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Nachdenken über Immobilien

Bild: aus dem verlinkten VerkaufsprospektZugegeben, die Orte Frielendorf, Oberaula und Schrecksbach aus der Umgebung des oberhessischen Schwalmstadt, die uns bis gestern gänzlich unbekannt waren, sind nicht gerade der Nabel der Welt. Aber die drei Flecken mit zusammen etwa 13000 größtenteils nichtkatholischen Einwohnern haben eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit: In allen dreien stehen die früheren katholischen Pfarrkirchen zum Verkauf, die durch den zurückgehenden Gottesdienstbesuch und die folgenden Pfarreizusammenlegungen überflüssig geworden sind. Die drei Kirchen waren nach dem letzten Weltkrieg gebaut worden, als katholische Heimatvertriebene in die vorher rein evangelische Gegend kamen, und sind nicht wirklich Schmuckstücke der Sakralarchitektur. Aber zu zweien davon gehört auch ein Pfarrhaus, und das derzeit leerstehende in Frielendorf hat nicht nur über 400 m² Wohnfläche, sondern es ist auch als Kulturdenkmal geschützt. Soll heißen: Die Verwertungsmöglichkeiten der Doppelimmobilie, die in der Gegend ohnehin gering sein dürften, erscheinen empfindlich eingeschränkt.

Beim Blick auf Google-Earth wird nun ersichtlich, daß in einem Radius von 35 km um Schwalmstadt Orte wie Marburg, Bad Hersfeld, Alsfeld und Fritzlar liegen. Auch nicht gerade Brennpunkte des katholischen Lebens in Deutschland, aber Menschen-(und Katholiken-)leer ist die Gegend nun auch nicht. Selbst wenn, wie man befürchten muß, die Verkehrsverbindungen in der Region eher suboptimal sind, erscheint es nicht abwegig, sich vorzustellen, daß es in einer solchen Gegend genug Katholiken gibt, denen bei der Wort-Gottes-Feier der Gemeindereferentin etwas fehlt, die den Synodalen Irrweg nicht aus ganzem Herzen mitgehen und die sogar bereit wären, sonntägliche Mitfahrdienste zu organisieren, um sich und anderen den Besuch einer richtigen katholischen Messe zu ermöglichen. Wenn es nicht anders zu haben ist, auch in der überlieferten Liturgie.

Natürlich wissen wir nicht, ob gerade Schwalmstadt und Umgebung das geeignete Umfeld für für die Installation eines solchen „Pfarrverbundes der Tradition“ bieten können, doch darum geht es auch gar nicht. Hier geht es weiter Wir sind halt nur zufällig auf das dortige Verkaufsangebot gestoßen, das noch bis zum 30. Juni gilt; Besichtigungsmöglichkeit am 3. 6.. Worum es geht, ist, daß die von den Bischöfen des synodalen Weges veruntreute Kirche in Deutschland sich wie viele Unternehmen, deren Geschäftsmodell in eine Krise geraten ist, „aus der Fläche zurückzieht“ und damit Räume für diejenigen eröffnet, die sich zutrauen, es besser zu machen. In diesem Sinne gilt: Schwalmstadt ist fast überall. Für die nächsten Jahren ist eine enorme Welle von Kirchenschließungen angesagt, die meistens mit der Absicht einhergehen, die entsprechenden Immobilien auf dem Markt zu verwerten.

In einer Zeit, in der die nominell noch katholische Kirche offiziell den Gemeinden und Gemeinschaften der Tradition die Nutzung von Pfarrkirchen verbietet, muß das unsere Aufmerksamkeit wecken. Natürlich ist die Synodalkirche bisher und wohl auch auf kürzere Frist nicht bereit, irgendetwas von dem, was sie aus Kirchensteuermitteln oder frommen Zuwendungen erworben hat, an die Verteidiger von Lehre und Liturgie der Kirche weiterzugeben – nicht für Geld und gute Worte. Aber denken wir einmal ökumenisch: Den Gemeinden aus der Reformation geht es ja großenteils genau so schlecht, wenn nicht schlechter. Sie lassen sich zwar bisher weitgehend in das von der Bischofskonferenz verhängte Embargo einbinden, aber das wird sich angesichts der bevorstehenden Flutung des Immobilienmarktes mit denkmalgeschützten kirchlichen Bauwerken schon auf mittlere Sicht nicht durchhalten lassen. Und auch die modernistischsten Diözesen werden in Anbetracht des auf sie zukommenden Berges von Renten-Verpflichtungen in Zukunft nicht mehr so genau hinschauen können, wer bereit ist, einen Teil ihrer Immobilienlast zu schultern. Die Konkursmasse ist groß – aber der Investoren sind immer weniger.

In dieser Situation ist Kreativität und Flexibilität gefragt. Gibt es im Raum der Tradition keine Leute, die etwas vom Immobiliengeschäft verstehen, die wissen, wie man mit Projektbeschreibungen jongliert, die schon einmal einen anonymen Fonds in Liechtenstein oder wenn es sein muß auch auf den Kaiman-Inseln gegründet haben? Gibt es keine der Tradition zugeneigten Laien (und Laiinnen natürlich auch), die einen Teil ihres Vermügens in einen Kirchenbaufonds der neuen Art einbringen würden? Wäre es so aussichtslos, sich in den „Dialog“ mit der Lokalpolitik zu begeben und den vom Immobilienmarkt oft als Investitionsbremse gesehenen Denkmalschutz zum Verbündeten zu machen?

Einen guten Teil der hier ins Auge gefassten Aktivitäten könnten Laien, die keiner kirchlichen Disziplin unterliegen, „auf eigene Rechnung“ übernehmen. An den Gemeinschaften läge es, hier Modelle der Zusammenarbeit zu entwickeln, die einerseits den Zugriff der Bischöfe oder der Ordenskongregation auf die Vermögenswerte zuverlässig verhindern, andererseits aber auch die stets drohende Gefahr verringern, daß solche „Eigenkirchen“ ein dem Glauben und dem Leben der Kirche unzuträgliches Eigenleben entwickeln. Auch in diesem Bereich sind also Kreativität und Flexibilität gefragt, dazu die der katholischen Tradition eher weniger vertraute Fähigkeit, zum Erkennen und Nutzen von Grauzonen.

Die Franziskaner der Immakulata, deren Gemeinschaft zwar von der Ordenskongregation weitgehend stranguliert werden konnte, deren Liegenschaften und Bibliotheken jedoch dem gierigen Zugriff der Kurie entzogen blieben und in besseren Zeiten wieder zur Verfügung stehen, bietet ein studierenswertes Beispiel. Die Piusbruderschaft ein anderes, und wer gut hinschaut, erkennt noch weitere – deren öffentliche Erörterung freilich unzweckmäßig wäre. Je mehr sich die durch den Glaubensabfall der Bischöfe entstehende Grauzone ausweitet, desto größer werden die Spielräume, darin zu navigieren – und desto geringer und desto weniger überzeugend werden die Möglichkeiten der Quasi-Schismatiker an der Macht, dem durch Einsatz von immer unglaubwürdiger werdenden „Rechtsmitteln“ zu begegnen. Den „Kadavergehorsam“ mögen die auf dem Weg nach unten und aus der Kirche heraus besonders erfolgreichen Jesuiten als ihre Monstranz vor sich hertragen. Der Wahre Gehorsam in  der Kirche sieht anders aus.

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