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„Mariä Himmelfahrt“

Im vergangenen Jahr hatten wir zum Fest der Aufnahme Mariens in mehreren Beiträgen historische und theologische Hintergründe dieses Festes beleuchtet, das zu den ältesten Marienfesten überhaupt gehört. Hier noch einmal die entsprechenden Artikel im Einzelnen:

Zur Geschichte des Dogmas: Assumptio Mariä und Klarheit für den Glauben

Die Überlieferung: Vom Transitus Mariæ zu Martin von Kochem

Die Proprien des Festes in Missale und Brevier: Keine Hymnen auf die Himmelfahrt?

Aus der Legende ins 20. Jahrhundert: Das Marienleben des Dichters

Schon zwei Jahre zuvor hatten wir das große Mariengedicht des nicht ganz so frommen Dichters Rainer Maria Rilke präsentiert, über das man sich nicht genug wundern kann: Wenn heute ein zeitgenössischer Dichter auf so eine Idee käme, würde er den Löwen vorgeworfen. In diesem Jahr greifen wir auf einen Dichter zurück, der das seinerzeit nicht befürchten mußte: Adam v. St. Viktor aus dem 12. Jahrhundert, der drei große Sequenzen für die Woche der Assumptio Mariä geschaffen hat, wobei er das Festgeheimnis allerdings nur in einer davon expressis verbis anspricht: Ave virgo singularis, mater.

Heil dir, Jungfrau voll der Ehre,
Heilands Mutter, einzig hehre,
Sei gegrüßt du Stern der Meere,
Stern, der nie vom Wege irrt;
Wenn des Lebens Stürme wehen,
Hilf, daß wir nicht untergehen,
Hilf uns deinen Sohn erflehn,
Daß uns seine Gnade wird.

Wellen wüten, Stürme toben,
Fluten rollen, hoch erhoben
Unser Schifflein schaukelt oben,
Von Gefahren rings umdroht:
Hier Sirenen, Süß im Sange,
Dort Piraten, Hund und Schlange,
Alles macht uns Armen bange,
Alles rüstet unsern Tod.

Bald in Abgrunds Wellenrachen,
Bald zum Himmel rast der Nachen,
Segel flattern, Maste krachen,
Säumig ruht des Schiffers Kraft;
So bedrängt von allem Bösen,
Schwindet unser leiblich Wesen:
Geistge Mutter komm zu lösen
Unsrer Seelen Todeshaft.

Tu, von Himmels Tau begossen,
Holde Blume keusch verschlossen,
Hobst doch seltsam an zu sprossen
Blühtest neu zum Heil der Zeit:
Vaters Wort ihm gleich an Größe,
Nahm die Jungfrau zum Gefäße,
Stieg für uns zu niedrer Blöße,
Tief in Schoßes Dunkelheit.

Er, der Herrscher aller Wesen, H
at von je dich auserlesen:
Ohne deine Scham zu lösen,
Füllt' er deinen heilgen Schoß;
Ohne daß dich Schmerzen engten,
Wie sie Eva einst bedrängten,
Ohne daß dich Leiden kränkten,
Ward der Heiland in dir groß.

O Maria, deine Ehren
Deine Würde zu bewähren,
Hebt dich ob den Engelchören
Gottes Huld ins höchste Licht.
Selig drum ist dieses Tagen,
Das zum Himmel dich getragen:
Uns, die hier in Tiefen zagen,
Neig als Mutter dein Gesicht.

Heilge Wurzel, heilges Leben,
Duftge Blume, Stock voll Reben,
Ölbaum, der du Frucht gegeben
Ohne fremden Keimes Kraft:
Klarste Zone, Himmelskrone,
Leuchtend überm Sonnenthrone,
Bitt für uns bei deinem Sohne,
Eh die Strafe uns entrafft.

Hoch in Königs lichtem Prangen
Denk des Häufleins, das mit Bangen,
Tief in Schuld und Pein verfangen,
Gnadeflehend dich umschart;
Denn der Richter voll der Milde,
Wert des Ruhms der Weltgefilde,
Gab ja Hoffnung uns zum Schilde,
Da er Kreuzes Opfer ward.

Jesus, Heilgen Schoßes Blüte,
Sei in Lebens Sturmgewüte
Himmelaufwärts dem Gemüte Führer,
Weg und frei Geleit;
Lenk uns steuernd durch die Stürme,
Ebne sanft der Wogen Türme,
Gib, daß uns dein Hafen schirme,
Mild zu unserm Heil bereit.

(Deutsch von Franz Wellner)

Den lateinischen Originaltext und weitere Informationen finden Sie auf dem Hymnarium

Zusätzliche Informationen