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Kann Erzbischof DiNoia die Rekonziliation retten?

Kardinäle in RückenansichtIm Vatikan, zumindest in einigen Abteilungen, geht es derzeit zu wie im Tollhaus - die „Kollegialität“ feiert traurige Triumphe. Die Kräfte in der Kurie, die eine Rekonziliation der Piusbruderschaft um jeden Preis verhindern wollen, scheinen in der Glaubenskongregation das Übergewicht gewonnen zu haben - vorläufig. Und nun hat auch die Bruderschaft ihre Maulwurfs-Affäre. Kaum geschrieben, war gestern ein vertrauliches Dokument, das - unter anderem - die Ablehnung der aktuellen Fassung der zum x-ten Male umformulierten „Doktrinären-Präambel“ ausdrückte, schon im Internet verbreitet.

Zusammen mit der gestern erfolgten überraschenden Ernennung von Erzbischof DiNoia zum Vizepräsidenten der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei (als Präsident figuriert der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Levada) und den anschließend veröffentlichten offiziellen Erklärungen zu diesem Schritt und einem ebenfalls gestern veröffentlichten Interview des neuen Vizepräsidenten beim Catholic News Service ergibt sich nun das Bild eines auf beiden Seiten von erbitterten Auseinandersetzungen begleitenden Kampfes um die Rückkehr der Piusbruderschaft in die volle Einheit mit dem Papst, in dem die vorgeblich „liberalen“ Kräfte in der Kurie und der zum Schisma und Sedisvakantismus neigende Teil der Bruderschaft im engen Bündnis gegen Papst Benedikt (und Bischof Fellay) vereint sind.

Den ersten Schlüssel zum Verständnis der Entwicklungen bietet eine Passage aus dem durchgestochenen Bericht des Generalsekretaiat der Bruderschaft an die Bischöfe und Oberen der Gemeinschaft. Dort heißt es:

Wie Ihnen bekannt ist hat unser Generalobererer unter dem Datum vom 15. April auf den Brief von Kardinal Levada vom 16. März geantwortet, in dem noch einmal die Doktrinäre Präambel in der Fassung vom 14. September 2011 bekräftigt worden war. Er wollte mit seinem Entwurf aus der Sackgasse, die diese Präambel bedeutete, herauskommen, und nach verschiedenen übereinstimmenden Quellen schien dieser Entwurf auch den Anforderungen des Papstes zu genügen.

Am 13. Juni gab Kardinal Levada dem Generaloberen seinen Entwurf vom April zurück, jedoch war dieser Text so redigiert, daß er in allen wesentlichen Punkten wieder die Positionen vom September 2011 zum Ausdruck brachte. Bischof Fellay teilte ihm darauf sofort mit, daß dieses veränderte Dokument so nicht akzeptabel sei und er es daher nicht unterschreiben könne. Das bevorstehende Generalkapitel wird Gelegenheit haben, sich mit dem gesamten Vorgang zu beschäftigen."

Anscheinend haben also die Bremser, oder sollte man besser sagen „Saboteure“, hinter Kardinal Levada den Entwurf Bischof Fellays redaktionell so bearbeitet - die Kurialen sind Meister in dieser Disziplin - daß sie ihn „nach Oben“ weiterhin als dessen Text ausgeben konnten, er in Wirklichkeit aber einen anderen, den von ihnen bereits im September niedergelegten Inhalt ausdrückte.

Wenn wir die ebenfalls gestern im Namen der Glaubenskongregation veröffentlichte Erklärung zur Ernennung von Erzbischof DiNoia richtig verstehen, ist diese Ernennung die unmittelbare Antwort des Papstes auf diesen Winkelzug. Es heißt dort unter anderem:

Die Ernennung eines so hochrangigen Prälaten für diese Position ist ein Zeichen der Hirtensorge des Papstes für die traditionsorientierten Katholiken in Gemeinschaft mit dem Heiligen Stuhl und seiner festen Absicht zur Rekonziliation der traditionsorientierten Gemeinschaften, die nicht in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri stehen. (...)

Als anerkannter dominikanischer Theologe hat Erzbischof DiNoia sich intensiv mit den hier angesprochenen Lehrfragen und dem Vorrang der Hermeneutik der Kontinuität und Reform bei der korrekten Interpretation des II. Vatikanischen Konzils befasst - das ist von entscheidender Bedeutung für den Dialog zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft."

Gleichzeitig drückt die Erklärung allerdings auch die Absicht aus, die in letzter Zeit mehrfach zu hörende Zweigliedrigkeit der Formel von der „Kontinuität und Reform“ in beiden Elementen ernst zu nehmen:

Die Erfahrungen und die weiterbestehende Verbindung von Erzbischof DiNoia mit der Gottesdienstkongregation werden die Entwicklung bestimmter erwünschter liturgischen Vorgaben in der Feier nach dem Missale Romanum von 1962 erleichtern.

Erzbischof DiNoia selbst hat sich in einem ebenfalls gestern veröffentlichten Interview mit CNS zu seinem Verständnis von der nun übernommenen überaus schwierigen Augabe geäußert und dabei bemerkenswerte Positionen eingenommen:

Es ist möglich, auch bei unterschiedlichen theologischen Ansichten in Gemeinschaft mit dem Stuhl Petri zu stehen"

Damit drückt er zunächst eine Anerkennung des wenig ersprießlichen status quo aus, der davon gekennzeichnet ist, daß der „Stuhl Petri“ bisher nur in den seltensten Fällen seine fortbestehende Einheit mit dissidierenden Bischöfen und Theologen aufgekündigt hat. Der Erzbischof verzichtet zunächst darauf, zu problematisieren, welcher Stellenwert dieser Einheit zukommt. Aber er zeigt sich bereit, diesen „erweiterten Einheitsbegriff“ jetzt auch auf die Vertreter der Tradition auszuweiten. Und in Bezug auf die ständige Berufung liberaler Kräfte auf ihre Deutung der Dokumente des II. Vaticanums stellt er fest:

Eines, worauf wir immer wieder hinweisen, ist daß man bei der Lektüre der Konzilsdokumente nicht den Blickwinkel irgendeines liberalen Bischofs anlegen kann, der vielleicht damals teilgenomen hat, sondern man muß sie so lesen, wie sie da stehen. Wenn man annimmt, daß die Kirche unter der Leitung des Hl. Geistes steht, können diese Dokumente keinen Bruch gegenüber der Tradition bedeuten."

In dem erbitterten Ringen um die Richtungsentscheidung, die mit der Zustimmung zur oder Verweigerung der Rekonziliation der Piusbruderschaft verbunden ist, scheint Papst Benedikt mit der Ernennung von Erzbischof DiNoia die Initiative wieder an sich gezogen zu haben.

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