Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Drei Jahre Summorum Pontificum

Erfahrungsbericht 5:
Die Minderheit in der Minderheit

12. 8. 2010

Über die Verdunstung des christlichen Glaubens in Deutschland wird viel gesprochen und geschrieben. Die Situation ist bekannt. Dabei sollte das, was in diesem Klima der Glaubensferne und -gleichgültigkeit trotzdem wächst, immer beachtet und mit aller gebotenen Nüchternheit gewürdigt werden.

Die Feier der Heiligen Messe in der Außerordentlichen Form des Römischen Ritus wird heute in etwa 140 deutschen Städten und Gemeinden angeboten. So auch in der Diasporastadt Hannover, wo die Zahl der öffentlich registrierten katholischen und evangelischen Christen heute insgesamt bei knapp unter 50 Prozent liegt. Die Zahl der Katholiken in Niedersachsens Landeshauptstadt (500.000 Einwohner) bildet mit 14 % die Minderheit innerhalb der Minderheit.

Die Tridentinischen Messe, die das für eine Diasporastadt dennoch erstaunliche vielfältige katholische Leben weiter bereichert, wird in Hannovers Propsteikirche regelmäßig gefeiert. An Sonn- und Feiertagen kommen hier regelmäßig 50-80 Gläubige aus allen Generationen zusammen. Nicht wenige Christen nehmen weite Wege auf sich.

Diese Messe ist für diejenigen, die nach 1970 aufgewachsen sind, nahezu unbekannt. Ich kann mich nicht daran erinnern, etwa während meiner Ministrantenzeit oder danach jemals etwas von ihr gehört zu haben. Es war eine große Neuigkeit zu hören, dass bis 1970 mit dem alten die allgemein übliche Form der Eucharistiefeier so anders ausgesehen hatte.

So war vieles zunächst fremd und unverständlich, und damit ist auch die Gefahr von Vor- und Verurteilungen verbunden. Dies gilt zum Beispiel für die Körperhaltung des Priesters, der die meiste Zeit mit dem Rücken zu den Gläubigen steht. Dies kann zu der kritischen Frage führen, ob sich damit nicht eine Minderwertigkeit der oder wenigstens Unhöflichkeit gegenüber den Laien ausdrückt.

Unverständnis ruft heute wohl zunächst auch die kniend empfangene Mundkommunion hervor, die hier ausschließlich vorgesehen ist, während sie in der Praxis der Ordentlichen Form des Römischen Ritus eine exotische Ausnahme darstellt.

Wenn man weiß und erklärt bekommt, dass sich Priester wie Laien gemeinsam zu Christus hin (nach Osten) ausrichten und dass die kniende Mundkommunion keine Demütigung darstellt, sondern vielmehr Ausdruck von Demut und Ehrfurcht ist, mit der man den Leib Christi empfängt, lässt sich ein Zugang finden. Das heißt aber für uns „Spätgeborene“: Vor der theologischen und philosophischen oder auch kirchenpolitischen Diskussionen muß zunächst immer die Vermittlung von Glaubens- und liturgischem Wissen stehen.

Der Reichtum an Gebeten und liturgischen Ausdrucksformen in der Tridentinischen Messe mag auch für manche der Kirche fernstehende Menschen ihr Weg werden, den Glauben zu entdecken oder wiederzuentdecken. In die Kirche von Hannover kommen jedenfalls immer wieder Besucher, die, indem sie am Ende des Kirchenraums stehen bleiben und so einen vorerst noch „sicheren Abstand“ halten, mit einer Mischung aus Verwundertsein und Anteilnahme die hier durch Stille und Andacht geprägte Atmosphäre auf sich wirken lassen.

Schön, wenn der Heilige Geist auch auf solchen Wegen der Glaubensferne und -geichgültigkeit in Deutschland entgegenwirkt.

Dr. Thomas Veitschegger