Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Verhinderungsstrategien - und wie man damit fertig wird

Es ist unverkennbar: In vielen Diözesen richten die Ordinariate alle Anstrengungen darauf, das Wirksamwerden der neuen päpstlichen Gesetzgebung nicht zu bewirken, sondern zu behindern. Auf Dauer wird das nicht gelingen - aber es kann allen Beteiligten viel Ärger machen.

Vielleicht richten wir ja einen Kummerkasten ein. Oder Sie schreiben uns auch einfach so über Ihre Erfahrungen bei der Vorbereitung auf den 14. September und die Umsetzung von Summorum Pontificum. Diskretion ist zugesichert. Wir tragen jedenfalls auf dieser Seite einiges an Material zusammen, das Sie im Umgang mit vorgesetzten Stellen unterstützen kann.

„Wenn“ heißt nicht „nur wenn“

Der englische Pfarrer Tim Finnigan unterhält ein Weblog mit dem schönen Namen "The Hermeneutic of Continuity", dem wir den folgenden Text entnehmen

Fr. Tim Finnigan

„Wenn“ - aber nicht „nur, wenn“ Bei der Durchsicht der zahlreichen Reaktionen auf Summorum Pontificum, bin ich auf ein Mißverständnis gestoßen, das besonders oft vorkommt und über das man einmal nachdenken sollte. Dieses Mißverständnis besteht darin, Summorum Pontifikum so zu lesen, als ob es Bedingungen aufstelle, die notwendigerweise erfüllt sein müßten. So etwa, als ob ein Priester die Messe dann und nur dann feier könne, wenn eine Gruppe besteht, die von einiger Dauer ist. (coetus continenter existit – heißt nicht, daß eine „Stabile Gruppe“ bestehen muß).

Das scheint mir den Sinn dieses Rechtsaktes zu verfehlen, der im wesentlichen Darauf gerichtet ist, die Feier der hl. Messe in der alten Form zu ermöglichen. Das Leitprinzip von Summorum Pontificum ist, daß die ältere Form des römischen Ritus niemals abgeschafft worden ist und deshalb im Prinzip immer zulässig war. So steht es in Artikel 1:

Demgemäß ist es erlaubt, das Messopfer nach der vom sel. Johannes XXIII. promulgierten und niemals abgeschafften Editio typica des Römischen Messbuchs als außerordentliche Form der Liturgie der Kirche zu feiern.

Anschließend werden die früheren Bedingungen für den Gebrauch dieser Form des Ritus durch andere ersetzt, die Priestern und Laien größere Freiheit einräumen. Es gibt ein paar Einschränkungen: Der Priester muß „ausreichend geeignet“ (idoneus) sein, und an gebotenen Feiertagen soll in normalen Pfarrkirchen nur eine solche Messe stattfinden. Aber es wird nicht verlangt, daß der Priester die Messe nur dann feiern kann, wenn er von einer Gruppe darum gebeten wird. Vielmehr heißt es, daß dann, wenn eine Gruppe darum bittet, der Priester bereitwillig darauf eingehen soll, und daß die Gruppe sich dann, wenn der Priester das nicht kann oder will, um Hilfe an den Ortsbischof wenden kann.

Summorum Pontificum sagt also nicht: Ihr dürft die ältere Form der Messe feiern wenn, und nur dann, wenn diese oder jene Bedingungen erfüllt sind, sondern es sagt: Die alte Messe ist zu feiern, wenn diese Bedingen erfüllt sind. Das Leitprinzip besteht darin, daß die ältere Form zulässig und nicht etwa schädlich oder gar verboten ist, daß sie als Teil des Reichtums der Kirche zu erhalten und auch für uns heute groß und vornehm ist. Deshalb kann es auch noch (außer dem Verlangen einer Gruppe) viele andere Umstände geben, in denen es nach dem Befinden des Pfarrers pastoral wünschenswert ist, diese Form der hl. Messe zu feiern.

Tatsächlich richtet sich die Norm im Prinzip an die Pfarrer, wie der Hl. Vater in seinem Begleitbrief an die Bischöfe ausführt:

Die neue Norm hat außerdem das Ziel, die Bischöfe davon zu entlasten, immer wieder neu bestimmen zu müssen, wie sie auf bestimmte Situationen reagieren sollen.


Ein Briefwechsel:

Der Brief:

Lieber Pater Z.,
ich bin ziemlich ratlos und man hat mir geraten, mich an Sie zu wenden. Heute Abend habe ich unserem Pfarr-Administrator einen Brief mit 25 Unterschriften überreicht, mit dem wir darum bitten, daß eine Messe nach der älteren Form stattfinden solle. Der Priester, der hier seine erste Stelle antritt, sagte uns, wir müßten bis November warten – das ist das Datum, das auch der Bischof in seinem Rundschreiben genannt hat. Jetzt fürchte ich, daß das nur ein Mittel ist, um uns hinzuhalten. Wir haben unsere Anfrage gut vorbereitet eingebracht. Wir können auf einen Priester mit 31 Dienstjahren verweisen, der die alte Messe kennt und bereits zugesagt hat, sie einmal in der Woche mit uns zu feiern.

Meine Frage ist: An wen können wir uns als nächstes wenden? Von uns aus, könnte es morgen losgehen, aber nun sehen wir uns gezwungen, noch weiter abzuwarten. ... Wir haben den Eindruck, daß es überall im ganzen Land genauso zugeht: Hinhalten und Verzögern und hoffen, daß wir aufgeben – aber das haben wir nicht vor. Wer kann uns helfen?

Die Antwort:

Lieber xxx,

ich kann mir denken, daß das alles für Sie und die anderen sehr ärgerlich ist. Aber ich möchte doch auf ein paar Dinge hinweisen.

  1. Ihr Priester ist kein Pfarrer, kein parochus. Er ist Administrator – das heißt, er hat nicht die volle rechtliche Stellung, um Entscheidungen nach den Vorgaben von Summorum Pontificum zu treffen. Im motu proprio ist festgelegt, daß die Pfarrer darüber zu entscheiden haben, wie öffentliche Messen in der älteren Form stattzufinden haben.
  2. Nehmen Sie Rücksicht auf diesen Priester, der ja gutwillig zu sein scheint. Wenn Sie ihn zwischen einer allzueifrigen Gruppe und dem Bischof in die Zange nehmen, bringen Sie ihn in eine sehr schwierige Situation. Wenn sie ihn jetzt unter Druck setzen und dazu bringen, gegen die Anweisungen des Bischofs zu handeln – auch wenn sie unvernünftig sind – dann verzögern Sie am Ende noch seine Ernennung zum Pfarrer – hier bedarf es der Nächstenliebe und der Klugheit.
  3. Zwei Monate – das scheint eine lange Zeit zu sein, aber nachdem Sie schon solange gewartet haben... Vielleicht können Sie die Zeit nutzen, um sich mit dem Chor und den Altardienern wirklich gut vorzubereiten.
  4. Bewahren Sie in jedem Fall alles Korrespondenz in dieser Angelegenheit gut auf. Gegebenenfalls – obwohl ich denke, daß das nicht nötig sein wird, wenn Sie die Geduld bewahren – gegebenenfalls werden Sie sich an die Päpstliche Kommission in Rom wenden müssen, die die Vollmacht hat, in solchen Fällen zu helfen.
  5. Falls es Ihnen um eine regelmäßig eingeplante Messe im älteren Gebrauch in Ihrer Pfarrei geht, bedenken Sie doch bitte auch, daß kein Priester eine Genehmigung braucht, um die alte Messe außerplanmäßig zu feiern. Könnte es nicht sein, daß ganz zufällig ein paar von Ihren Leuten in der Kirche sind, wenn der Priester seine außerplanmäßige Messe hält? Vielleicht hat er ja auch ein weiches Herz und läßt ein paar zusätzliche Altardiener zu. Vielleicht ändert er ja auch seine Absicht, eine stille Messe zu lesen, weil er einfach nicht nein sagen kann, wenn die Leute, die ganz spontan an seiner Messe teilnehmen, ihn bitten, ganz spontan Teile der Messe zu singen. Vielleicht entschließt er sich ganz spontan dazu, den Weihrauch zu verwenden, denn die Messdiener – ganz spontan – in der Saktistei schon aufgelegt haben. Alles ganz spontan, und in keinem Plan verzeichnet.

Wie auch immer, aber tun Sie nichts, um diesen Priester in eine schwierige Situation zu bringen.

Wir entnehmen diesen Briefwechsel dem unschätzbar wertvollen Blog von Father John Zuhlsdorf, derzeit noch auf Sommerurlaub in den heimatlichen USA, aber demnächst wieder in Rom an seinem Arbeitsplatz bei der Kurie. Und wir bringen den Text hier, obwohl uns der leise Verdacht gekommen ist, der gute Father Z. habe den Briefwechsel nur erfunden - diese Art von Erfindung gelingt nämlich nur einem, der sich wirklich gut mit der Sache auskennt.
Aber auf jeden Fall wissen Sie jetzt, was man mit dieser sehr zeitgemäßen Erfindung des "liturgiefreien Tages" anfangen kann, an dem im Gottesdienstplan nur ein kleiner Strich verzeichnet ist.


Ausführungsbestimmungen oder Verhinderungsstrategie?

Aus mehreren deutschen Diözesen haben wir jetzt Mitteilungen bekommen, daß Pfarrer auf die Bitte von Gläubigen, in Zukunft auch eine Messe nach dem „usus antiquior“ anzubieten, außerordentlich „reserviert“ geantwortet haben. Mehrfach taucht in diesen Antworten die Aussage auf, solange die Bischöfe sich auf ihrer Vollversammlung Ende September nicht mit dem motu proprio beschäftigt und Ausführungsbestimmungen erlassen hätten, könne man in dieser Hinsicht gar nichts unternehmen. Vorher könne man selbst dann keine Kirche für die „alte Messe“ zur Verfügung stellen, wenn die Gläubigen selbst einen Priester zur Feier der Messe beibrächten.

Diese Ansicht kann sich allerdings nicht auf das motu proprio selbst stützen. „Summorum pontificum“ wird mit dem 14. September in der ganzen Kirche unmittelbar geltendes Recht; die Aufgabe der Bischöfe ist es, diesem Recht in ihrem Verantwortungsbereich Geltung zu verschaffen. Dazu bedarf es keiner besonderen Ausführungsbestimmungen – das Dokument und der Begleitbrief an die Bischöfe sagen selbst völlig eindeutig, was zu tun ist. Besonders wichtig dabei ist, daß – im Unterschied zur bisherigen Rechtslage nach dem motu proprio „Ecclesia Dei“ von 1988 – die Feier der Messe in der alten Form nicht mehr einer Erlaubnis bedarf, die von den Bischöfen gewährt wird, sondern ein Recht der Priester selbst und auch ein Recht der Gläubigen ist, dessen Erfüllung ihnen die Pfarreien nach Kräften ermöglichen müssen. Wenn der Pfarrer das nicht kann, ist der Bischof aufgefordert, für die Erfüllung zu sorgen, und wenn er auch nicht dazu in der Lage sein sollte, soll er sich an Rom wenden, damit man dort eine Lösung findet.

Einige entscheidende Stellen aus den päpstlichen Schreiben sollen dazu im Wortlaut angeführt werden:

Summorum Pontificum Artikel 2: In Messen, die „sine populo“ (dazu hier mehr) gefeiert werden, kann jeder katholische Priester des lateinischen Ritus - sei er Weltpriester oder Ordenspriester - entweder das vom seligen Papst Johannes XXIII. im Jahr 1962 herausgegebene Römische Messbuch gebrauchen oder das von Papst Paul VI. im Jahr 1970 promulgierte, und zwar an jedem Tag mit Ausnahme des Triduum Sacrum. Für eine solche Feier nach dem einen oder dem anderen Messbuch benötigt der Priester keine Erlaubnis, weder vom Apostolischen Stuhl noch von seinem Ordinarius.

Summorum Pontificum Artikel 5 § 1: In Pfarreien, wo eine Gruppe von Gläubigen, die der früheren Liturgie anhängen, dauerhaft (auch dazu eine Anmerkung) existiert, hat der Pfarrer deren Bitten, die heilige Messe nach dem im Jahr 1962 herausgegebenen Römischen Messbuch zu feiern, bereitwillig aufzunehmen. (...)

Summorum Pontificum Artikel 7: Wo irgendeine Gruppe von Laien durch den Pfarrer nicht erhalten sollte, worum sie nach Art. 5 § 1 bittet, hat sie den Diözesanbischof davon in Kenntnis zu setzen. Der Bischof wird nachdrücklich ersucht, ihrem Wunsch zu entsprechen. Wenn er für eine Feier dieser Art nicht sorgen kann, ist die Sache der Päpstlichen Kommission "Ecclesia Dei" mitzuteilen.

Begleitbrief an die Bischöfe: Nichts wird folglich der Autorität des Bischofs weggenommen, dessen Aufgabe in jedem Fall jene bleibt, darüber zu wachen, daß alles friedlich und sachlich geschieht. Sollten Probleme auftreten, die der Pfarrer nicht zu lösen imstande ist, kann der Ordinarius immer eingreifen, jedoch in völliger Übereinstimmung mit den im Motu Proprio festgelegten neuen Bestimmungen.

Damit ist völlig klar: Das motu proprio hat die Zielrichtung, jedem Priester und jedem Gläubigen, der das will, die Feier der hl. Messe nach dem älteren Gebrauch zu ermöglichen – so wie jeder Priester und jeder Gläubige selbstverständlich weiterhin die Messe nach dem Missale von 1969 feiern kann. Einen inneren Widerspruch zwischen beidem läßt der Papst nicht zu, wo es zu praktischen Problemen kommt (wenn etwa vorhandene Priester ohnehin schon überlastet sind oder sich zur Feier der Messe im alten Ritus nicht imstande sehen), ist es Aufgabe der Bischöfe oder notfalls von „Ecclesia Dei“, praktikable Lösungen zu finden.

Das heißt: Die Feier der hl. Messe im alten Ritus ist grundsätzlich immer erlaubt und von Pfarrern und Bischöfen nach Möglichkeit zu fördern. Wenn eine Gruppe von Gläubigen selbst einen geeigneten Priester für die Feier der Messe im „usus antiquior“ mitbringt, kann es deshalb nach dem 14. September keinen Grund mehr geben, dieser Gruppe den Zutritt zu einer katholischen Kirche zu verweigern. Natürlich ist weiterhin eine Absprache mit dem jeweiligen Hausherrn erforderlich. Aber einen Grund für den Erlaß bischöflicher Ausführungsbestimmungen gibt es angesichts der weitgehend klaren und sehr ausführlichen Regelungen des motu proprio nicht. Und sollten solche Ausführungebestimmungen sogar so ausfallen, daß sie die Pfarrer oder andere Kleriker einer Diözese direkt oder darin behindern, nach Geist und Buchstaben des motu proprio zu verfahren, wären solche Bestimmungen rechtswidrig und nichtig.