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Im Reich der Widersprüche

Am gestrigen Dienstag (14. 2.) fand im Vatikan eine Pressekonferenz statt, auf der eine etwas anspruchsvoll als „Buch“ bezeichnete 40-Seiten-Schrift von Kardinal Coccopalmerio vorgestellt wurde. Die 40 Seiten widmen sich der Interpretation – so sagt es der Titel – des 8. Kapitels von Amoris Laetitia. So gesehen ist die Schrift als Kommentar zu einem Textabschnitt, in dem es angeblich keinerlei Unklarheiten gibt, denn doch wieder recht umfangreich geraten.

In seinem Büchlein sagt Kardinal Coccopalmiero so ziemlich das exakte Gegenteil dessen, was Kardinal Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, zum gleichen Gegenstand ausgeführt hatte. Müller besteht ganz im Sinne der bisherigen Lehre darauf , daß man nicht sagen könne,  „dass es Umstände gibt, aufgrund derer ein Ehebruch keine Todsünde bildet. „Für die katholische Lehre ist das gleichzeitige Bestehen von Todsünde und rechtfertigender Gnade unmöglich.“ Das will Coccopalmiero keinesfalls so eng sehen: Wenn Personen, die sich „in einer nicht legitimen Verbindung befinden“, den Wunsch hätten, diese Situation zu ändern, dazu jedoch nicht im Stande seien, könne die kirchliche Autoritt sie sehr wohl zur Eucharistie zulassen. Das bedeute kein Abrücken von der bisherigen Lehre.

In letzterem kann man ihm sicher folgen, seit als neues Dogma des jesuitischen Pontifikats verkündet worden ist, daß 2 + 2 auch 5 sein könne. Trotzdem bleiben noch ein paar kleinere Fragen offen. Was sind z.B. alles „nicht legitime Verbindungen“ - in der gegenwärtigen Lage eröffnet diese Formulierung ganz neuartige, um nicht zu sagen vielfältige Perspektiven. Und was heißt es, eine Situation zwar ändern zu wollen, das aber nicht zu können? Heißt das, daß es Situationen gibt, in denen die Erfüllung der Gebote schlichtweg unmöglich ist? Das freilich wäre vom Konzil zu Trient ausdrücklich als Irrtum zurückgewisen worden. Aber was ist schon Trient – da wußte man ja noch nicht einmal um die postkatholische Weisheit des 2 + 2.

Neben der unerträglichen Verwirrung in der Sache ist bemerkenswert die Form, in der die Auseinandersetzung ausgetragen wird. Kardinal Müller, der als Präfekt der Glaubenskongregation in der Lage wäre, in Übereinstimmung mit dem Papst ein entscheidendes Wort zu sprechen, hat es zwar an Klarheit nicht fehlen lassen. Aber er sprach diese Klarheit nicht in einer offiziellen Stellungnahme seines Amtes aus, sondern im Interview mit einer Zeitung. Anscheinend war es nicht möglich, die für eine amtliche Stellungnahme erforderliche Übereinstimmung mit dem Papst herzustellen.

Ähnlich liegen die Dinge um die Stellungnahme des Kirchenrechtlers Coccopalmieri, der für fundamentaltheologische Fragen keine direkte Zuständigkeit besitzt. Die in einer Pressekonferenz erfolgte Präsentation dieser Stellungnahme – anscheinend läuft in diesem Pontifikat alles über die Presse – war ursprünglich sogar als (freilich formlose, aber dennoch offizielle) Antwort auf die Dubia der vier Kardinäle gehandelt worden. Sie wurde kurz vor Beginn herabgestuft, indem Coccopalmieri eine Terminkollision in seinem Kalender entdeckte und der Präsentation fernblieb.

So ist also, sowohl was die formale Seite betrifft als auch im Inhaltlichen, wieder alles offen, der Widerspruch bleibt ungelöst. Und das schafft genau das Umfeld, das die bergoglianische Reformation zu ihrer Umsetzung benötigt.

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