„Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.“
Papst Benedikt XVI. 2007 zu Summorum Pontificum.
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Die Tränen des Papstes
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- 25. Mai 2021
Fr. John Zuhlsdorf erinnerte gestern zum Pfingstmontag auf seinem Blog an eine Pfingsterfahrung von Papst Paul VI., von der er während seiner mehrjährigen Tätigkeit bei der damaligen Kommission Ecclesia Dei in Rom erfahren hatte. Nicht über sieben Ecken, sondern von einem päpstlichen Zeremonienmeister, der selbst anwesend war und es selbst erlebt hatte. Zitat Zuhlsdorf:
Sie wissen wahrscheinlich, daß das große Pfingstfest im herkömmlichen römischen Kalender seine eigene Oktav hatte. Pfingsten war (und ist) auch liturgisch gesehen eine großartige Angelegenheit. Es hat eigene Formulierungen im Communicantes und Hanc igitur (im sonst unveränderlichen römischen Canon), eine Oktav, eine Sequenz usw. An einigen Plätzen der Welt wie Deutschland oder Österreich war der Pfingstmontag (Whit Monday bei den Engländern) sogar Anlaß für einen weltlichen Feiertag zusätzlich zu den kirchlichen Feiern.
Der Novus Ordo war im April 1969 in Kraft getreten. Am Montag nach Pfingsten 1970 begab sich Seine Heiligkeit Papst Paul VI. zur Feier der Messe in seine Kapelle. Statt der roten Gewänder für die Oktav, die wie jeder weiß auf Pfingsten folgt, warten für ihn grüne Gewänder ausgelegt. Papst Paul fragte den an diem Tag zuständigen Zeremoniar: Was um Himmels willen sollen diese grünen Gewänder, wir sind in der Pfingstpktav. Wo sind die roten Gewänder?
„Euer Heiligkeit“ sprach der Zeremoniar, „wir sind jetzt im Jahreskreis. Das ist jetzt grün. Die Pfingstoktav ist abgeschafft.“
„Grün?“ sagte der Papst – „das kann nicht sein. Wer hat das angeordnet?“
„Euer Heiligkeit – das waren Sie.“
Und Paul VI. kamen die Tränen.
Soweit Fr. Zuhlsdorf.
Selbst wenn die Geschichte nur gut erfunden sein sollte: Die Macher der Liturgiereform hatten nicht die geringste Ahnung, wie Menschen fühlen und denken, wie wichtig es für sie ist, sich wenigstens in ihrer Glaubenswelt geborgen und zuhause fühlen zu können, wenn schon die Welt zwar nicht ihr Wesen, aber doch ihr Kleid jeden Tag ändert. In ihrer hochgelehrten Dummheit war ihnen das alles gleichgültig – wenn sie nur ihren ideologischen Träumen nachjagen konnten. Und Papst Paul jagte mit.
Wahrscheinlich hat er die Tränen dann an diesem Pfingstmontag tapfer unterdrückt, Opfer müssen gebracht werden für den großen Traum . Doch der ist inzwischen zum Albtraum geworden.
Veni, sancte Spiritus
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- 22. Mai 2021
In den Texten der römischen Liturgie finden sich nur wenige Aussagen über den Heiligen Geist – teils, weil die knappe Orationsform ohnehin nur wenig für komplexe Ausführungen geeignet ist, teils weil die römische Liturgie bzw. die ihr zugrundeliegende Spiritualität um vieles stärker auf das Wirken des Sohnes und das Verhältnis zum Vater ausgerichtet ist. Das Gloria ist ein fast ausschließlich an die Zweite Person gerichteter Hymnus; auch das Credo weiß relativ wenig vom Heiligen Geist zu sagen. Selbst die Präfation von Pfingsten gibt sich wortkarg und vermeldet nur, daß Christus den Heiligen Geist ausgesandt hat.
Dem Credo verdanken wir immerhin eine in der modernen Theologie und Katechese gerne „übersehene“ Aussage: „Er hat gesprochen durch die Propheten“. Das heißt, daß die Schriften des Alten Testaments wenn auch nicht in jeder Einzelaussage, doch in ihrer Gesamtheit als vom Geist Gottes und der Wahrheit „inspiriert“ anzusehen sind.
An zwei Stellen kann auch die römische Liturgie ihre wortkarge Grundstimmung nicht durchhalten und stimmt Hymnen auf den Heiligen Geist an, die an Ausführlichkeit und Eindringlichkeit wenig zu wünschen übrig lassen. Das ist einmal das „Veni sancte Spiritus“, das als Sequenz zwischen Lesung und Evangelium der Pfingstokatav den „Sequenzensturm“ der nachtridentinischen Purgierung des Missales überstanden hat, und dann das „Veni creator Spiritus“ aus Vesper und Terz des Pfingstfestes, das auch bei vielen Weihezeremonien und ähnlichen Anlässen gesungen wird. (Die Links führen zum Hymnarium, wo der Text im lateinischen Original und in deutscher Übersetzung gegeben wird) Vermutlich ist es kein Zufalle, daß beide Hymnen keine authentisch römischen Gewächse sind, sondern aus den transalpinen Ländern eingewandert sind: Das „Veni creator“ ist von dem in Mainz gebürtigen Hrabanus Maurus (~780 – 856) verfaßt worden, das „Veni sancte“ wird Stephanus Langton Cantuarensis (1165 – 1228) zugeschrieben, dem Erzbischof von Canterbury.
Von anderen Gebeten aus dem Pfingstkreis, die meistens um die „Entsendung“ des Geistes bitten, unterscheiden beide Hymnen sich dadurch, daß sie sich direkt und bei der Dichtung des Stephan Cantuar sogar ausschließlich an den Geist richten: Veni, sancte Spiritus, Veni, creator Spiritus.
Synodale Träume
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- 21. Mai 2021
Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß der nun ausgerufene weltweite „Synodale Prozess“ auch einen Versuch darstellt, die besonders in Deutschland starken Absetzbewegungen von Rom und die nicht nur in USA erkennbaren Spaltungstendenzen im Episkopat abzudämpfen und einzufangen: Es ist kaum möglich, nationale Sonderwege zu begründen und durchzusetzen, wenn gleichzeitig in Rom ein weltkirchlicher Prozess angesetzt ist, dem sich kein Episkopat entziehen kann, ohne in ein offenes Schisma zu geraten. Das werden selbst die aktivsten Spaltungsbetreiber kaum wollen. Und weltkirchlich gesehen schrumpft das Gewicht der hyperaktiven Vereinsfunktionäre aus Neuwied oder Kempten denn doch wieder auf Normalmaß - von den häretisierendenLehrkräften an überflüssigen Fakultäten ganz zu schweigen.
Andererseits teilt der römische Synodale Prozess, so wie er heute angelegt ist, eine Hauptschwäche gerade des Synodalen Weges, zu dessen Einhegung er gedacht zu sein scheint. Beiden gemeinsam ist, daß ihre Betreiber ihnen eine Form gegeben haben, die so im Recht und im institutionellen Gefüge der Kirche nicht vorgesehen ist. Der „Synodale Weg“ ist eben keine Nationalsynode – er tut nur so. Und der römische Prozess ist auch kein Weltkonzil – er soll jedoch Aufgaben übernehmen, die nur ein Konzil erfüllen könnte, und er wird vermutlich in der Öffentlichkeit auch so dargestellt werden. Beide Veranstaltungen bilden eine „es soll demokratisch aussehen“-Fassade, hinter der mächtige Gruppen um die Durchsetzung ihrer teilweise durchaus partikularen Interessen und Pläne ringen.
Den Platzvorteil dabei hat zunächst einmal Rom – wenn da nicht die ungeheuren Probleme wären, die sich mit der Organisation, Meinungsbildung und Beschlußfassung eines Gremiums verbinden, in dem sich alleine 5000 Bischöfe zu Wort melden könnten, von den Abgesandten der lesbisch-schwulen-Seminaristengruppe aus Pink-Mafia-City und des Deutschen Predigerinnenverbandes ganz zu schweigen. Schwerer wiegt aber noch ein anderes Element: Nach über 7 Jahren dilettantisch-autoritärer Herumreformiererei an buchstäblich allen römischen Behörden und Institutionen ist der Apparat noch nicht einmal dazu in der Lage, sich selbst mit einigem Anstand zu verwalten. Ein Skandal jagt den anderen, und das Betriebsklima, um es einmal so prosaisch auszudrücken, ist unter Null, wie aus einer dieser Tage eingereichten Petition aus der Belegschaft zu ersehen ist. Ob online oder zumindest teilweise in realen Zusammenkünften – bei diesem Projekt wird kaum mehr herauskommen als das, was heute bereits fix und fertig als erwünschtes Ergebnis hineingesteckt wird. Schon im Oktober solls losgehen.
Heiliger Geist im Alten Bund
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- 20. Mai 2021
Die Kenntnis vom Heiligen Geist gilt gemeinhin als eine der großen Offenbarungen, die das Christentum gegenüber dem Judentum voraus hat. Im neuen Testament erscheint der Heilige Geist von Anfang an als vertraute Gestalt: Bei der Verkündigung Mariens, bei der Taufe Jesu im Jordan, in den Briefen der Apostel. Der Taufbefehl Christi schließt ihn anscheinend ohne besonderen Erklärungsbedarf in die Trinität ein: Tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alle unsere Gebetshandlungen beginnen und enden mit dieser Anrufung. Daß der Heilige Geist zur hochheitligen Dreifaltigkeit gehört, wissen wahrscheinlich sogar viele „nichtpraktizierende“ Christen, die sonst aus ihren neun oder mehr Jahren Religionsunterricht wenig bis nichts mitbekommen haben.
Damit erschöpft sich aber auch schon für viele „praktizierende“ und gläubige Christen das Wissen um die Dritte Person. Als Geist, dargestellt in schwierigen Bildern wie der Taube vom Jordan oder den Flammenzungen von Pfingsten, erscheint er weitaus weniger zugänglich als der in Menschengestalt auf Erden wandelnde Gottessohn oder selbst als der – durchaus problematisch – in der Gestalt des auf dem höchsten Thron sitzenden Uralten imaginierte Vater. Was den wenigsten Christen bewußt und gegenwärtig ist: daß der Heilige Geist auch schon im Alten Testament eine große Rolle spielt, die freilich in ihrem ganzen Umfang erst aus der Sicht des Neuen Bundes zu erkennen ist. Tatsächlich spricht die heilige Schrift bereits ganz am Anfang, im zweiten Vers des ersten Buches Genesis vom „Geist Gottes“, der über der Tiefe der Finsternis schwebt, bevor dann im dritten Vers ebenfalls das Wort Gottes genannt wird: „Und Gott sprach: Es werde Licht.“ Aus der Heiligen Dreifaltigkeit nimmt alles seinen Anfang.
Warum diese in vielen Passagen des Alten Testaments durchschimmernde Ahnung von der Dreifaltigkeit und deren Person des „Geistes Gottes“ bei den Juden so undeutlich geblieben und später sogar erbittert zurückgewiesen worden ist, hat viele Gründe.
Die Sendung des Geistes
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- 18. Mai 2021
Der Heilige Geist erscheint in der Kirche des Westens als der große Unbekannte. Wie schwer man sich in der Deutschkirche mit dieser Person der Hochheiligen Dreifaltigkeit tut, springt unmittelbar ins Auge, wenn man auf katholisch.de die Suchfunktion mit dem Stichwort „Heiliger Geist“ startet: Da kommen zunächst 8 Videos, größtenteils mit mehr oder weniger traditionellen Hymnen und Liedern, und Erklärstücke der Art: Was der Heilige Geist für mich bedeutet – für mich, darauf kommt es an. Beim Blick in den Katechismus von 1993 wird kenntlich, daß das Problem weltkirchliche Dimension zu haben scheint: Das Kapitel über den Geist Gottes ist mit nur 60 Abschnitten (der Katechismus insgesamt hat an die 3000) nicht nur außerordentlich kurz, darin findet sich auch unter vielen Belegstellen aus der hl. Schrift und wenigen von den Kirchenvätern ungewöhnlicherweise keine einzige aus den Dokumenten des II. Vatikanums. Hat die Gegenwart zur Dritten Person der Trinität nichts mehr zu sagen.?
In einem gewissen Gegensatz zu dieser Vermutung steht der Umstand, daß die Liturgiereformer der 60er Jahre die Woche vor Pfingsten, in der traditionell vielerorts (außerliturgische) Novenen zum Heiligen Geist gebetet wurden, liturgisch besonders auszeichneten. Die Orationen und Lesungen der Werktage dieser Woche des Missales von 1979 sind überwiegend dem Heiligen Geist gewidmet, und im Stundenbuch haben zusätzlich auch die Väterlesungen den Parakleten zum Thema. Die Liturgie ist nach überliefertem Verständnis eine der Quellen des Glaubens und Ausdruck der Lehre – was ist aus den Orationen des Missales (das Stundenbluch bleibt hier außen vor) über den Glauben der Kirche vom Heiligen Geist zu erfahren?
Zwischen Novene und „Voroktav“
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- 14. Mai 2021
Seit unvordenklichen Zeiten wird an den Werktagen zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten in der Kirche die Novene zum heiligen Geist gebetet. „In“ der Kirche ist hier nicht gleichbedeutend mit „von“ der Kirche: Die Novenen waren nie Bestandteil der offiziellen Liturgie der Kirche in Missale und Offizium, sondern sind private Frömmigkeitsübungen, die zur Vorbereitung oder Einstímmung auf ein Fest dienen. Dieser „private“ Charakter as soll ihren Wert nicht mindern, den der Novene vor Pfingsten erst recht nicht, geht diese doch auf den Bericht der Apostelgeschichte (2, 1-14) zurück, nach dem die Apostel zusammen mit der Mutter des Herrn die Tage bis zur Herabkunft des Heiligen Geistes in betender Gemeinschaft in dem Saal verbrachten, in dem sie zuvor das letzte Abendmahl begangen hatten.
Als außerliturgische Feier gab es für diese (und andere) Novenen keine festgelegte Form, sie boten der Volksfrömmigkeit reiche Ausdrucksmöglichkeiten, die jahrhundertelang gerne genutzt wurden. Genau festgelegt war demgegenüber die Ordnung der liturgischen Feiern für die Oktav nach dem Pfingstfest. Fiel ein höheres Fest in diese Zeit, wurde dessen Messe beibehalten und lediglich durch die zweiten und dritten Orationen vom ersten Sonntag nach Ostern ergänzt. Bei einfacheren Festen mit Duplex- oder Semiduplex-Rang waren als zweite und dritte Orationen die von Pfingsten vorgesehen. Einfache Gedenktage wurden durch die Wiederholung der Messe vom Pfingssonntag „verdrängt“; als zweite Orationen nahm man dann die vom Tage, als dritte die vom ersten Sonntag nach Ostern. Für das Breviergebet galten vergleichbare Regeln.
Mit der Möglichkeit der Vervielfachung („Kommemoration“) der Orationen – die Obergrenze lag nach Trient bei 6 – konnten sich verschiedene Aspekte des Fest- und Heiligenkalenders quasi gegenseitig durchdringen, ohne daß niederrangige Feste oder das Gedächtnis lokaler Heiliger völlig verdrängt wurden. Nach der Ordnung von 1962 ist nur noch eine zweite Oration zulässig, in der neuen Ordnung, die in vielem wie von Rationalisierungsfachleuten ersonnen erscheint, ist auch das nicht mehr möglich. Hier gilt das Prinzip: Ganz oder gar nicht.
Es gehört zu den meist kritisierten Maßnahmen der Liturgiereform, daß sie mit der Pfingstoktav eine der ältesten und ehrwürdigsten Oktaven der lateinischen Kirche „abgeschafft“ hat. Tatsächlich werden nach der gegenwärtigen „Grundordnung des Kirchenjahres“ nur noch die beiden Hochfeste und Weihnachten jeweils acht Tage gelang gefeiert, wie es die Kirche nach jüdischem Brauch für ihre wichtigsten Feste übernommen hatte. Nun ist einzuräumen, daß die Auszeichnung von Festen mit einer Oktav im Lauf der Zeit überhand genommen hatte, es kam zu Überschneidungen, die den ursprünglichen Gedanken der besonderen Hervorhebung verdunkelten und trotz der vielfältigen Kommemorationsmöglichkeiten auch praktische Probleme mit sich brachten.
Die Reduzierung der Okatven auf nur noch zwei war jedoch von einschneidender und letztlich auch in der Sache keinesfalls zu begründender Radikalität. Vielleicht bewog das die Macher der Reform zu der bemerkenswerten Neuerung, für die Woche vor Pfingsten eine Art „Vor-Oktav“ einzuführen. Zwar konnten sie über die außerliturgische Novene nicht direkt verfügen – aber offenbar nahmen sie diese zum Anlaß, für die Tage dieser Woche Meßformulare mit Orationen zu entwickeln, die Bezug auf das bevorstehende Fest nehmen und die, wenn wir recht informiert sind, alle in diese Zeit fallenden Feste und Gedächtnisse verdrängen.
Die Texte der Orationen dieser „Woche des heiligen Geistes“ sind – zumindest in der Fassung des deutschen Messbuchs – nicht durch besondere Tiefgründigkeit ausgezeichnet. Für sich gesehen erscheinen sie kaum geeignet, den Heiligen Geist als den „großen Unbekannten“ der Hochheiligen Dreifaltigkeit etwas stärker ins Bewutsein zu rücken, als das in der Kirche des Westens normalhin der Fall ist. Dennoch oder gerade deshalb wollen wir sie zum Anlaß nehmen, in den kommenden Tagen bis Pfingsten den Geheimnissen der Dritten Person etwas näher nachzuspüren.