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Passierschein für die alte Messe

Bild: aus dem im Text zitierten Artikel auf NLMNew Liturgical Movement hat dieser Tage ein bemerkenswertes Zeitdokument aus dem Jahr 1985 veröffentlicht: einen Passierschein, mit dem das Ordinariat des damaligen Erzbischofs Rembert Weakland von Milwaukee einer Person einmalig erlaubte, eine Kapelle zu betreten, in der erstmalig am 23. Februar 1985 die hl. Messe nach den Büchern von 1962 gefeiert wurde. Der Passierschein war bei dem eigens eingerichteten Wachdienst an der Kapellenpforte vorzuzeigen und war nicht übertragbar; die Mitnahme weiterer Personen war nicht gestattet.

So war das halt – vier Jahre vor dem Fall der Berliner Mauer und 22 Jahre vor Summorum Pontificum. Der absurde Umgang des zu den hervorragenden Vertretern der liturgischen Bewegung (und der liturgischen Reform) in den USA zählenden Erzbischofs zheugt von der Entschlossenheit damaliger kirchlicher Würdenträger, sich vom liturgischen Erbe der Kirche loszusagen. So wie heute viele dieser Vertreter bemüht sind, das dogmatische Erbe ihrer Kirche auf den Altären des Zeitgeistes zu opfern.

Die Frage, die sich an diese Feststellung anschließt, ist, wie lange es wohl dauern wird, bis sie auch hinsichtlich des von Papst Benedikt rehabilitierten liturgischen Erbes wieder zu den Gewohnheiten der 70er und 80er Jahre zurückkehren wollen. Anzeichen in dieser Richtung sind unübersehbar – etwa in den Stimmen bei der letzten Vollversammlung der italienischen Bischofskonferenz, die eine Rücknahme des Motu Proprio von 2007 fordern. Die Praxis der deutschen Bischofskonferenz ist kaum besser, wenn sie die Feier der überlieferten Liturgie womöglich in Friedhofskapellen verbannt oder der Einfachheit halber auf dem Umweg über den von der Piusbruderschaft längst ausgeschlossenen Bischof Williamson in die Nähe faschistischen Ungeistes rückt.

Wir müssen mit allem rechnen. Die Frage ist, ob es auch funktionieren wird. Schon Summorum-Pontificum hat auf schwer widerlegbare Weise klargestellt, daß das Kirchenregiment nicht die Vollmacht hat, eine jahrhundertelang gültig in ihrem Auftrag gefeierte Liturgie zu verbieten. Das gegenwärtige Pontifikat hat es überdeutlich werden lassen, daß ein Papst, der von den Leitlinien der Tradition abrückt, den Anspruch auf Gehorsam nicht mehr durchsetzen kann – weder bei denen, denen seine Einfälle zu weit gehen, noch bei denen, die noch mehr Revolution verlangen. Ein Kirchenregiment, das sich selbst nicht an seine Rechtsordnung hält, verliert Autorität und Vollmacht. Das Schwert der Exkommunikation ist stumpf geworden. Selbst ein Versuch, die erfreuliche Entwicklung der Zahlen bei dern „altrituellen“ Priesterweihen zu bremsen – etwa durch Verweigerung der Zustimmung zur Weihe – würde kaum erfolgreich sein. Es gibt genug Bischöfe, die sich einer dahin gehenden Anmaßung widersetzen würden.

Die Weigerung der meisten deutschen Bischöfe, den Gläubigen und Priester, die an der überlieferten Lehre und Liturgie festhalten, einen Platz innerhalb der Strukturen zuzugestehen, erweist sich inzwischen als großer Vorteil: Es sind, am sichtbarsten in der Piusbruderschagft, der Sache nach aber auch darüber hinausgehend, neue Strukturen entstanden, die finanziell von den Bistümern weitgehend bis vollständig unabhängig sind. Die Ordinariate haben die Fähigkeit, zur Einrichtung von Grenzkontrollstellen und zur Ausgabe von Passierscheinen endgültig verloren.

Was nicht heißt, daß sie es nicht trotzdem einmal versuchen werden.

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