, daß Papst Paul VI. am genannten Termin tatsächlich die „erste Messe in italienischer Sprache“ gefeiert hätte.

Erst am 27. Januar 1965 - also sechs Wochen zuvor - war der erneuerte Messordo veröffentlicht worden, in dem entsprechend der 'Ersten Instruktion zur ordnungsgemäßen Durchführung der Liturgiekonstitution' Inter Oecumenici vom September 64 die Erlaubnis erteilt wurde, wesentliche Teile der hl. Messe, jedoch mit strikter Ausnahme des Kanons, in der Volkssprache zu lesen. Die Erlaubnis, den Kanon laut und in der Volkssprache vorzutragen, kam erst mit der zweiten Instruction Tres Abhinc Annos vom 4. Mai 1967. Papst Paul trat in diesen Jahren stets energisch gegen die überaus häufigen liturgischen Experimente auf, die den jeweils geltenden Vorschriften keinerlei Respekt erwiesen. Es ist daher eher unwahrscheinlich, daß er selbst sich in so spektakulärer Weise über unmittelbar zuvor erlassene Anordnungen hinweggesetzt hätte - unmöglich ist es nicht.

Im übrigen zeigt das von news.va zum Artikel veröffentlichte Photo - oben ein Ausschnitt - durchaus schon Züge heutiger liturgischer Praxis: Papst Paul zelebriert offenbar an einem vor den Stufen zum Hauptaltar provisorisch aufgeschlagenen Volksaltar. Auf dem Altartisch konkurrieren (mindestens) drei Mikrophone mit einem kleinen Kruzifix um die Plätze, und einer der in choro teilnehmenden Kleriker bannt den denkwürdigen Augenblick auf den Film seiner Kamera.

Update:

Das ist interessant: Die Kirche Ognissanti ist, wie es der Zufall will, die Titelkirche von Kardinal Walter Kasper. Radio Vatikan, genauer gesagt, die Deutsche Redaktion des vielstimmigen Senders, hat deshalb ein Interview mit dem Kardinal-Reformator geführt. Der Würdenträger aus dem Lande Luthers nutzt die Gelegenheit, nicht nur seine Begeisterung über die Liturgiereform zu Protokoll zu geben, sondern auch seine Hoffnung auszudrücken, Papst Franziskus stehe für „eine neue Phase der Konzilsrezeption“. Schließlich sei das Konzil nur - so sagte es seinerzeit Karl Rahner - der 'Anfang eines Anfangs', es sei noch viel zu tun.

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