Vereinigte Staaten
Das Drama der hl. Messe im Drama des Motu Proprio
9. 7. 2008
Amerikanische Blogs haben im Zusammenhang mit dem ersten Jahrestag von Summorum Pontificum hunderte von Leserberichten veröffentlicht. Sie geben ein lebhaftes Bild von den Umständen, unter denen die Wiederbelebung der überlieferten Liturgie in den englischsprachigen Ländern erfolgt - und von den Menschen, die sich dafür einsetzen. Die umfangreichste Sammlung solcher Berichte findet sich hier bei WDTPRS mit bis jetzt über 140 Beiträgen, für unsere Auswahl wurden jedoch auch Zuschriften an anderer Stelle und bei TNLM ausgewertet. Die Zuschriften wurden nicht redaktionell überarbeitet und nur gelegentlich geringfügig um Einleitungs- oder Schlussworte gekürzt. Mit Anmerkungen haben wir uns zurückgehalten.
Die Frau des Musikers
Der Himmel öffnet sich
Ich war immer der Ansicht, daß eine ehrfürchtig gefeierte Messe nach dem Novus Ordo meinen Bedürfnissen völlig gerecht wird, aber ich dachte, daß die eindrucksvolle Cavaille-Coll-Orgel unserer örtlichen Abtei meinem zwar nicht katholischen, aber sehr musikalischen Mann gefallen würde – also fuhren wir zu ihrer Messe im alten Ritus. Es war ein Hochamt, und im ersten Teil habe ich wenig mitbekommen. Um ehrlich zu sein, habe ich – von bekannten Gebeten wie dem Credo einmal abgesehen – überhaupt nicht recht mitgekriegt, was sich abspielte. Aber für den ganzen Rest des Tages war ich von einer Art frommen Hochgefühls erfüllt. Ich habe dann letzte Woche am Hochamt von Kardinal Castrillion Hoyos in Westminster teilgenommen, und obwohl es zwei Stunden dauerte, ich wenig sehen konnte und vieles nicht mitgekriegt habe, verspürte ich wieder diese fromme Gefühl, tiefer als mein bewußtes Wesen.
Vielleicht sollte ich ja keine Aussagen über andere treffen, aber ich frage mich doch, ob nicht viele, die der alten Messe ablehnend gegenüberstehen, die Frömmigkeit und die Anbetung dieses uralten (und immer neuen) Ritus zu schätzen wüßten, wenn sie das nur einmal selbst erfahren könnten?
Calleva, 22. Juni
Der Konvertit:
Alter Christus
Ich bin 22 Jahre alt und erst kürzlich zum katholischen Glauben gekommen. In meiner Begeisterung für meinen neuen Glauben habe ich sehr viel über den katholischen Glauben gelesen. Vor ungefähr einem Monat habe ich erstmals von der Alten Messe gehört und mir vorgenommen, mitr das einmal anzuschauen.
Vor 14 Tagen habe ich meine erste alte Messe in der Apostel-Thomas-Kirche besucht. Obwohl das für meine moderne Gefühlswelt sehr fremdartig war, spürte ich, daß daß das einfach irgendwie richtig war. Es scheint so, daß dieser Gottesdienst viel deutlicher das ausdrückt, was auf dem Altar stattfindet. Bei den meisten Messen, die ich bisher besucht habe, hat sich mir die Frage gestellt: Glauben diese Leute hier wirklich das, was sie zu glauben behaupten? Bei all diesem Gerede und dieser Pop-Musik sieht das nämlich wirklich nicht so aus, und das hätte mich fast davon abgehalten, der Kirche beizutreten.
Letzte Woche habe ich dann meine zweite alte Messe besucht, und es war noch besser, weil es mir schon ein wenig vertrauter war, ich dem Mysterium etwas näher kam und tiefer beten konnte. Auch die Predigten in den beiden letzten Wochen waren ganz großartig. Nie zuvor habe ich bei Predigten so viel über meinen Glauben gelernt. Ich empfehle das sehr – ich glaube, ich habe meine neue Heimat gefunden.
Anonym, 21. Juni
Ein Priester mit Erfahrungen
Dilexit nos et traditit semetipsum pro nobis
Meine Erfahrung mit der alten Messe war alles in allem positiv. Das heißt nicht, daß daß es mich nicht einige Anstrengung und Übung gekostet hätte, sie so zu feiern, wie sie gefeiert werden sollte. Einige Priester unserer Diözese, darunter auch ich, wurden jedoch von unserem Bischof dabei unterstützt und ermutigt, er hat auch ermöglicht, daß wir kostenlos an einem einwöchigen Seminar für interessierte Priester teilnehmen konnten.
Die Reaktion auf die nun eingeführte Samstagabend-Messe im alten Ritus in unserer Pfarrei war überwältigend positiv, und die Kirche mit ihren 70 Sitzplätzen ist fast immer voll. Die Einfügung dieser Messe in das liturgische Leben unserer Pfarrei ist für unsere Gemeindemitglieder völlig bruchlos und störungsfrei verlaufen. Tatsächlich sind viele, die von sich aus kein besonderes Bedürfnisse zur Teilnahme an dieser Messe verspürten, doch gekommen, um sich das selbst einmal anzusehen, und sie kommen jetzt vielleicht nicht jede Woche, betrachten das aber als eine durchaus positive und bereichernde Erfahrung.
Die einzigen negativen Reaktionen, die ich in der ganzen Zeit erfahren habe, kamen von einigen der besonders konservativen Anhänger der alten Messe (nicht aus unserer Pfarrei), die immer noch eine sehr kritische und abschätzige Haltung gegenüber allem an den Tag legen, was nicht ganz genau ihren Vorstellungen entspricht. Einige dieser Leute setzen ihren örtlichen Priestern auch mit unrealistischen Forderungen zu – etwa daß alle Priester in ihren Pfarreien eine alte Messe anbieten sollten – . Das ist zwar ein schöner Traum, aber nicht sehr realistisch, und es wird sicher nicht dadurch realistischer, daß man es lauthals einfordert. Das ist eine unglückliche Haltung, weil ich weiß, daß einige dieser Leute mit ihrer negativen und geringschätzigen Einstellung gegenüber anderen Priestern die Ausbreitung der alten Messe in unserer Diözese behindern, weil sie alle, die die alte Messe schätzen, in schlechten Ruf bringen. Ich habe versucht, das einigen dieser Leute im Gespräch klar zu machen, aber mit wenig Erfolg – da könnte man gleich gegen eine Wand reden.
Fr. Kowalski, 7. Juli
Der Ministrant
Hochamt mit Kardinal Ratzinger in Weimar 1999
Als Akolyth in der alten Messe ist mir, als ich den Priester leise die Gebete des Kanons aufsagen hörte, mit einem Schlag klar geworden, was für ein ehrfurchgebietendes Amt der Priester ausübt und was für eine erhabene Stellung er einnimmt. Es ist mir klar geworden, daß er als mein Vertreter vor dem erhabenen Gott steht, daß ich ohne diesen Priester wirklich verloren wäre, und daß Christus dieses Amt aus seiner großen Liebe zu uns eingesetzt hat.
Der Priester ist nicht bloß der Zeremonienmeister einer komplizierten öffentlichen Veranstaltung, sein Amt ist von Grund auf auf das Heilige hin ausgerichtet.
Cornelius, 7. Juli
Ein irrlichternder Professor
Das ewige Opfer
Sich nicht darum zu kümmern – darin besteht weltweit die Reaktion der Gläubigen auf das Motu Proprio. Und nun stellt sich noch ein größeres Problem: Bei der näheren Untersuchung haben Kanonisten und Theologen nämlich folgendes herausgefunden: Es ist rechtlich ungültig, weil es auf der unzutreffenden Vorstellung beruht, daß Papst Paul VI. den Vor-Novus-Ordo-Ritus nicht abgeschafft hätte. Und es ist theologisch ein Verstoß gegen die rechte Lehre, weil die von ihm vertretene Lex credendi in vielen Punkten im Widerspruch zum 2. Vatikanum steht – z. B. im Karfreitagsgebet für die „Häretiker und Schismatiker“ und in der allgemeinen Mißachtung der Ideen des 2. Vatikanums, an der Ratzinger ein irrationales Vergnügen findet. (Er verwirft) nämlich die „Volk-Gottes-Theologie“, das „priesterliche und prophetische Amt der Gläubigen“, die „Kirche auf dem Weg zum Reich Gottes“, das sie schon auf Erden dadurch errichtet, indem sie die „Zeichen der Zeit“ erkennt und das „Evangelium des Friedens und der Gerechtigkeit“ verwirklicht.
Die ablehnende Haltung des Papstes gegenüber der Befreiungstheologie hat nämlich nichts mit Marxismus zu tun – das war nur ein Vorwand – sondern sie kommt von seiner krankhaften Ablehnung des Alten Testamentes (man sehe, was er in seinem Jesus-Buch über Jesaias sagt), das die Befreiungstheologen im Anschluß an das 2. Vatikanum unter dem Begriff von „Gott als Befreier“ erfolgreich in die christliche Theologie integriert hatten.
Spirit of Vatican II, 23. Juni
Hinter diesem Pseudonym steht Professor Joseph S. O'Leary - ein enorm gelehrtes Haus - der aber im Zuge seiner intensivsten Beschäftigung mit zum Teil nicht wirklichen wissenswerten Einzelheiten aus den phantastischen Denkgebäuden anderer Kulturen jedes „sentire cum ecclesia“ verloren zu haben scheint. Er ist einer der entschiedensten Vertreter der Hermeneutik des Bruches; inwieweit er den Papst als Inhaberr des höchsten Lehramtes noch anerkennt, muß angesichts einiger seiner Ausführungen fraglich sein.
Wir hatten Fr. O'Leary ursprünglich als „Jesuitenpater“ angesprochen - er schickte uns binnen 20 Stunden die Richtigstellung, er sei Diözesanpriester. Fr. O'Leary arbeitet im wesentlichen ber theologische Fragen des Christentums und des Buddhismus, er ist zur Zeit Professor für englische Literatur an der Jesuitenuniversität (Jochi daigaku, Sophia University) in Tokyo.
Zwei fromme Neupriester
Heilige Messe in Le Barroux
In diesem Jahr sind in unserer Diözese zwei Dinge geschehen, die vor Summorum Pontificum gänzlich undenkbar gewesen wären. Ein Neupriester der Diözese feierte seine Primiz in der außerordentlichen Form. Er hatte jede Woche seines letzten Jahres im Seminar 10 Stunden damit verbracht, den ritus zu lernen und einzuüben. Etwas später am gleichen Tag feierte er dann eine weitere Primiz in der regulären Form. Für alle, die daran teilnahmen, war unübersehbar, daß auch diese Zelebration sehr stark von der alten Messe beeinflußt war. Das zweite Ereignis war das erste feierliche Hochamt eines jungen Mannes aus unserer Diözese, der gerade für die Petrusbruderschaft zum Priester geweiht worden war. Diese feierliche Primiz fand in einer Pfarrkirche statt. Mehrere Priester aus der Diözese nahmen teil, und vielleicht 400 Freunde und Familienmitglieder. Der anschließenden Empfang vereinte Leute zum gemeinsamen Fest, die sich noch vor einem Jahr mißtrauisch aus möglichst weit entfernten Ecken des Raumes beäugt hätten.
Wenn ich früher jemandem sagte, daß ich an der alten Messe teilnehme, bekam ich oft die Antwort: „Ach, wie interessant...(betretenes Schweigen)“, und in diesem Schweigen des Gesprächspartners klang unausgesprochen die Frage mit: „Gehören Sie auch zu diesen Radikalen, die die Gültigkeit der neuen Messe bestreiten oder den Papst nicht anerkennen?“ Summorum Pontificum reißt die unsichtbare Mauer ein, die Katholiken von Katholiken trennt. Wir alle können die Liturgie jetzt besser in der „Hermeneutik der Kontinuität“ sehen.
Rhett Brotherton, 7. Juli
Die Mutter des Familienvaters
Vor der ganzen Schöpfung:
Die Messe des hl. Gregor
Als erstes kommt mir in den Sinn, wie sich die Haltung meiner Mutter zur älteren Form der Messe verändert hat. Vor zwei Jahren war das beste, was sie dazu sagen konnte, ein „Wenn einige Leute die Messe in einer Sprache hören wollen, die sie nicht verstehen – naja, sollen sie halt“. Dabei ging sie von der Vorstellung aus, daß es sich dabei eben um eine von vielen möglichen und jedenfalls gleichwertigen Vorlieben handelt – so als ob man Englisch oder eine andere Sprache bevorzugt, klassische Musik, Gregorianik, Folk oder Pop – alles eine Sache persönlichen Geschmacks.
Kurz bevor das Motu Proprio herauskam habe ich mit meiner Familie begonnen, eine Indultmesse zu besuchen. Der Grund war, daß ich endlich einmal erleben wollte, wovon ich bis dahin nur gelesen hatte. Meine Frau hatte dazu keine Meinung, aber nach diesem einen Jahr hat sie sich in die alte Messe regelrecht verliebt. Sie sagt, diese Liturgie sei frömmer und richte die Aufmerksamkeit stärker auf den Altar, man fühle sich wesentlich stärker in den Dienst vor Gott einbezogen.
Ihre Begeisterung hat nun auch insoweit auf meine Mutter abgefärbt, daß sie das Interesse geäußert hat, es auch noch einmal und in größerer Offenheit mit der alten Messe zu versuchen. Wir werden am nächsten Wochenende gemeinsam die alte Messe besuchen.
Agellius, 7. Juli
Der Priester mit gebrochenem Herzen
Messe des hl. Philipp Neri
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Priester, der wenige Jahre vor dem 2. Vatikanum geweiht worden ist und sich nun sehr für die ehrfürchtige Feier des Novus Ordo einsetzt, aber jeden Gedanken an eine Rückkehr zur alten Messe ganz entschieden von sich weist.
Als ich ihn fragte, warum, sagte er, die Messe im alten Ritus sei für ihn als jungen Priester das kostbarste in seinem Leben gewesen, und daß es ihm das Herz gebrochen habe, als ihm dieser so kostbare Besitz nach dem zweiten Vatikanischen Konzil so plötzlich entrissen wurde. Es sei für ihn so schwer und so schmerzhaft gewesen, diesen Weg gehen zu müssen, daß er den Gedanken nicht ertragen könne, ihn jetzt noch einmal in der anderen Richtung gehen zu sollen.
Henry Edwards, 22. Juni
Der ehemalige Zen-Mönch
Zeremonie des Shingon-Buddhismus. Eine entfernt dem Zen verwandte Strömung, die nestorianisch-christliche Elemente enthält.
Die alte Messe soll langweilig sein? Für mich ist der Novus Ordo, so wie er in vielen Kirchen gefeiert wird, langweilig. Tatsächlich haben mich schon als Kind Langeweile und der Mangel an geistigem Gehalt in der neuen Messe abgestoßen. Ich habe es denn auch nicht zur ersten Kommunion und zur Firmung geschafft. Schließlich habe ich mich in meinen Zwanzigern dem Zen-Buddhismus zugewandt, den ich dann in den nächsten 15 Jahren in den USA und in Japan intensiv studiert habe. Ich bin dann auch als Mönch ordiniert worden.
Kurz nachdem ich nach Phoenix gezogen war, las ich dann einen Artikel über die alte Messe in Mater Misericordia, und ich habe aus Neugier einmal teilgenommen. Die Erfahrung hat mich bis auf den Grund meiner Seele erschüttert. Ich hatte noch nie eine so von Schönheit erfüllte Liturgie gesehen – und Ihr könnt mir glauben, die Zen-Liturgie verfügt in ihrer traditionellen Form über einige sehr eindrucksvolle Rituale. Noch mehr erschütterte mich die absolute Wahrheit dessen, was diese Liturgie zum Ausdruck brachte – ich konnte überhaupt nicht glauben, daß das die Form war, in der die katholische Kirche sich früher zeigte und daß sie das (zum allergrößten Teil) zugunsten des Novus Ordo aufgegeben hatte.
Im Verlauf des nächsten Jahres hat sich durch Gebet, Studium und Teilnahme an der hl. Messe meine gesamte geistige Welt verändert. Ich habe die Praxis des Zen aufgegeben, meine Mönchs-Ordination widerrufen und wurde wieder in die Gemeinschaft der katholischen Kirche aufgenommen. Wenn ich nicht diese Erfahrung der traditionellen Messe im alten Ritus gemacht hätte, wäre ich nie zurück gekommen.
David, 22. Juni
Unsere Kenntnisse über die Rituale des Zen sind begrenzt, und Father O'Leary SJ wollen wir auch nicht dazu befragen: Aber könnte es sein, daß der Hinweis Davids auf die „Zen-Liturgie in ihrer traditionellen Form“ bedeutet, daß es auch da eine „Reform“ gegeben hat? Ist Bugnini überall?
Der Seminarist
Das himmlische Jerusalem
Als kanadischer Seminarist hoffe ich, daß alle Seminaristen in diesem Land bald Zugang zu beiden Formen des römischen Ritus haben werden (an erster für die hl. Messe, dann aber auch für die anderen Sakramente und Sakramentalien. Ich habe nur gute Erfahrungen von den Priestern gehört, die die Messe in beiden Formen feiern oder das Brevier in beiden Formen besten. Viele von ihnen sehen in der ältere Form etwas, das der neueren in einem positiven Sinne Form und Richtung gibt: größere Ehrfurcht, mehr Verständnis für die Bedeutung von Symbolen und liturgischen Gesten, mehr innerlichkeit, einen größeren Geist der frommen Ausübung der Riten.
Gegenwärtig gibt es in meinem Seminar keine alte Messe und auch keine lateinische Messe im Novus Ordo. Aber ich denke, das kommt nicht nur vom fehlenden guten Willen, sondern hat auch praktische Gründe: Niemand vom Lehrkörper kann die Messe im alten Ritus zelebrieren, und – darin sehe ich auf längere Frist ein Problem – nur wenige von ihnen können genug Latein dafür. Das gleiche gilt natürlich auch für die Seminaristen, denen die lingua franca der Kirche weitgehend unbekannt ist.
Aber ich hoffe und bete, daß die Dinge sich ändern. Ich kenne einige Seminaristen, die darauf brennen, die ältere Form der hl. Messe zu erlernen und auch das Breviarium Romanum von 1962 zu beten. Aber alles der Reihe nach: Erst müssen sie Latein lernen.
Seminarist – 7. Juli