Motu Proprio: Summorum Pontificum

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Zusatzinfo

Die heilige Messe im Kirchenjahr

Zwei zunächst getrennt erscheinende Elemente der Liturgiereform von 1970 haben in der Kombination eine ganz besonders verheerende Wirkung auf das Verhältnios der Kirche zu ihrer altehrwürdigen Tradition ausgeübt: Der weitgehende Übergang zu den Nationalsprachen und die Neuordnung von Kirchenjahr und Leseordnung.

Über Sinn und Unsinn beider Elemente jeweils für sich wird an anderer Stelle zu sprechen sein. Hier ist festzuhalten, daß beide gemeinsam die Auswirkung hatten, einen großen Teil der wissenschaftlichen und der aszetischen Literatur der gesamten Zeit vor dem 2. Vatikanum von einem Jahr aufs andere nahezu unbrauchbar werden zu lassen. In dem Maß, wie sich die Lateinkenntnisse bei Klerus, Wissenschaftlern und Publizisten dann schnell verringerten, wurde diese Literatur, in der lange lateinische Passagen meistens unübrsetzt geblieben waren, dann auch unzugänglich.

Einband von Parsch,
"Jahr des Heils"

So sank das Wissen vieler Generationen über die Ordnung und den Zusammenhang der Liturgie in kurzer Zeit fast völlig in Vergessenheit und konnte mit Leichtigkeit durch neuere und zeitgemäße Ansichten ersetzt werden - die sich vielfach schon nach wenigen Jahrzehnten als wenig produktiv erwiesen.

Hier sollen daher zunächst einmal fünf wichtige Werke zur Erinnerung gebracht werden, die dem literarischen Genre der "Begleiter durch das Kirchenjahr" angehören. Während die populären Schriften zum Kirchenjahr das Leben der Heiligen nach dem Proprium Sanctorum (oder nach der Legenda Aurea) in den Mittelpunkt stellten, geht es hier um Werke, die die Texte der heiligen Messe selbst zum Gegenstand haben, die Orationen erklären und die Schriftasuswahl begründen.

Als ironische Fußnote ist anzumerken, daß vier dieser nach der Liturgiereform in Vergessenheit geratenen Werke von prominenten Vertretern der "Liturgischen Bewegung" des 19. und 20. Jahrhunderts verfasst wurden, die großen Anteil daran hatten, den Boden für diese Reform vorzubereiten. Oder sollten sie doch eine andere Reform im Auge gehabt haben?

Prosper Guéranger: Das Kirchenjahr

Unmöglich, die Bedeutung des 15-bändigen Werkes von Dom Prosper Gueranger, Neubegründer und Abt von Solesmes in den Jahren von 1837 bis 1875, hier ausreichend zu beschreiben. In einer Situation, die der heutigen nicht unähnlich ist - die Große Revolution hatte die Grundfesten von Glauben und Kirche in Frankreich erschüttert - sammelte er das vom Vergessen bedrohte Wissen und stellte den Anschluß an die Tradition wieder her. Gleichzeitig war er ein Neuerer, der der vielfältigen liturgischen Zersplitterung Frankreichs entgegenwirkte und den traditionellen gallikanischen Neigungen eine entschiedene Treue zum Papst entgegen stellte.

Guéranger kommentiert nicht nur das Proprium, er bezieht auch das Ordinarium mit ein, so daß jeder Band als Begleiter zum Gottesdienst geeignet ist, er berücksichtigt Antiphonen und Orationen des Breviers und blickt nicht nur weit zurück in die historische Entwicklung des lateinischen Ritus und seiner besonderen Ausprägungen, sondern beachtet auch das, was ihm aus den Gebräucehen der östlichen Kirchen wertvoll erscheint.

Wissenschaftlich ist "Das Kirchenjahr" teilweise mehr dem 18. als dem 19. Jahrhundert verpflichtet; seinem Wert als einer großartigen Zusammenschau des Betens und Lebens der Kirche im Jahreslauf tut das keinen Abbruch. Das nach 1874 in mehreren Auflagen auf Deutsch erschienene Werk ist vollständig relativ schwer zu bekommen, sollte aber noch nicht in allen Bibliotheken ausgesondert worden sein. Es gibt mehrere moderne Nachdrucke in englischer Sprache.

Josef Kramp SJ: Messliturgie und Gottesreich

Das 1922 erschienene 2-bändige Werk beschränkt sich neben einer Einführung in den Ordo Missae auf die Messformulare und ist stärker didaktisch orientiert und insgesamt natürlich fast hundert Jahre näher an unserer Zeit als Gueranger. Das Buch ist in der populär orientierten Reihe Ecclesia Orans von Ildefons Herwegen erschienen und bietet ein gutes Beispiel für jenen starken Zweig der liturgischen Bewegung, die das heilige Geschehen im Messopfer näher an das Verständnis der Menschen heranholen wollte, ohne ihm dabei etwas von seiner Tiefe und Erhabenheit zu nehmen.

Das Buch ist im Antiquariatshandel verhältnismäßig leicht zu bekommen.

Ildefons Schuster: Liber Sacramentorum

Der Titel dieses 10-bändigen Werkes (es gibt auch eine Ausgabe in drei Bänden) des späteren Kardinals von Mailand will an die Tradition der alten Sakramentare anknüpfen - jener frühmittelalterlichen Vorläufer des Messbuches, in denen die Gebete für den liturgischen Gebrauch zusammengefaßt wurden. Der erste Band behandelt die Sakramente allgemein, Bände 2-9 erklären die gesamte Liturgie, vor allem der heiligen Messe, während des Herrenjahres und der Heiligenfeste des Jahres. Auch das Missale Romanum 1570 wird von Ildefons Schuster vor dem Hintergrund der alten Sakramentare dargestellt.

Schusters großes Werk ist es gelungen, die Bedürfnisse des wissenschaftlichen Theologiestudiums und des interessierten Laien gleicherweise zu erfüllen. Die erste italienische Auflage erschien 1919, die erste deutsche 1929 (Pustet, Regensburg) und bildet einen interessanten und produktiven Kontrast zu dem etwa gleichzeitgen Buch von Kramp.

Pius Parsch: Das Jahr des Heiles

Dieses Werk ist aus dem erstmals 1923 erschienenden "Klosterneuburger Liturgiekalender für immerwährenden Gebrauch" hervorgegangen. Es wurde in drei und fünf-bändigen Versionen gedruckt, die sich im WEsentlichen in der Anordnung des Stoffes und nicht im Inhalt unterscheiden. "Das Jahr des Heils" ist ebenfalls betont populär geschrieben, ohne aus der einfachen Darstellung in die Vereinfachung abzugleiten. Auch wer den liturgischen Vorstellungen Parschs (Propagist der Deutschen Betsingmesse) skeptisch gegenübersteht, wird dieses ganz im Geist der Tradition verwurzelte Werk mit Gewinn lesen können. Diese frühen Reformer liebten die hl. Messe viel zu sehr, um sie so ingeniertechnisch "reformieren" zu wollen, wie ihre Nachfolger des dann getan haben.

Das Buch wird im Antiquariatshandel zu absurd unterschiedlichen Preisen angeboten.

Franz Xaver Reck: Das Missale als Betrachtungsbuch

1909 erschienen, entstammt dieses 5-bändige Werk der langjährigen Lehrtätigkeit des Verfassers am Priesterseminar und ist geistig noch weitgehend dem 19. Jahrhundert zugehörig. Es richtet sich in erster Linie an Seminaristen und Priester, denen es allerdings nur begrenzt - wie der Titel vermuten läßt - eine Sammlung von Betrachtungen bietet. Eher ist es eine Art "Handbuch zum rechten Verständnis und Gebrauch des Missales", das Sonntag für Sonntag und (in den Bänden 4 und 5) Festtag für Festtag die Texte der Proprien detailliert erklärt und ausdeutet. Das geht hin bis zu den häufigen Analysen lateinischer Abschnitte und Wendungen sowie der Nachzeichnung historischer und theologischer Zusammenhängen zwischen Texten sowohl innerhalb einzelner Messen als auch über die Tage hinweg. Gehaltvoll, aber trocken möchte man anmerken.

Komplett ist das Werk eher selten zu bekommen, Einzelbände gibt es häufiger.