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10 Jahre anglikanische Ordinariate

Bild: Aus dem verlinkten Artikel von ncregisterAm 4. November 2009 erließ Papst Benedikt XVI. die apostolische Konstitution Anglicanorum Coetibus, mit der er die Grundlage für die Schaffung anglikanischer/episkopaler Ordinariate innerhalb der katholischen Kirche schuf. Inzwischen gibt es drei dieser Ordinariate: In Großbritannien das Ordinariat Unserer Lieben Frau von Walsingham, in Nordamerika das Ordinariat vom Heiligen Stuhl Petri und für Australiern und umliegende Länder das Ordinariat Unserer Lieben Frau vom Kreuz des Südens. Diese Ordinariate gehören nicht im engeren Sinn zu den Gemeinschaften der überlieferten lateinischen Liturgie. Ihre Liturgiesprache ist Englisch, und ihr Missale greift zwar große Teile der Tradition auf, ist aber weder „tridentinisch“ noch gar „salisburganisch“, sondern gibt den Gemeinden große Freiheit, ihre Liturgie in der bei ihnen gewohnten Form zu feiern – darunter auch in Formen, die der überlieferten lateinischen Liturgie sehr nahe stehen.

Daneben gibt es noch eine starke innere Verbindung zwischen den Ordinariaten und den lateinischen Gemeinschaften der überlieferten Liturgie und Lehre: Die führenden Köpfe der zum Anschluß an die katholische Kirche entschlossenen Gruppen und Gemeinden hatten 2007 in ihrem Aufnahmeantrag ein klares Glaubensbekenntnis auf der Grundlage des Katechismus der Kirche von 1992 abgelegt. Anders als die Mehrheit der Theologen und Bischöfe der Kirche, die zahlreiche Elemente des Glaubens als Verfügungsmasse betrachten und mehr oder weniger offen davon abgerückt sind, haben sie mit uns also den vollen Umfang des katholischen Glaubens, wie er „immer, überall und von allen“ geglaubt wurde, gemeinsam.

Unterschiede gibt es in rechtlicher und disziplinarischer Hinsicht, am auffälligsten darunter das Fehlen des Zölibats: In den Ordinariaten gibt es verheiratete Priester – nämlich solche, die bereits in ihrer anglikanischen Vergangenheit geweiht bzw. ordiniert worden waren. Da in keiner über die Vollzahl der Sakramente verfügenden Kirche verheiratete Männer zu Bischöfen geweiht werden können, bedeutete das bei der Errichtung der Ordinariate ein gewisses Problem hinsichtlich der übertrittswilligen und mehrheitlich verheirateten anglikanischen Bischöfe. Es wurde daurch entschärft, daß die nun katholisch gewordenen Oberhirten in England und Australien zwar die Stellung eines Ordinarius für ihr Ordinariat erhielten – nicht jedoch zu Bischöfen geweiht wurden. Derzeit gibt es bei den Ordinariaten nur einen Prälaten, der gleichzeitig Ordinarius und Bischof ist: Bischof Steven Lopes von Nordamerika.

Gründung und Wachstum der Ordinariate sind insbesondere in England durch den erbitterten Widerstand der Hierarchien auf beiden Seiten behindert und erschwert worden: Für sie sind die in vielem dem Geist einer „Rückkehr-Ökumene“ entsprechenden glaubenstreuen Ordinariate Spielverderber beim endlosen Dialogisieren der Institutionen, das zwar keine Fortschritte kennt, wohl aber ständig neue Spielräume zu politischem Agieren im Sinne des Säkularismus eröffnet. Nachdem die im Anfang insbesondere hinsichtlich der Zugehörigkeitsregelungen eher schwach erscheinende rechtliche Position der Ordinariate im Frühjahr 2019 durch neue Normen und Ausführungsbestimmungen deutlich verbessert worden ist, ist davon auszugehen, daß die Ordinariate auf Dauer bestehen können und zunehmend Bedeutung im Ringen um die Bewahrung des rechten Glaubens in der Kirche erlangen.

Inwieweit die Ordinariate auch ein Vorbild für die anzustrebende „Lateinische Rituskirche“ abgeben können, bleibt näher zu betrachten. Ihr definierendes Element ist jedenfalls weniger der Ritus als die in sich durchaus verschiedenartige anglikanische Tradition und vor allem die uneingeschränkte Anerkennung des Katechismus. Trotzdem könnte die Errichtung von Ordinariaten der überlieferten Liturgie einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur „Befreiung“ der glaubenstreuen Katholiken aus dem Würgegriff teilweise nicht nur traditions- sondern auch glaubensfeindlich eingestellten Bischöfe zu befreien – ohne die akut bedrohte institutionelle Einheit der Kirche vollends zu verlieren.

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Der National Catholic Register bringt zum Gründungsjubiläum der Ordinariate ein höchst informatives Interview mit Bischof Lopes.

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