Motu Proprio: Summorum Pontificum

Hauptnavigation


Zusatzinfo

Italien

Merkwürdiges aus Novara und Savona Noli - es könnte aber auch anderswo sein

Bischof Renato Corti

Novara

Aus dem Bistum Novara wurde Anfang der Woche gemeldet, der dortige Bischof, Renato Corti, habe drei Priester suspendiert, weil sie darauf bestanden hätten, die hl. Messe in der außerordentlichen Form zu feiern. Seitdem hat sich die Nachrichtenlage ständig verändert und auch inhaltlich verschoben – der Stand am 29. 11. stellt sich allerdings deutlich anders dar als noch vor 48 Stunden.

Wenn wir die verschiedenen Berichte richtig deuten, sieht die Sache so aus: Die drei Priester wurden nicht suspendiert, sondern sind in eine Art „Streik“ getreten, - sie haben sich quasi selbst suspendiert. Und als Grund für diese bemerkenswerte Maßnahme führen Sie an, der Bischof habe von ihnen verlangt, die Messe in der regulären Form des römischen Ritus zu feiern, obwohl sämtliche Gemeindemitglieder die Messe im älteren Ritus verlangt hätten.

Tatsächlich mußte wohl ein „Ersatzpriester“, den der Bischof am letzten Sonntag in die betreffenden Gemeinden schickte, unverrichteter Dinge wieder abziehen, weil die Pfarrangehörigen ihren Priestern die Stange hielten und nicht zur Teilnahme an der „ordentlichen“ Sonntagsmesse erschienen.

Vorausgesetzt, daß es sich tatsächlich so verhält, muß man natürlich zunächst allen Beteiligten bescheinigten, sich unklug und sogar falsch verhalten zu haben: Die Priester können nicht einfach ablehnen, mindestens eine Messe in der regulären Form anzubieten, und der Bischof ist schlecht beraten, auf diesem Angebot zu bestehen, wenn tatsächlich niemand es wahrnehmen will. Ein „Streik“ von Priestern, die Verweigerung des Messopfers, ist in jedem Fall unzulässig – und die Gemeindemitglieder, die lieber die Sonntagsmesse ganz versäumten, als an einer Messe im Novus Ordo teilzunehmen (haben sie das nicht 40 Jahre lang getan?), haben sich ebenfalls ins Unrecht gesetzt.

Es ist abzuwarten, wie sich das wieder einrenkt. Msgn. Perl von der Kommission Ecclesia Dei hat immerhin schon einen Ausweg angedeutet: Wenn es wirklich kein Interesse an der Teilnahme an der Messe in der ordentlichen Form gebe, könne der Bischof ja für eine Probezeit von drei Jahren eine Sonderregelung treffen, das sei zwar nicht nach dem Wortlaut, aber nach dem Sinn des Motu Proprio durchaus möglich...

Neben dem rechtlichen Aspekt hat die Sache aber natürlich noch eine andere Seite. Anscheinend hat die Liturgiereform der 70er Jahre bzw. ihre oft brachiale Durchsetzung an einigen Orten Wunden geschlagen, die bis auf den heutigen Tag nicht geschlossen werden konnten – dafür gibt es auch hierzulande Beispiele. Die Verletzungen waren vielleicht oberflächlich ruhig gestellt, aber wo es nicht zur Heilung kam, bricht jetzt das ganze Elend wieder auf. Mit einer kriegerischen Herangehensweise ist da nichts zu gewinnen, für keine der beteiligten Seiten. Nun muß sich erweisen, was dran ist an der „pastoralen Offenheit“ auf der einen und der „Treue zur Kirche und ihrer Tradition“ auf der anderen Seite.

Savona Noli

Screenshot v. 29.11.

„Pastorale Offenheit“ gibt das Stichwort für den Übergang zur zweiten irritierenden Nachricht aus Italien. Am Montag, den 26. 11. erschien die Website der Diözese Savona Noli mit einer Meldung auf der ersten Seite, die in unmißverständlichen Worten mitteilte:

„Schluß – bis auf weitere Entscheidungen – mit Messen nach dem Ritus des hl. Papstes Pius V.“ Nach dem kürzlichen Vorkommnis in der Kapelle von St. Michael in Celle Liguore hat der Diözesan-Administrator Msgn. Andrea Giusto folgendes angeordnet: In Abwesenheit des Bischofs und da die Bedingungen für die Zulässigkeit von Messfeiern nach dem Missale Pius V. Noch nicht ausreichend geklärt sind, ordne ich an, daß Priester der Diözese Gruppen, die die Feier der „alten Messe“ verlangen, keine entsprechende Erlaubnis geben und ferner sicher zu stellen, daß nirgendwo in Kirchen auf dem Gebiet der Diözese Messen nach dem vorkonziliaren Ritus gefeiert werden.

Voraussetzungen für solche Messfeiern – so hat es der Liturgiewissenschaftler Andrea Grillo von Savona erklärt – ist die Existenz einer fest etablierten Gruppe und deren aktiver Teilnahme am Ritus. Das heißt, daß eine sorgfältige liturgische Bildung und Kenntnis der lateinischen Sprache erforderlich sind, und daß diese Messe nicht „auf Einladung“ organisiert werden kann, gerade als ob sie eine Vorführung oder eine private Veranstaltung wäre.“

Die Entscheidung des Diözesanadministrators bedeutet, daß bis zu einer Neuregelung durch einen künftigen Bischof Messen nach dem Missale Pius V. weder in Celle noch an einem anderen Ort gefeiert werden dürfen.“

Das „Vorkommnis“ von dem in dieser Meldung die Rede ist, bestand nach einem Artikel der Regionalausgabe von Il Giornale schlichtweg darin, daß die Una-Voce-Vereinigung von Genua in der Kapelle mit einem Priester aus Verona eine Messe gefeiert hatte. Der zuständige Gemeindepfarrer war informiert und hatte die Organisatoren mit einem ungnädigen „daran bin ich nicht interessiert“ abgefertigt, aber kein Verbot ausgesprochen. Nachträglich scheint auch der Pfarrer auf stur zu schalten, wenn er – immer noch nach Il Giornale – erklärt: „Die Lateinische Messe war ein Zugeständnis des Papstes, das zu mehr Einheit führen soll. Es kann nicht dazu dienen, neue Anhänger zu gewinnen oder Nostalgiker zu befriedigen, die dazu noch größtenteils von außerhalb der Pfarrei kommen“.

Soweit die – von hier aus nicht in allen Details erkennbare – Faktenlage. Mit der reichlich anmaßend erscheinenden Haltung des Diözesanadministrators, einen Erlass des Papstes kurzerhand für sein Territorium zu suspendieren, werden sich die zuständigen Stellen in Rom zu befassen haben. Überörtlich interessant sind zwei weitere Aspekte des Falles Savona: Die Behauptung, Messfeiern von Gruppen nach der älteren Form des Ritus verstießen gegen die Einheit, und Voraussetzung für die Teilnahme an solchen Feiern sei ein besonderes Maß an liturgischer und sprachlicher Kompetenz, das dann wohl auch irgendwie nachgewiesen oder zertifiziert werden müsse.

Die Rede von der zu wahrenden Einheit ist zwar nicht ganz ohne Substanz, im Munde der meisten, die sie jetzt gegen die Feier der Messe im alten Ritus vorbringen, hat sie jedoch einen falschen Klang. Nie haben sie nach „Einheit“ gefragt, wenn es darum ging, hier eine ohrenzerfetzende „Jugendmesse“ oder dort eine Huldigungsfeier an die „weibliche Spiritualität“ ins Programm zu nehmen – das kommt Ihnen erst in den Sinn, wenn es darum geht, die vom Papst verlangte Rückbindung der Gottesdienstpraxis an die Tradition umzusetzen. Willen zur „Einheit“ könnten sie besser dadurch demonstrieren, daß z.B. an besonderen Feiertagen auch einmal ein Hochamt im traditionellen Ritus und mit traditioneller Musik gefeiert würde.

Zu der Forderung nach besonderer liturgischer und sprachlicher Qualifikation der Gläubigen, die am alten Ritus teilnehmen wollen, ist nur zu sagen, daß davon im Motu Proprio nicht die Rede ist. Jeder Versuch, ein bürokratisches Verfahren zu einer entsprechenden Zertifizierung einzurichten, wird von Ecclesia Dei zurückgewiesen wird. Der – von vielen Ordinarien selbst verschuldete – Mangel an liturgischer und sprachlicher Bildung von Gläubigen und Priestern ist zweifellos Realität, die sich übrigens nicht nur auf die Fähigkeit zur wahren Teilhabe am alten Ritus auswirkt. Dieser Mangel wird wohl auf Jahre hinaus bewirken – so hat es der Papst zumindest in seinem Schreiben an die Bischöfe vermutet – daß auch das Interesse zur Teilnahme an der Messe in der alten Form begrenzt bleibt. Die Konsequenz daraus kann nun aber nicht sein, ausgerechnet die liturgisch in der Regel sehr interessierten Gläubigen, die sich von der alten Form angezogen fühlen, besonders zu bevormunden, sondern das allgemeine Niveau der Katechese zu verbessern.

Abschließende Randbemerkung: Der italienische Liturgiewissenschaftler Andrea Grillo, auf den der Diözesanadministrator sich für seine Forderung nach besonderer Qualifikation der Gottesdienstbesucher der „alten Messe“ stützt, wird auch in Deutschland als Lieferant von Argumenten gegen die Umsetzung von Summorum Pontificum gerne genommen. Im Novemberheft von „Stimmen der Zeit“ hat er über 11 Seiten hinweg ausgebreitet, daß der Papst sich irre, wenn er sagt, daß das Missale Pius V. niemals abgeschafft worden sei, und daß seiner, Grillos, Meinung nach, der neue Ritus auch für eine andere Liturgie und eine andere Kirche stehe und stehen müsse:

Wir alle, die nach dem Zweiten Vatikanum in der Kirche aufgewachsen sind, in ihr und mit ihr gelebt haben, befinden uns jenseits der Messe Pius' V. Ob man es will oder nicht, eine Rückkehr gibt es nicht.“