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TC ist erst der Anfang

Bild: Wikimedia CommonsAllzuviel hat sich nach dem als Kampfansage gegen die Tradition wahrgenommenen (und auch gemeinten) Erlaß von Traditionis Custodes in den letzten Wochen noch nicht geändert. Nach wie vor reagieren in den meisten Ländern die Bischöfe schleppend auf die neue Verordnung – einen Überblick zur Lage der Diözesen in England und Wales gibt es hier, an anderer Stelle werden Meldungen zum Stand der Dinge in allen Diözesen der Welt gesammelt und aufgelistet. Bisher sind dort mit Meldungen aus über 140 Bistümern hauptsächlich anglophone Länder vertreten. Das Projekt lebt von der Bereitschaft der Anhänger des überlieferten Ritus, Informationen aus ihrem Umfeld einzugeben.

Das viele Grün („keine Veränderung gegenüber vorher“ auf diesen Anzeigen sollte jedoch nicht zu dem voreiligen Schluß verleiten, daß die Auswirkungen des neuen MP schon nicht so gravierend sein würden, wie zunächst befürchtet. In vielen Diözesen – insbesondere gilt das auch für die in der Tabelle kaum erfaßten Länder Deutschland oder Italien – hatten die Ortsbischöfe schon bisher eine schwere Hand bei der Ermöglichung von Messfeiern im überlieferten Ritus – sie haben wenig Grund, etwas am Status quo ändern. Aussagekräftiger sind da womöglich die Einschränkungen, die an bisher als ehrer traditionsfreundlich gesehenen Orten verfügt worden sind – so z.B. in der amerikanischen Diözese Galveston-Houston unter Erzbischof DiNardo oder am päpstlichen Nordamerika-Kolleg PNAC in Rom. Dort wurde auch die (zusätzlich angebotene) Unterweisung der Seminaristen in der überlieferten Liturgie eingestellt – wie es heißt, nach unmittelbarer Einflußnahme aus den Kongregationen. Ein unheilkündendes Vorzeichen wenn man bedenkt, daß das PNAC insbesondere in Nordamerika als Musterseminar angesehen wurde. Doch offenbar soll die überlieferte Liturgie in der Priesterausbildung generell keinen Platz mehr haben – das ist nur logisch, wenn dieser Ritus ohnehin aus dem Leben der römischen Kirche „gecancelled“ werden soll

Tatsächlich hat „Rom“ zahllose Möglichkeiten, widerspenstige Bischöfe auf Linie zu bringen. Diese Möglichkeiten wurden in der Vergangenheit freilich so gut wie nie genutzt, um modernistische Abirrungen zu korrigieren. Doch Franziskus wird trotz allen Geredes von „Dezentralisierung“ nicht zögern, sie einzusetzen, um seine Politik durchzusetzen. Diese unbedingte Bereitschaft zum „Durchgriff“ ist übrigens auch hinsichtlich der Fülle von kompetenten und scharfsinnigen Analysen der juristischen Unzulänglichkeiten und Fehlleistungen zu berücksichtigen, von denen es in TC nur so wimmelt. Tatsächlich gilt es für alle Versuche, die Wirksamkeit von TC mit rechtlichen Mitteln einzuschränken: Wo solche Mittel wirklich zu einem Hindernis für die Absicht der Liturgierevolutionäre zur endgültigen Abschaffung der überlieferten Liturgie werden könnten – so etwa die von mehreren amerikanischen Diözesen ausgesprochene Dispens nach Canon 87 des kirchlichen Gesetzbuches – kann niemand das römische Regime daran hindern, lästige Paragraphen informell zu umgehen oder formell abzuschaffen. Präzedenzfälle in dieser Richtung hat er in den letzten Jahren mehr als genug geliefert – hagan lio!

Was also ist zu tun? Die gemeinsame Erklärung der Oberen der Ex-Ecclesia-Dei-Gemeinschaften ist ein erfreuliches Zeichen, daß diese doch sehr unterschiedlichen Institute ein hohes Maß an Übereinstimmung erzielen konnten. Und sie haben ihre Position in deutlicher Sprache vertreten, die dennoch keinen Vorwand bietet, ihnen „spalterische Absichten“ (so hieß das damals im Stalinismus) zu unterstellen. Allerdings haben wir wenig Hoffnung, daß der von den Oberen erbetene „Dialog“ mit der Kirchenführung jetzt, wenn auch verspätet, doch noch zustande käme. Dialog führt die Kirche des Konzilsgeistes mit kirchenfeindlichen Verbänden, mit Ideologen des Amtsjudentums (zu verstehen in Analogie zur „Amtskirche“) und natürlich auch des Islam sowohl in seinen (vermeintlich) zivilisierten als auch seinen blutrünstigen Spielarten. Keinen Dialog gibt es unter dem gegenwärtigen Regiment mit denen, die – so die Sprachregelung „vor das Konzil zurück“ wollen, d.h. mit denen, die einfach nur katholisch sein wollen so, wie schon ihre Väter und Vorfahren das waren.

In einem haben Franziskus und seine Stichwortgeber in San Anselmo und Bologna ja auch recht: Zwischen dem, was immer und für alle katholisch war und dem, was unter dem Stichwort vom „Geist des Konzils“ seit 60 Jahren als „moderne Kirche“ propagiert wird, gibt es einen tiefgehenden Bruch, und dieser Bruch kommt nirgendwo so sehr zum Ausdruck wie in der Liturgie. Tatsächlich bildet die überlieferte Liturgie nach dem Ritus des hl. Gregor, dort, wo sie einen legitimen Platz in der Kirche hat, eines der letzten Halteseile, das die Kirche im 21. Jahrhundert vor dem endgültigen Abdriften weg von der Stiftung Christi und der apostolischen Überlieferung bewahrt. Nicht alle päpstlichen Wortmeldungen, aber die großen Interviews und die normgebenden Schriften und Maßnahmen dieses Pontifikats waren darauf gerichtet, diese Halteseile zu kappen und den Weg „von Kirche“ in eine neue Weltordnung des umfassenden Relativismus und einer nur auf dieser Grundlage erlaubten Vielfalt in Gleichgültigkeit zu bahnen.

Traditionis Custodes ist sicher der gewaltsamste Schritt, der auf diesem Weg bisher unternommen worden ist. Weitere werden folgen. Die auch im Sommer hoch produktive römische Gerüchteküche weiß zu melden, daß noch in diesem Monat ein weiterer Schritt geplant sei, der die Gemeinschaften der Tradition im Innern treffen müßte: Aufnahmestopp für neue Mitglieder, Aussetzung der Weihen für bestehende Seminaristen und – hier werden zwei Varianten gehandelt – gänzliche Aufhebung der Seminare oder deren Unterstellung unter eine Leitung im Dienste des Konzilsgeistes.

Inwieweit solche Maßnahmen den erwünschten Erfolg haben – das zeitlich mehr oder weniger geraffte oder erstreckte Aussterben der überlieferten Liturgie – hängt davon ab, ob die Gemeinschaften und ihre Priester die Kraft finden, den für Anhänger der Tradition ungewohnten Schritt in die Verweigerung des Gehorsams gegenüber ungerechten und schädlichen Befehlen zu gehen.

Hl. Athanasius, bitte für uns.

Athanasius der Große, (~300 – 373, mehrfach wegen seiner Verteidigung des rechten Glaubens exkommuniziert und verbannt, später als Kirchenlehrer geehrt.)

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