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Moloch rulez!

Illustration aus einer Bibel des 19. JahrhundertsMit Updates und einer Petition

Die Hinrichtung von Alfie Evans war für heute, 14.30 angesetzt. Henker: Das ärztliche Personal des Krankenhauses Alder Hey. Richter: Die ehrenwerten Lords der englischen Krongerichte. Das Verbrechen: Der 23 Monate alte Alfie ist (nach Erkenntnissen der sich zum Herrn über Leben und Tod erklärenden britischen Gesundheitsbehörde) unheilbar krank. In einer Serie von Gerichtsentscheidungen, gedeckt von den Europäischen Institutionen, haben englische Gerichte zunächst den Eltern das Sorgerecht entzogen und dann - zynischerweise im Namen des kranken Kindes – in einer Reihe von Prozessen den Eltern verboten, das Opfer ihrer mörderischen Willkür aus dem Krankenhaus zu nehmen und Ärzten zu übergeben, die versuchen wollen sein Leben zu erhalten. Ein entsprechendes Angebot aus der Päpstlichen Kinderklinik Il Jesu in Rom liegt seit einigen Tagen vor. Dennoch haben die britischen Behörden bis zum Nachmittag einen Aufschub der Hinrichtung verweigert. Offenbar geht es um übergeordnete Prinzipien.

Der heutige Tag brachte nun eine bemerkenswerte Wendung: Die Italienische Regierung hat Alfie und seinen Eltern die italienische Staatsbürgerschaft verliehen und alle von ihrer Seite her möglichen Voraussetzungen dafür geschaffen, den Zweijährigen in die römische Klinik zu verlegen. Etwa gleichzeitig hat allerdings der Europäische Menschengerichtshof es abgelehnt, den Fall zu behandeln – vermutlich ist er gerade völlig überlastet durch die verantwortungsvolle Aufgabe, die Ehe für weitere 33 Geschlechter zu öffnen. Der Ausgang des nun auf die Ebene zwischenstaatlicher Beziehungen gehobenen Ringens ist derzeit offen.

Der Fall Alfie Evans ist nicht der erste dieser Art in den vergangenen Jahren, aber an ihm wird in besonders erschreckender Weise deutlich, in welchem Umfang sich die staatliche Gewalt in Ländern der sogenannten „westlichen Wertegemeinschaft“ anmaßt, darüber zu befinden, was lebenswertes und was unlebenswertes Leben sei. Eine Anmaßung, die in dieser Offenheit und Brutalität zum letzten Mal im deutschen Faschismus praktiziert worden ist. Eine Anmaßung, die die Kultur des Todes zum Staatskult erhebt und somit die Grundlagen der göttlichen Ordnung und des gesellschaftlichen Lebens in Frage stellt. Des Lebens einer Gesellschaft, die allerdings schon lange dazu bereit ist, das Leben ihre ungebotenen Kinder zugunsten von dem zu opfern, was sie für psychisches Wohlbefinden und materiellen Wohlstand ausgibt. Moloch redivivus.

Und nein – die Opferung des eigenen Nachwuchse auf den Altären Molochs ist nicht ein gesellschaftlicher Mißstand wie viele andere auch, wie Diskriminierung, Armut oder Flüchtlingselend. „Arme werdet ihr immer bei Euch haben“ warnt Jesus nach Matthäus 26, 11 vor der Illusion vom irdischen Paradies, und das Buch Levitikus, das Gesetzbuch des – wie man uns gerne versichert – nie aufgekündigten ersten Bundes – schärft dem auserwählten Volk gleich an sechs Stellen ein: „Ich werde mich gegen den Mann stellen und ihn von seinem Volk abschneiden, der von seinen Nachkommen dem Moloch gibt“ (Levitikus 18 und 20).

Der italienische Publizist Ricardo Cascioli hat in einem heute erschienen Text die Geschichte der Denkweise nachgezeichnet, die der mörderischen Konsequenz der faschistischen „Rassetheoretiker“ ebenso wie auch der heutigen Praxis von Mördern in weißen Arztkitteln, roten Richterroben und schwarzen Anzügen der überaus ehrenwerten Mitglieder von Ethikkommissionen zugrunde liegt. Das „Eugenische Denken“ entstand im angelsächsischen Raum zu Ende des 19. Jahrhundert insbesondere im Anschluß an eine bestimmte Lesart Darwins und führte in den 20er Jahren in mehreren Ländern zu einer „eugenischen Gesetzgebung“, die streng zwischen lebenswertem und unwertem Leben unterschied und von den Nazis mühelos aufgegriffen und weiter entwickelt werden konnte.

Nach dem Ende des Faschismus in Deutschland, so schreibt Cascioli, war diese menschenfeindliche Ideologie zunächst in Mißkredit geraten und machte sich für die große Öffentlichkeit unsichtbar:

In Wirklichkeit war die eugenetische Bewegung nie weg; sie wurde nur umgewandelt, weil nach Ende des Zweiten Weltkrieges und wegen des Geschehens in Deutschland das Wort „Eugenik“ keinen guten Ruf mehr hatte. So haben sich die Gesellschaften für Eugenik Schritt für Schritt in Gesellschaften für Genetische oder Biologische Studien umgewandelt, aber sie haben nur ihren Namen geändert, um annehmbarer zu werden.“

Das ist der Fall der britischen Gesellschft für Eugenetik: sie hat ihre Aktivitäten nie eingestellt, und heißt heute einfach nur „Galton-Institut" und unterstützt vor allem in ihrem Jahresjournal „Galton Lecture“ genetische Studien, die die Schaffung eines „Menschen nach Maß“ anstreben. (…)

Was wir dem Nazismus zuschreiben, ist also in Wirklichkeit eine Kultur, die im Vereinigten Königreich (und nicht nur) wohl verankert ist und sie wird oft gelebt. Auch wird sie - wie der Fall von Alfie Evans zeigt - ganz offen in den Krankenhäusern praktiziert und in Gerichtssälen verkündet, ohne daß irgendein Teil der Gesellschaft auch nur einen Finger rührt, auch nur zusammenzuckt oder irgendetwas Unheimliches bei alle dem findet.“

Den ganzen Artikel von Caccioli in deutscher Übersetzung finden Sie hier. Weitere Fakten zum Verlauf der Angelegenheit bringt katholisches.info - dort auch mehrfache aktualisierende Updates. Für die meisten „Qualitätsmedien“, in denen Moloch eine starke Lobby hat, ist das alles kein Thema.

Updates:

  • Informationen zum aktuellen Stand 10 Stunden nach Abstellung der Atmungsunterstützung auf Lifesite.news.
  • Eine umfangreiche und im Gesamttenor niederschmetternde Zusammenstellung katholischer Stellungnahmen von Rom bis zur britischen Bischofskonferenz hat Sandro Magister veröffentlicht. Hier auch auf Deutsch.
  • 24 Stunden nach Abstellung der lebenserhaltenden Geräte lebt Alfie immer noch - und immer noch wird es seinen Eltern mit Polizeigewalt verwehrt, ihr Kind nachhause oder in eine Klinik ihrer Wahl zu bringen. Inzwischen wird auch die Kritik von ärztlicher Seite lauter. Aktueller Stand Dienstag 18:00.
  • Zum Stand am Mittwoch bei  kath.net und mit einer erstaunlichen Enthüllung hier. Auf dieser Seite kann man sich einer Petition anschließen.
  • Stand Do, 26. 4.: Die Zeitung Die Welt hat ein ausführliches Interview mit einem deutschen Spezialisten, der auf die Frage nach dem Grund der Auseinandersetzungen ausführt: „Das englische Gesundheitssystem will das nicht. Warum nicht? Da kann ich nur spekulieren, aber wie ich das verstanden habe, ist der National Health Service die heilige Kuh in England. Die Ärzte sagen, das, was wir machen, ist richtig, Punkt. Und natürlich ist so eine Behandlung eines Intensivpatienten außerhalb der Klinik circa dreimal so teuer wie in der Klinik. Wenn sie da einen Präzedenzfall schaffen, treten sie eine Lawine los, die mit erheblichen Kosten verbunden ist. (...) In England ist es ... in diesem speziellen Fall gerade so: Das System sagt, wir haben immer recht und es ist besser, wenn dieses Kind stirbt, als wenn jemand anderes sich darum kümmert. Für mich ist das nicht verständlich.“ 
  • Ehemalige Mitglieder der von Papst Johannes Paul II. gegründeten und vom gegenwärtigen Amtsinhaber kürzlich aufgelösten Akademie für das Leben, die sich in einer neuen Vereinigung zusammengeschlossen haben, haben eine Erklärung zum willkürlichen Todesurteil gegen Alfie Evans veröffentlicht.
  • Eine - zunächst - abschließende Zusammenfassung der bisherigen Abläufe nach dem Tod Alfies hat Edward Pentin auf National Catholic Register veröffentlicht. Der Fall selbst ist damit in keiner Weise abgeschlossen - wir werden die weitere Entwicklung verfolgen.

Zusätzliche Informationen