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Gebet (und Geld) für Norcia

Das Erdbeben vom 24. August in Mittelitalien hat in den Dörfern rund um das Epizentrum bis jetzt an die 300 Todesopfer gefordert; immer noch werden Menschen vermisst. In einigen Ortschaften steht buchstäblich kein Haus mehr – die Jahrzehnte, teils Jahrhunderte alte Substanz der einfachen Bauten hatte den Erschütterungen keinen Widerstand entgegen zu setzen. In der Kleinstadt Norcia, 20 km vom Ort der schlimmsten Verwüstungen entfernt, sind zwar keine Häuser eingestürzt. Viele wurden aber mehr oder weniger stark beschädigt und von den Behörden als vorläufig unbewohnbar deklariert – die Bewohner, soweit sie nicht andernorts bei Freunden oder Verwandten Unterkunft gefunden haben – leben in Zelten unmittelbar neben der Stadt.

Zu den Zeltbewohnern gehören auch die Mönche der altrituellen Benediktinergemeinschaft von Norcia, die mit ihrem Prior Dom Cassian Folsom dort seit Jahren in der allgemeinen Seelsorge tätig sind und daran arbeiten, die baulichen und wirtschaftlichen Grundlagen für ihr Kloster am Geburtsort des Heiligen Benedikt zu schaffen. Ihr Kloster ist jetzt teilweise einsturzgefährdet, so daß sie es verlassen mussten. Die in den vergangenen Jahren unter großen Anstrengungen restaurierte Basilika ist schwer beschädigt und ebenfalls gesperrt. Nur die Brauerei und einige andere moderne Teile der Klosteranlage sind weitgehend unbeschädigt und haben den Betrieb wohl bereits wieder aufgenommen.

Unmittelbar nach dem Erdbeben waren nur zwei Brüder als „Stallwache“ in Norcia zurückgeblieben. Der größere Teil der Gemeinschaft hatte für eine Woche Unterschlupf bei den Benediktinern von San Anselmo in Rom gefunden. Inzwischen wurden mit großartiger Unterstützung von Gläubigen aus Norcia und Umgebung ein Zeltkloster hergerichtet; dabei ist ein Zelt für die Feier von Gottesdiensten, so daß die Gemeinschaft ihr klösterliches Leben – so gut unter diesen Umständen möglich – wieder aufgenommen hat. Ihre Hauptaufgaben neben dem auch in dieser Situation keinesfalls zu vernachlässigenden Gebet: Geistlicher Beistand für die Menschen, und Sicherungsarbeiten an Kirche und Klostergebäuden, um möglichst bald mit der Wiederherstellung beginnen zu können.

Das Erdbeben ereignete sich in der Nach vor dem Fest des Hl. Bartolomäus, und die Brüder hatten sich auf die Matutin um 3:45 eingerichtet, so daß alle schon wach und angekleidet waren, als es losging. Prior Cassian beschreibt fas, was dann folgte, so:

Wir haben schon früher in den 16 Jahren, seit denen wir nun in Norcia leben, Erdstöße verspürt – aber nichts war so, wie dieses. Das jagt einem schon Angst ein, wenn man die Erde knurren und knirschen hört und spürt, wie das gebäude wie betrunken hin und her schwankt. Wir waren geistesgegenwärtig genug, sofort aus dem Haus zu laufen und uns ins Freie zu flüchten – auf den Platz direkt vor dem Kloster. Da haben wir uns in der Kälte dicht zusammengedrängt, als die Erdstöße den Boden unter unseren Füßen immer wieder zittern ließen. Mönche und Stadtbewohner versammelten sich instinktiv um die Statue des hl. Benedikt in der Mitte des Platzes. Wir Brüder beteten gemeinsam den Rosenkranz, und viele der Menschen aus der Stadt schlossen sich an. Von Herzen dankten wir dem Herrn, daß Gott unser Leben verschont hatte.

Auf der anderen Seite der Berge, in Amatrice und Accumoli, legte das Erdbeben die ganze Orte in Trümmer und hinterließ Tod und Verwüstung. Wir beklagen den tragischen Tod dieser Menschen und trauern mit ihren Freunden und Verwandten. Es ist so, wie die Schrift sagt: Gott hat den tod nicht gemacht, und er hat keine Freude am Tod der Lebenden (Werisheit 1:13) Plötzlicher Tod ist besonders schrecklich, weil er keine Zeit zur Vorbereitung läßt. Deshalb ermahnt der hl. Benedikt seine Mönche: Haltet euch den Tod täglich vor Augen“ so wollen wir jederzeit bereit sein, auch für einen gewaltsamen und plötzlichen Tod, der unerwartet im Dunkel der Nacht zuschlägt.“

Zum Abschluß seines kurzen Berichts, den man zusammen mit anderen Berichten über die Situation nach dem Erdbeben auf der Website der Benediktiner von Norcia vorfindet, erklärt Prior Cassian, auch unter Bezug auf die monastische „stabilitas loci“, daß seine Gemeinschaft auf jeden Fall am Ort bleiben und sich am Aufbauwerk beteiligen will. Und er zieht eine erste geistliche Nutzanwendung:

Wir können dem Erdbeben am Bartholomäustag 2016 auch eine geistliche Bedeutung beilegen. Ich denke da an die österliche Antiphon „Sieht, es geschah ein großes Erdbeben...“ Diese Antiphon bezieht sich auf die Antwort der Schöpfung auf die Auferstehung Christi. Auch wir werden am Ende der Zeit wiederauferstehen, wenn der Herr kommt, um die Lebenden und die Toten zu richten. Einst war es üblich, über die letzten Dinge zu meditieren: Tod, Gericht, Himmel und Hölle. Es wäre gut, wenn wir sie uns erneut vor Augen stellen würden.
In diesem Ereignis liegen zwei Symbole, die uns wichtige Einsichten vermitteln können. Zum ersten, daß die Basilica des hl. Benedikt und der Altar des Heiligen schwer beschädigt wurden. Die katholische Kultur der westlichen Zivilisation bricht zusammen – das können wir mit eigenen Augen beobachten. Das zweite Symbol ist, wie sich die Menschen zum Gebet um die Statue des Heiligen auf dem Platz versammeln. Das ist der einzige Weg zur Wiederherstellung.“

Das oben gezeigte Bild fanden wir im Facebook-Auftritt der Mönchsgemeinde, wo ebenfalls aktuelle Informationen über den Stand der Dinge und Möglichkeiten zur Unterstützung zu finden sind.

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