Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

München Untergiesing

„Tridentinische Messe“ - Auf dem Wege zur Normalität

22. 4. 2008

Der unten wiedergegebene Text von H.H. Pfarrer Simon Ascherl erschien im Pfarrbrief "Frühjahr 2008" der Gemeinde St. Franziskus in München-Untergiesing. Inzwischen wurde dort mit der regelmäßigen Feier der Sonntagsmesse im alten Ritus begonnen - nicht als Ausnahme, sondern ganz regulär in der Gottesdienstordnung angekündigt.
So sollte es sein.

Tridentinische Messe in St. Franziskus

Der "Initiativkreis katholischer Priester und Laien" mit Sitz in Augsburg hat sich stets bundesweit und in Österreich mit großem Engagement dafür eingesetzt, daß Gläubige, die sich in besonderer Weise zum früheren Ritus der Hl. Messe hingezogen fühlen, hierzu auch die Möglichkeit bekommen. Seit dem Schreiben Papst Benedikt XVI. "Summorum pontificum" von 2007 sind die Voraussetzungen dazu wesentlich erleichtert. Für eine sog. "Privatmesse" hat jeder Priester die freie Wahl, für eine Gruppe aus der eigenen Pfarrei der Ortspfarrer, für Gruppen, die sich überpfarrlich zusammensetzen, ebenfalls der Pfarrer in Absprache mit dem Ordinariat.

Nun hat der Hst. Herr Kardinal sein Einverständnis zur Abhaltung einer Messe im sog. "außerordentlichen" Ritus bei uns erklärt, nachdem der Initiativkreis mir eine doch beachtliche Liste mit Gläubigen v.a. aus dem Münchner Süden und Südosten, die eine tridentinische Messe wünschen, vorgelegt hat. St. Franziskus wurde seitens des Initiativkreises dabei als geographisch gut platziert angesehen. Diesem Wunsch nach der alten Messe darf ich mich als Pfarrer laut "summorum pontificum" nicht verschließen. An einem der Sonntage nach Ostern soll nun in unserer Unterkirche zum erstenmal eine Messe im "alten" Ritus gehalten werden.

Was sind eigentlich "auf die Schnelle" die Unterschiede zwischen dem neuen Ritus und dem alten, was sind sie nicht?

Die alte Messe muß in Latein gefeiert werden. Die neue Messe kann ganz oder in Teilen sowohl in der Kirchen- als auch in der Landessprache gefeiert werden. Der "Hochaltar" mit gleicher Blickrichtung von Priester und Gemeinde ist eigentlich kein Unterschied. Auch die neue Messe kann in der gleichen Blickrichtung aller Mitfeiernden gehalten werden (wie es auch Papst Benedikt am Fest der Taufe Jesu in der Sixtinischen Kapelle eindrucksvoll verwirklicht hat).

Ja, das ist so richtig. Und es wäre uns mancher Mißbrauch erspart geblieben, wenn auch die Neue Liturgie grundsätzlich in der gleichen Blickrichtung mit den Mitfeiernden zelebriert würde.

Die alte Liturgie kennt nur eine Form des Bußaktes (evtl. Asperges , Staffelgebet), die erneuerte mehrere. Die Lesungen des Wortgottesdienstes müssen im erneuerten Ritus zum Volk hin und in der Landessprache vollzogen werden, so nicht im alten Ritus. Die neue Liturgie hat eine viel reichere Leseordnung, andere Gebete zur Gabenbereitung und kennt mehr Präfationen und mehrere approbierte Hochgebete; die alte Messe nur eines, den "Canon Romanus", der im neuen Meßbuch aber ebenfalls als "1. Hochgebet" zur Wahl nach wie vor offensteht. In der alten Liturgie muß die Kommunion kniend und mit dem Mund empfangen werden, in der neuen Liturgie ist diese Form gleichberechtigt neben der Handkommunion und dem Stehen. Das sog. "Letzte Evangelium" - der Johannesprolog, der in der alten Messe am Schluß rezitiert wird, entfällt im neuen Ritus.

Auch das: (Fast) alles richtig. Leider ergeben sich in der Praxis vielerorts viele Abweichungen: Der Bußritus wird auf die "Form 3" reduziert oder verschwindet ganz, der Canon Romanus wird nicht benutzt, wer die Kommunion kniend in den Mund empfangen will, erregt unliebsames Aufsehen. Glücklich die Untergiesinger, wenn es dort anders ist. Sowohl zur Leseordnung als auch zu den Gebeten zur Gabenbereitung wäre viel zu sagen, was wir uns hier aber sparen können.

Keine besonderen Merkmale des alten Ritus sind also: die lateinische Sprache, die Form der Gewänder und Gefäße, die Ausrichtung des Altares, die musikalische Gestaltung in der klassischen Form. All das gibt es im neuen Ritus genauso. Im Gegenteil, das II.Vaticanum hat all dies nicht nur nicht abgeschafft, sondern die weitere Pflege nachdrücklich gewünscht. Besondere Merkmale des alten Ritus sind: in mehrerlei Hinsicht die fehlende Wahlmöglichkeit bei Texten und Formen, die ausschließliche Verwendung der lateinischen Sprache; die nicht im engeren Sinne als Verkündigung zu erkennende Form des Vortrags von Lesung und Evangelium, das Fehlen der Möglichkeit zur Mitwirkung von Laien v.a. bei der Lesung; das Fehlen der Fürbitten und der Akklamation nach der Wandlung, sowie einige weitere nicht sonderlich gewichtige Einzelheiten.

Nicht, daß wir mit Herrn Pfarrer Ascherl unbedingt streiten wollten - aber wenn er hier so sehr unterstreicht, was tatsächlich oder vermeintlich fehlt, erlauben wir uns doch einen Hinweis darauf, daß im Alten Ritus auch viele Möglichkeiten zu Mißbräuchen und Mißverständnissen schlicht und einfach fehlen - und daß nicht alles, was neu dazu gekommen ist, den Test der Zeit bestanden hat.

Was ändert sich nun bei den regulären Gottesdiensten in unserer Pfarrei? - Nichts! Die hl. Messe an Sonn- und Feiertagen sowie an den Werktagen wird auch weiterhin so gefeiert wie bisher - im "neuen" Ritus. In St. Franziskus haben wir nun schon seit Jahren - v.a. bei Hochämtern - in vielerlei Hinsicht das verwirklicht, was der Hl. Vater ebenfalls im o.g. Schreiben wünscht: die Befruchtung der beiden Riten miteinander. So haben schon lange bei uns einige altehrwürdige, erlaubte und erwünschte festliche Elemente wieder Eingang gefunden, die eigentlich nie abgeschafft oder gar verboten , sondern evtl. totgeschwiegen oder einfach schlichtweg vergessen wurden (so etwa die gute Kirchenmusik, die schönen alten Gewänder oder auch die lateinische Sprache bei besonders festlichen Gottesdiensten). Der oft anzutreffende pure Experimentierdrang hat bei uns keinen Platz. Wäre das überall geschehen, wäre der Ruf nach der alten Liturgie bei manchen vielleicht nicht so exklusiv und z.T. auch unversöhnlich ausgefallen.

Das ist zweifellos richtig. Es gibt zwar auch einige bedenkliche Perspektivverschiebungen von der alten zur neuen Form des römischen Ritus, die zum Widerspruch auffordern, aber richtig verhängnisvoll ins Gewicht fallen können diese erst dann, wenn auch die gesamte äußere Form des Gottesdienstes darauf abgestellt wird, einen Bruch mit dem Vorhergehenden zu markieren. Wenn das den Gläubigen von Untergiesing erspart geblieben ist, können sie von Glück reden.

Ich bin als Pfarrer fest der Meinung, daß wir hier vor Ort für die Pfarrseelsorge keine Erweiterung des rituellen Programms benötigen, sondern daß wir unseren Weg, Gottesdienst zu feiern, weitergehen sollen, ganz im Sinne der Kirche, ihrer Lehre und Tradition, in Ehrfurcht vor dem heiligen Geschehen der Liturgie - und ! - als Katholiken, die nach dem II. Vaticanum leben wollen. Auf der anderen Seite ist es christliche Pflicht, herzliche Gastfreundschaft zu gewähren. Und das möchte ich als Pfarrer gerne und mit Freude tun, zumal der hl. Vater gerade in der Frage der Zulassung der "außerordentlichen Form" der Liturgie Großzügigkeit wünscht. So kann in Zukunft, wenn und solange die Teilnehmerzahl das für sinnvoll erscheinen läßt, in unserer Unterkirche an Sonn- und Feiertagen um 11.30 Uhr eine hl. Messe im alten Ritus gefeiert werden.

Pfarrer Ascherl scheint jede Gelegenheit zu nutzen, um zu betonen, daß die Feier der Alten Messe ihm kein Herzensanliegen ist - ob das Weltklugheit oder Bedürfnis ist, können wir von hier aus nicht erkennen. Es spielt aber letztlich auch keine große Rolle: Er ist bemüht, die hl. Messe „ganz im Sinne der Kirche, ihrer Lehre und Tradition“ zu feiern, und im Gehorsam gegen den Papst ist er auch bereit, für die Gläubigen die das wünschen, den alten Ritus zu zelebrieren. Das ist exakt das, was der Papst verlangt, und wenn sich mehr Pfarrer dazu bereit finden könnten, auf diese Weise dem Willen (und dem Gesetz!) des Papstes zu folgen, wäre die deutsche Kirche ein großes Stück weiter.

Davon sind zeitlich weder die beiden Messen in der Pfarrkirche um 9.00 Uhr und 10.30 Uhr, noch der Kinderwortgottesdienst in der Unterkirche betroffen, da die Kinder ja bereits um ca. 11.00 Uhr in die Eucharistiefeier in der Pfarrkirche (ab Gabenbereitung) heraufgekommen sind.

Abschließend sei festgehalten: Die Kirche feiert seit der Einsetzung des Altarsakraments und des Priestertums durch Christus am Gründonnerstag die hl. Messe. Sie hat dies in all den Jahrhunderten in immer wieder - ganz legitim - veränderter und ergänzter Form getan, bis heute. Und trotzdem geht es immer wieder um ein und dasselbe: die Begegnung mit Christus im Wort der hl. Schrift, das gemeinsame Gebet, v.a. aber um die unblutige Erneuerung des Kreuzesopfers Christi und den Empfang seines Leibes und Blutes in den Gestalten von Brot und Wein. Letztlich fällt es also nicht ganz so ins Gewicht, in welcher der von der Kirche erlaubten Formen wir das tun, sondern d a ß wir es tun, weil der Herr es uns aufgetragen hat. In der Erfüllung dieses Auftrages durch möglichst alle liegt für mich als Pfarrer in der Sorge um die mir anvertrauten Seelen, aber auch für alle Verantwortlichen und die gesamte Gemeinde noch viel Arbeit vor uns.

Dieser Zusammenfassung schließen wir uns gerne an. Und wir können uns gut vorstellen, daß die Feier der alten Liturgie für Pfarrer Ascherl im Lauf gar nicht so langer Zeit von einer bereitwillig übernommenen Pflicht zu einer großen Freude wird.
Vielleicht zieht er dann damit ja sogar von der Unter- in die Oberkirche um - nach der Außenansicht zu urteilen dürfte die einen prächtigen Hochaltar haben.