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Die 3. Woche

Schon die 2. Woche hatte für Rom das Ende der Weihnachtszeit gebracht – zumindest visuell: Am 11. Januar sind Weihnachtsbaum und Krippe auf dem Petersplatz abgebaut worden – sonst standen sie nach Möglichkeit bis zu Mariä Lichtmess am 2. Februar. Auch im übrigen geht in Rom alles seinen traurigen Gang. Zum Lutherjahr gibt es beim Vatikan eine Luther-Briefmarke, sicher doch. Amoris Laetitia erweist sich immer mehr als Sprengsatz, geeignet, die nach außen hin mühsam gewahrte Einheit zwischen der Kirche der Tradition und der Kirche „nach 1965“ endgültig aufzubrechen. Nur, daß neuerdings immer öfter so getan wird, als sei „vor 2013“ gar nichts gewesen: Erst unter Franziskus habe die Kirche zu ihrem wahren Geist gefunden.

Was ist dieser Geist? Will man der Laudatio glauben, mit der am Freitag anläßlich seiner Ehrung mit dem „Freiheitspreis der Medien“ die Verdienste von Kardinal Marx beschrieben wurden, ist das „eine Theologie, die den Geist der freiheitlichen Aufklärung atmet und zugleich der Idee der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet ist“. Darin liegt das Kennzeichen der nicht erst bevorstehenden, sondern der bereits vollzogenen Spaltung: Daß der einen Seite als hohes Lob erscheint, was von der anderen als Beschreibung der vollendeten Apostasie wahrgenommen wird.

Das ist keine einseitige Sache: Am 16. Januar verhängte Bischof Bermudez von Pereira gegen den Priester Luis Carlos Uribe eine der höchsten Strafen, die das Kirchenrecht vorsieht: Die suspensio a divinis, verbunden mit ausdrücklichem Verbot jeglicher Meinungsäußerung und dem Gebot für die Katholiken der Diözese, nicht auf den Priester zu hören. Begründung: Uribe habe öffentlich seinen Widerspruch gegenüber den lehrmäßigen und pastoralen Aussagen des Papstes hinsichtlich der Ehe und der Eucharistie geäußert. Damit sei er entsprechend Can 1364;1 vom Glauben abgefallen und habe nach Can 751 eine schismatische Spaltung verursacht. (Quelle)

Bischof Bermudez ist anscheinend nicht der einzige, der das Regime Franziskus‘ in Rom als Ermutigung begreift, eigene despotische Neigungen auszuleben und nach dem Satz zu verfahren: Recht ist, was ich als Recht durchsetzen will. In den USA hat Bischof Malloy von Rockford in einem Brief an seinen Klerus das Motu Proprio Summorum Pontificum von Papst Benedikt für seinen Machtbereich außer Kraft gesetzt – zumindest lebt er in der Vorstellung, das tun zu können: Zusammen mit einem generellen Verbot der Meßfeier „ad orientem“ macht er auch jede Zelebration der hl. Messe im überlieferten Ritus von einer vorher einzuholenden bischöflichen Genehmigung abhängig. Ein klarer Widerspruch zur Aussage des Artikels 2 im päpstlichen Gesetz, der bestimmt: „Für eine solche Feier nach dem einen oder dem anderen Messbuch benötigt der Priester keine Erlaubnis, weder vom Apostolischen Stuhl noch von seinem Ordinarius“.

Sich darauf zu berufen – ist das nur Starrheit pharisäischer Schriftgelehrter, für die im Pontifikat der Barmherzigkeit kein Platz mehr ist? Oder sind Bischöfe wie die genannten authentische Repräsentanten einer neuen postkatholischen Kirche von Regionalität, Dezentralisierung und Inkulturation, deren Geist je nachdem von der freien Marktwirtschaft oder peronistischem Caudillotum bestimmt ist?

Das Gute an der schlechten Sache ist, daß wir solche Fragen vielleicht aufwerfen können, aber nicht beantworten müssen. Für uns reicht es völlig, an dem festzuhalten, was immer und durchgängig als katholisch galt und auf den großen Kirchenversammlungen vom 4. bis ins 20. Jahrhundert übereinstimmend als katholische Lehre verkündet und von Päpsten feierlich bekräftigt worden ist.

Der Rest ist Privatvergnügen und geht auf eigenes Risiko. Dieses Risiko ist hoch, besonders für Bischöfe. Es war der hl. Chrysostomus, der gesagt hat: „Die Wege der Hölle sind mit den Schädeln von Bischöfen gepflastert“.

Noch einmal: Frohe Weihnachten

Für die Christen der Orthodoxie, die die Gregorianische Kalenderreform nicht mitvollzogen haben, war der gestrige 6. Januar der Tag des Weihnachtsfestes. Auch ihnen und noch einmal: Frohe Weihnachten!

Das russische Staatsfernsehen übertrug aus diesem Anlaß die Mitternachtsmesse aus der Moskauer Erlöser-Kathedrale. Fr. Zuhlsdorf hat die Übertragung gesehen und fleißig Screenshots gemacht. Die Bilder sind sehenswert. Und ein Teil der Leserzuschriften bedenkenswert.

Die 51. Woche

Bild aus einem Film von der Website der GemeinschaftEine gute Woche zur Vorbereitung auf den Weihnachtsfrieden war das nicht, und das nicht nur wegen des mörderischen Angriffs eines Freiwilligen einer bewaffneten Abteilung des Islam auf einen Weihnachtsmarkt im Herzen Berlins. 

Direkt ins Herz der Kirche zielt der die Gottessohnschaft des Erlösers bestreitende Artikel der Theologieprofessorin Polak, den diese mit wohlwollender Förderung durch Dompfarrer Faber und fahrlässiger Duldung von Kardinal Schönborn im weihnachtlichen Pfarrbrief der Wiener Domgemeinde veröffentlichen konnte. Wir haben darüber geschrieben. Das kommt dabei heraus, wenn man sich für das Verständnis des Glaubens nicht auf die am authentischsten in der Septuaginta überlieferte Form des alten Terstaments stützt, wie sie auch Jesus selbst und seinen Jüngern geläufig war, sondern auf den angeblichen masoretischen Urtext. Angeblich deshalb, weil er in wesentlichen Teilen deutlich jünger (fixiert um das 5. nachchristl. Jahrhundert) ist als das dem 3. vorchristl. Jahrhundert entstammende Septuaginta-Stadium. Tatsächlich enthält die masoretische Version des AT teilweise direkt gegen das Christentum gerichtete Lesungen und Entstellungen – von „Urtext“ keine Spur.

Nicht nur in Gestalt von Figuren wie Polak ernten wir jetzt die Früchte des nachkonziliaren Bemühens, im Zeichen des Dialogs mit dem Judentum die in der ganzen alten Kirche maßgebliche Fassung des alten Testaments in der Septuaginta abzustoßen und sich auf eine Überlieferung einzulassen, die in vielem von Feinden des Christentums redigiert worden ist. Die Gottessohnschaft des Erlösers ist das große Ärgernis für den Teil des Judentums, der sich von diesem Jesus nicht erlösen lassen wollte und bis heute an dieser Verneinung der Grundwahrheit unseres Glaubens festhält.

Auf verdrehte Weise passt dazu die Ausweisung einer in Lehre und Liturgie an der Tradition festhaltenden Schwesterngemeinschaft aus seinem Bistum durch den kürzlich neu ernannten Bischof Konderla von Tulsa im us-amerikanischen Oklahoma. Die „Töchter Mariens, der Mutter Israels“ sind eine Gründung der Konvertitin aus dem Judentum und heutigen Benediktinerin Rosalind/Miriam Moss, die unter Konderlas Vorgänger Bischof Slattery Aufnahme in Tulsa gefunden hatte. Slattery hatte sie der geistlichen Begleitung durch Fr. Charles Rippberger von der Petrusbruderschaft anvertraut, der Tulsa bereits im September verlassen mußte.

Die Feindschaft gegenüber traditionstreuen Frauenorden scheint eines der hervorstechenden Kennzeichen der modernistischen Ordnung zu sein. Bereits im Sommer hat die in Italien lebende amerikanische Autorin Hilary White die neu von Franziskus erlassenen Richtlionien für kontemplative Frauengemeinschaften unter diesem Aspekt analysiert. Jetzt im Dezember erscheint eine deutsche Übersetzung auf Tradition und Glauben: „Der Frühling ist vorüber, meine Damen“.

Womit sich der Blick nach Rom wendet, wo die Auseinandersetzung um Amoris Laetitia an Intensität zunimmt. Sie wird inzwischen auch von den Mainstream-Medien wie hier dem SPIEGEL zur Kenntnis genommen. Von der überaus schwerwiegenden Intervention von Kardinal Burke im Interview bei Lifesite-News hatten wir schon berichtet. Nun hat sich auch der Salzburger Weihbischof Laun per Interview in die Gruppe der besorgten Fragesteller eingereiht – der Text ist bislang nur in englischer Sprache auf Onepeterfive zu bekommen.

Ebenfalls auf Onepeterfive ist eine bemerkenswerte Untersuchung von Maike Hickson erschienen, die darlegt, wie die in Österreich unter der Verantwortung von Kardinal Schönborn arbeitende Nachrichtenagentur „kathpress“ ein Interview zu Amoris Laetitia mit Kardinal Müller so bearbeitet bzw. verstümmelt hat, daß die in einer anderen Fassung des Interviews enthaltenen klaren Aussagen des Präfekten der Glaubenskongregation zur Unveränderlichkeit der katholischen Ehelehre nicht mehr aufzufinden waren. Im Zusammenhang mit der Unruhe um Amoris Laetitia ist auch ein langer Text des amerikanischen katholischen Philosophen Edward Feser zu lesen, der sich unter der Überschrift „Denial flows into the Tiber“ zunächst mit der Geschichte irrlehrender Päpste von Liberius I. (352-266) bis Johannes XXII. (1316-1334) beschäftigt, um dann die Frage zu stellen, was daraus für die Zweifel an Amoris Laetitia zu folgern ist. Es ist, soweit wir das überblicken können, die bislang materialreichste und tiefgehendste Analyse zum Thema. 

Und wenn wir schon bei Franziskus sind: Am Donnerstag absolvierte der Papst seine weihnachtliche Kurienbeschimpfung – same procedure as every year. Es sind die bösen Konservativen und verstockten Traditionsanhänger, die sich den Worten des Heiligen Geistes verschließen, die doch unentwegt von seinen Lippen und aus seiner Feder fließen.

Wo bleibt das Positive? In dieser Woche müssen wir wenigstens nicht nur über den Ozean schauen, um Erfreuliches zu melden. Am vergangenen Quatembersamstag hat der Bischof von Frejus-Toulon, Dominique Rey, vier Seminaristen seiner Diözese und einem aus der Petrusbruderschaft die niederen Weihen erteilt. Außerdem weihte er einen Franzosen, der in der schottischen Diözese Argyll inkardiniert ist, zum Priester. Das alles nach der überlieferten Liturgie, wie sie für diesen Samstag vorgesehen ist. Und in Belgien wird es ab dem 1. Januar eine neue regelmäßige Sonntagsmesse im überlieferten Ritus geben. Sie wird an jedem ersten Sonntag im Monat von einem Priester des Instituts Christus König und hoher Priester in der Basiilika unserer lieben Frau von Dadizele gefeiert – wenige Kilometer entfernt von den Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs um Ypern. Sehr lesenswert schließlich, wenn auch von der Überschrift her einigermaßen überraschend, ist ein Artikel von Peter Kwasniewski in Rorate Caeli: The Spirit of the Liturgy in the Words and Actions of Our Lady

Kommen Sie gut in die nächste Woche und das neue Jahr - wenn nichts Weltbewegendes geschieht, werden wir uns erst am 2. Januar wieder mit aktuellen Beiträgen melden.

Zuspitzung um Amoris Laetitia

Bild: Lisa Bourne/LifeSiteNewsIm Gespräch mit Lifesite-News hat Kardinal Raymond Burke als einer der vier Unterzeichner der ,dubia' bezüglich Amoris Lætitia nun mitgeteilt, wie er den weiteren Ablauf der Dinge erwartet. Der Papst hatte bekanntlich auf die Anfang November eingegangenen formale Bitte um Klärung offener Fragen nicht geantwortet und durchsickern lassen, er gedenke das auch nicht zu tun. Gleichzeitig haben einige Angehörige des päpstlichen Hofstaats größtenteils aggressive und unverschämte Erklärungen veröffentlich, die alle eines gemeinsam haben: sie gehen mit keinem Wort auf die Sache ein. Und das, obwohl angesichts widersprüchlicher Interpretationen des päpstlichen Schreibens für alle Welt ersichtlich ist, daß tatsächlich erhebliche Zweifel und Unklarheiten über seinen Inhalt und seine Aussage bestehen. Der Kardinal sagte dazu:

Es muß eine Reaktion auf die Dubia (bzw. auf das Ausbleiben einer Antwort) geben, weil sie die Grundlagen des moralischen Lebens und der unveränderlichen Lehre der Kirche von Gut und Böse hinsichtlich verschiedener sakramentaler Realitäten wie der Ehe und der hl. Kommunion betreffen... Nun stehen wir in den letzten gnadenreichen Tagen vor der Feier der Geburt unseres Herrn, dann kommen die Oktav von Weihnachten und die Feierlichkeiten zum Beginn des neuen Jahres - das ganze Mysterium um Geburt und Erscheinung des Herrn - daher wird diese Reaktion wahrscheinlich erst einige Tage danach kommen.

Diese Antwort wird ebenso eindeutig formuliert sein, wie es die dubia sind, doch sie würde dann nicht länger mehr in Form von Fragen formuliert, sondern sie würde eine Gegenüberstellung der verwirrenden Aussagen in Amoris Lætitia mit der beständigen Lehre und Praxis der Kirche enthalten und damit eine Korrektur von Amoris Lætita vornehmen.“

Eine solche öffentliche Korrektur irriger Ausführungen eines Papstes anhand der beständigen Lehre der Kirche war zum letzten Mal im 14. Jahrhundert erfolgt. Damals hatte Papst Johannes XXII. öffentlich die Überzeugung vertreten, daß die Heiligen erst nach der allgemeinen Auferstehung der Toten am Ende der Zeit der Anschauung Gottes teilhaftig würden - eine Frage, die im Vergleich zum aktuellen Streitpunkt eher theoretische Bedeutung hat. Damals widerrief der Papst nach einigem Hin und her seine irrige Ansicht nicht zuletzt in der Reaktion auf einen Brief der Theologen der Pariser Universität, die ihm einerseits jeden schuldigen Gehorsam zusagten, andererseits aber nachwiesen, daß seine Ansichten dem katholischen Glauben widersprachen.

In vergleichbarer Weise erklärte jetzt auch Kardinal Burke, daß der Schritt der vier Kardinäle „in großem Respekt für das Amt des Nachfolgers Petri“ erfolge, tatsächlich sei eine solche Korrektur eine notwendige „Maßnahme, dieses Amt und seine Ausführung zu bewahren“.


Ein ausführlicherer Bericht findet sich auf der unbeirrbar glaubenstreuen Site lifesitenews.com, die derzeit auch dringlich um Spenden für ihre weitere Arbeit bittet.

Die 49. Woche

ScreenshotGutmensch Nr. 1 in Woche Nr. 49 war zweifellos der Kölner Kardinal und Erzbischof Woelki, als er mit grüner Sprühkreide (umertfreundlich, leicht abwischbar) das Wort „Gutmensch“ auf den Boden seiner Terrasse sprühte.  Die halbe Republik lachte. Knapp gefolgt wurde der Purpurträger von der BDKJ Rottenburg-Stuttgart mit ihrer Plakataktion „Alle Christen glauben an Allah“. Soviel zum Nebensächlichen. Hauptthema der Woche war nach wie vor die weltweit nach der Veröffentlichung von „Amoris Laetitia“ ausgebrochene Beunruhigung in der Kirche.

Den Stand und Hintergründe der Debatte im ehedem katholischen Deutschland referiert Hubert Hecker auf katholisches.info: Warum der liberale deutsche Katholizismus so gereizt und aggressiv auf den Dubia-Brief an den Papst reagiert. In einem Interview mit der italienischen Website La Nuova Bussolo Quotidiana hat sich Robert Spaemann zur Unterstützung der vier Kardinäle der „Dubia“ zu Wort gemeldet – hier Auszüge in englischer Übersetzung. Seine Fragen lassen sich sehr einfach zusammenfassen: Folgt die Kirche Jesus, oder folgt sie dem Zeitgeist? Schwer zu beantworten, in der Tat.

In England hat eine Gruppe katholischer Seelsorger und Intellektueller eine Unterstützungserklärung für die Absender der „Dubia“ veröffentlicht. Die Unterzeichner stellen unter anderem fest, daß die Kirche nach der Veröffentlichung von Amoris Laetita an einen kritischen Moment ihrer Geschichte gekommen sei, der sich nur noch mit der großen Arianischen Krise des 4. Jahrhunderts vergleichen ließe, als selbst der Papst sich unfähig zeigte, den Zweifeln an der gottmenschlichen Natur des Erlösers entgegenzutreten. Da ist wohl was dran.

Weihbischof Athanasius Schneider nennt die Dinge beim rechten Namen (), wenn er nicht mehr alleine vor einem drohenden Schisma warnt, sondern konstatiert:

„Heute sehen wir eine befremdliche Form von Schisma: Nach außen wahren viele Kirchenvertreter die formale Einheit mit dem Papst für das Wohl ihrer Karriere oder aus einer Art von Papolatrie. Zugleich brechen sie aber die Einheit mit Jesus Christus, der Wahrheit, und mit Jesus Christus dem wahren Haupt der Kirche. Andererseits werden Kirchenvertreter als Schismatiker beschuldigt, obwohl sie den kanonischen Frieden mit dem Papst bewahren und treue Söhne Jesu Christi, der Wahrheit sind und Sein Evangelium mit Eifer verkünden.“

Um so wichtiger sei es, daß der Papst unmißverständlich seiner Pflicht nachkomme, den Glauben der Brüder zu stärken:

„Nur der Dienst, den Glauben zu klären, schafft Einheit in der Kirche, und das ist die erste und unerläßliche Verantwortung des Papstes. Wenn der Papstes unter den aktuellen Umständen seine Aufgabe nicht erfüllt, müssen die Bischöfe das unveränderliche Evangelium über die Göttliche Morallehre und die immerwährende Ordnung der Ehe sicher verkünden.“

Neben solchen und anderen eher kirchenpolitisch orientierten Aufrufen brachte die vergangene Woche eine weitere eingehende theologische Analyse der in den „Dubia“ angesprochenen Probleme, verfasst von dem kanadischen Theologen und Philosophen John R.T. Lamont. Dabei beschränkt sich Lamont nicht nur auf die in der Folge von Amoris Laetita in Zweifel gezogenen Glaubensaussagen, sondern wirft auch weitergehende Fragen zur Päpstlichen Unfehlbarkeit, ihrer Bedingungen und Grenzen auf. Er zählt eine Reihe von Beispielen aus dem gegenwärtigen Pontifikat auf, bei denen er diese Grenzen überschritten sieht und diskutiert in einer seit langem nicht mehr gekannten Ausführlichkeit und Ernsthaftigkeit die Mittel, die der Kirche zur Korrektur fehlgegangener Oberhirten zu Gebote stehen. Er kann sich dabei auf eine Reihe von Kirchenlehrern von den ältesten Zeiten bis hin zu Thomas von Aquin und Robert Bellarmin stützen. Wir lernen daraus unter anderem: Was heute nach mehreren Jahrhunderten „guter Päpste“ kaum denkbar erscheint, war in früheren unruhigen Zeiten durchaus schon Diskussionsgegenstand.

Dem Drama auf der Hauptbühne entspricht das Satyrspiel auf dem Nebenschauplatz. P. Spadaro, Chefredakteur des Jesuitenblattes La Civiltà Cattolica und bevorzugtes Sprachrohr – und wohl auch einflußreicher Ideengeber – des Papstes, hat auf seinem Twitter-Account nicht nur kaum bemäntelte üble Beschimpfungen der vier „Dubia“-Autoren gepostet. Er hat auf der Zwitscherseite auch einen Fake-Account unter dem schönen Namen „Habla Francisco“ eingerichtet und im vorgetäuschten Dialog mit diesem Strohmann seine Botschaft zu propagieren versucht. Selten hat man eine eindrücklichere Erklärung dessen gesehen, was bestimmte Kirchenführer unter „Dialog“ verstehen: Das Selbstgespräch im kleinsten denkbaren Kreis.

Die mit Amoris Laetita zwar nicht aufgebrochenen, aber unübersehbar gewordenen Zerfallserscheinungen im Zentrum der Kirche scheinen auch dort Beunruhigung hervorzurufen, wo man Lehre und Wesen der Kirche fernsteht. Selbst bei vielen, die ihre Lehre ablehnen und auf Änderung dringen, hat die Rolle der Kirche als Element von Stabilität in einer von allseitigen Veränderungen mitgerissenen Welt einen gewissen Stellenwert. Fällt dieses Element als solches aus, könnten unberechenbare Folgen eintreten: Gelenkte Evolution ja - Revolution nein.  

Und so erklärt es sich vielleicht, daß ausgerechnet die New York Times ihrem Redakteur und Kommentator Ross Douthat in diesen Tagen ungewöhnlich breiten Raum zur Darstellung und kritischen Kommentierung der weltkirchlichen Entwicklungen einräumte. Douthat als „Quotenkatholik“ in der gerne auch als „Hells Bible“ bezeichneten ultraliberalen NYT abzutun, wäre ungerecht. Er tut dort alles, um einen orthodox katholischen Standpunkt in einem feindseligen Umfeld zur Geltung zu bringen. Und das ist mehr, als mancher deutsche Prälat von sich behaupten kann. Seine Artikel His Holiness Declines to Answer und The End of Catholic Marriage sind über den Tag hinaus lesenswert.

Über anderes, was in dieser Woche in und aus Rom zu hören war, decken wir schamhaft den Mantel des Schweigens: Die Nackten zu kleiden ist Christenpflicht, und ich möchte Ihnen weiterhin einen schönen 3. Adventssonntag wünschen.

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