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Spiritueller Analphabetismus

Bild: http://mingschinesecalligraphy.com/bible-versesIn einem überaus lesenswerten Beitrag auf New Liturgical Movement thematisiert Peter Kwasniewski den „Spirituellen Analphabetismus“, der sich in den sog. Ländern des entwickelten Westens ausgebreitet hat und dort inzwischen als hohe Stufe aufgeklärter Bildung angesehen wird. Dabei geht es ihm bestenfalls an zweiter Stelle um den Verlust der Kenntnis der lateinischen Sprache – nicht alles, aber doch vieles ist durch gute Übersetzungen erschlossen. Ihm geht es darum, daß mit dem großen Bildersturm der 60er und 70er Jahre und der damit einhergehenden Simplifizierung oder des faktischen Verschweigens wichtiger Elemente des Glaubens auch das ganze geistige Instrumentarium zur Weitergabe und zum Erwerb des Glaubens beschädigt worden ist.

Wenn man erst einmal die Sprache der Symbole abgeschafft hat, dann können die Menschen sie nicht mehr lesen – und damit sind sie grundsätzlich vom Zugang zu den Reichtümern der Kirche ausgeschlossen. Das ist nicht so, wie wenn jemand zwar lesen kann, aber zu bequem oder zu beschäftigt ist, das auch zu tun. Es ist vielmehr so, wie jemand, der überhaupt nicht lesen kann, gar nicht begreift, was ihm fehlt oder was er gewinnen könnte....
Bis vor kurzer Zeit wuchsen Katholiken mit der Sprache der Kirche auf – mit dem Reichtum ihrer Symbole, ihren liturgischen Riten, ihrer eigentümlichen Musik, ihrem Rhythmus von Festen und Fasten, mit ihrem Katechismus. Einige, in erster Linie die Geistlichen und die Ordensleute, erwarben auch weitergehende Fertigkeit im Umgang mit der anspruchsvolleren Sprache der Theologie. Heute ist fast alles davon der Mehrzahl der Katholiken fremd geworden – die Geistlichkeit eingeschlossen. Wir sehen bereits mehrere Generationen von Katholiken, die nur noch mit der Sprache der Welt aufgewachsen sind – einer säkularisierten Sprache, in die hier und da ein paar katholische Sätze eingestreut sind, die man mit Sätzen aus einem Sprachführer vergleichen kann: „Guten Morgen“, „Vielen Dank“, „Die Rechnung bitte“.

Wundern wir uns dann noch, daß es uns so schwer fällt, wieder in der Stprache der Tradition zu sprechen, sie zu erlernen, zu üben und anderen zu vermitteln? Daß viele sie überhaupt nicht mehr verstehen, sich gar angegriffen fühlen, wenn sie sie hören und durch nichts zu überzeugen sind, daß es die Mühe lohnt, sie zu lernen? Und so heißt es dann „Komm uns nicht mit dieser fremden Sprache – sprich so, wie ich spreche. Niemand gebraucht mehr diese veraltete Sprache. Darüber sind wir hinaus – ihr seid in der Entwicklung stehen geblieben.

Kwasniewsky sieht sich außerstande, eine detaillierte Strategie zur Überwindung dieser Blockade zu entwickeln. Aber er kann eine Richtung anzeigen:

Die Aufgabe der Traditionalisten besteht darin, Gemeinschaften aufzubauen, in denen eine genügende Zahl der Mitglieder dazu fähig ist, die Sprache der Tradition zu gebrauchen und so – mit Gottes Hilfe – kleine Gemeinden, einen Mikrokosmos der Kirche aller Zeiten zu bilden, in dem die unwandelbare Wahrheit und die unermeßliche Schönheit des Glaubens gedeihen und auch nach außen hin sichtbar werden. Am stärksten wirken wird in dieser Hinsicht die würdige Feier der heiligen Liturgie (Messopfer und Offizium) und öffentliche Zeugnisse der Frömmigkeit. Aber es ist auch erforderlich, daraus gesellschaftliche Aktivitäten zu entwickeln, katechetische Angebote, Netzwerke von Freundschaften, Familien und Geschäftsunternehmen. Dann werden diejenigen, die erkannt haben, daß ihnen etwas fehlt, daß es da doch noch etwas anderes geben muß, und die danach zu suchen beginnen, auch fähig sein, den Reichtum zu entdecken, der ihre geistige Armut überwinden kann.“

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